Sprung in ein neues Zeitalter.
Industrie 4.0. Brasilien will sehr viel wettbewerbsfähiger werden, macht Luiz Fernando Furlan, Brasiliens Minister für Entwicklung, Industrie und Außenhandel a. D. (oben), klar. Deshalb setzen die Verantwortlichen auf das Zukunftsthema Industrie 4.0. Weil deutsche mittelständische Unternehmen die notwendige Technologie anbieten können, sind sie als Partner sehr gefragt. Das LIDE-Netzwerk bringt beide zusammen.
„Wir sind noch nicht offen genug für die Weltwirtschaft – unsere Wettbewerbsfähigkeit ist einfach noch zu schwach“, konstatiert Luiz Fernando Furlan (oben). Wenn Brasilien aber jetzt an die zukunftsträchtigen Technologien der Industrie 4.0 anschließen könne, würde dies die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas im globalen Wettbewerb ganz weit nach vorn katapultieren.
„Wir überspringen dann sozusagen einen Entwicklungsschritt“, äußert sich Brasiliens Minister für Entwicklung, Industrie und Außenhandel a. D. und Chairman des weltweiten Unternehmernetzwerkes LIDE optimistisch auf der LIDE-Netzwerkveranstaltung in den Räumen der Privatbank Donner & Reuschel (Details zur Veranstaltung auf Seite 40).
Was das in der Praxis bedeutet – und bringt –, zeigen Beispiele aus der Automobilindustrie: Moderne Fabriken werden heute mit allen ihren Abläufen vollständig am Computer designt, getestet und optimiert, bevor der erste Spatenstich zur Grundsteinlegung erfolgt.
Im Bestfall kann die Fabrik sofort nach dem Bau in den störungsfreien Betrieb gehen. Parallel zum realen Betrieb wird die Computersimulation weitergeführt und anstehende Veränderungen an ihr getestet, bevor die Umsetzung in der realen Fabrik erfolgt. Enorme Vorteile bei Effizienz, Kosten und Ressourceneinsatz sind die Folge. Crashtests mit Autos werden mehr als 1000 Mal in der Computersimulation durchgeführt, bevor ein einziger realer Wagen geopfert wird. Und: Wer heute ein Auto bestellt, hat mehr Möglichkeiten der individuellen Konfiguration, als er braucht – Smart Service World.
Industrie 4.0 ist die umfassende Vernetzung von Menschen, Maschinen und IT, um ein dynamisches Management aller das Unternehmen betreffender Prozesse zu ermöglichen. Dabei werden zwei Ziele verfolgt: Erstens geht es darum, ökonomische (Effizienz), ökologische (Schonung der Ressourcen) und soziale Vorteile (intelligente Assistenzsysteme) zu erzielen. Zweitens sollen die Reaktionszeiten im Produktionsprozess reduziert und die Voraussetzungen geschaffen werden, um individuelle Kundenwünsche besser und schneller erfüllen zu können. „Industrie 4.0 erlaubt es, Losgrößen von eins zu fahren“, erläutert Christian Hirmer, Münchner Unternehmer und Präsident von LIDE Deutschland.
Den größten Bedarf für eine Effizienzsteigerung in Brasilien sieht Furlan in der Logistik – Häfen, Flughäfen, Bahnverkehr, Straßen. Das an Flüssen reiche Land nutze diese bisher kaum für den Warentransport im großen Stil, da es keine Häfen gebe. Und auch der Schienenverkehr sei nicht so ausgebaut, dass ein Transport großer Warenströme verlässlich möglich wäre. „Unsere Landwirte produzieren so effizient wie US-Farmer, aber wir verlieren unsere Wettbewerbsfähigkeit auf den Transportwegen. Heute muss ein Landwirt bei uns noch 50 Prozent des Ertrags eines Kilos Mais dafür verwenden, dass er sein Produkt auf ein Schiff bekommt, um es zu exportieren“, informiert Furlan.
