Industrie in Not.
Die Kernbranchen der deutschen Industrie stecken in Schwierigkeiten, kommentiert das ifo-Institut den aktuellen Geschäftsklimaindex des Monats September. Tatsächlich geht das Geschäftsklima seit Mitte 2021 in der Tendenz zurück und hat nun das niedrigste Niveau seit der tiefen Rezession 2008/2009 erreicht – zumindest dann, wenn die drei extremen Corona-Schockmonate im Frühjahr 2020 außenvor gelassen werden. Die Lage ist schlecht, der Auftragsmangel hat sich verschärft, die Erwartungen in den Chefetagen werden immer pessimistischer.
Schon vor einem Monat hatte der private-wealth-Börsenindikator die dramatische Verschlechterung der