Sinnvoll wäre es, eine effiziente Steuerung und Nutzung einer intelligenten Infrastruktur aufzubauen, um Warenströme auf optimierten Wegen zu minimierten Kosten und reduzierten Emissionen an den Ort ihrer Bestimmung zu transportieren. Luiz Furlan ist überzeugt, dass dank Industrie 4.0 Häfen, Bahnhöfe und Flughäfen bald „smart“ miteinander kommunizieren könnten und das Land so im internationalen Wettbewerb weit nach vorn bringen würde.
Dafür wären cloudbasierte Lösungen optimal. Über sie kann das Zusammenspiel zwischen Logistiknetzwerkbetreiber, Straßen- und Verkehrswegüberwachung und Terminalbetreiber organisiert werden. Wenn es denn genügend Breitbandkapazitäten gäbe – was aktuell noch nicht der Fall ist. „Schon an dieser Stelle werden deutsche Unternehmen benötigt, um beim landesweiten Aufbau stabiler Internetverbindungen zu helfen“, erzählt Christian Hirmer.
Der Präsident von LIDE Deutschland ist überzeugt, dass es eine Stärke deutscher mittelständischer Unternehmen ist, die neuen Formen der Wertschöpfung zu etablieren – hierzulande und in Brasilien. „Sie schaffen die Voraussetzungen für Industrie 4.0 – im Maschinenbau, durch Software, Sensortechnik oder IT-Service.“
Doch stimmt auch das Investitionsklima in Brasilien? Immerhin durchlebte das Land gerade die schwerste Wirtschafts- und Politikkrise seit vielen Jahren. Luiz Furlan sieht deutliche Anzeichen der Besserung: „Die Politik hat bereits erste Schritte unternommen: Die Staatsausgaben wurden begrenzt, das Sozialsystem und das Wahlrecht sollen reformiert werde. Bei uns gilt noch das Arbeitsrecht von 1940, das von Mussolini eingeführt wurde. Es bestimmt unter anderem, dass einige Berufsgruppen mit 50 Jahren in Rente gehen können. Das ist unfair allen anderen Arbeitnehmern gegenüber und in Zeiten einer alternden Bevölkerung nicht finanzierbar“.
Auch bei den harten, ökonomischen Daten sei die Wende sichtbar: „Das Wirtschaftswachstum Brasiliens wird 2017 erstmals wieder positiv sein. Und wir haben 500 Unternehmer zu ihren Investitionsplänen und ihrer Stimmung in Bezug auf die Wirtschaftslage befragt. Das Klima hat sich wesentlich verbessert“, erläutert Furlan. Weil die Immobilienpreise niedrig seien und auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen für ausländische Investoren verbessert würden, ist er überzeugt: „Das ist ein gutes Umfeld, um jetzt zu investieren. Wer surfen will, muss im Wasser sein, wenn die Welle kommt – sonst erwischt er sie nicht.“
LIDE hilft beim Sprung ins kalte Wasser. Das Netzwerk stellt relevante Kontakte zu brasilianischen Unternehmen und Entscheidungsträgern her. Und mit seinen Veranstaltungen sorgt es regelmäßig dafür, dass sich Unternehmer aus beiden Ländern in informativem Umfeld kennenlernen können. „Der persönliche Kontakt ist für deutsche Unternehmer enorm wichtig. Wir eröffnen großen Konzernen und kleinen sowie mittelständischen Unternehmen so die Chance, einen ganz neuen Markt zu erschließen“, sagt Christian Hirmer.
Infrastruktur, Bau und Logistik seien deutsche Domänen, die in Brasilien besonders gefragt sind, aber auch in der Medizintechnik habe Deutschland die Nase vorn. „Deutsche Unternehmen sind die Vorreiter der neuen Technologie. Sie sollten sich diesen Markt sichern – eigentlich in jeder Branche“, ist Christian Hirmer überzeugt: „4.0. ist die Technologie, die Brasilien braucht. Und Deutschland hat sie. Diese Win-win-Situation sollten wir nutzen.“
Sonderveröffentlichung:
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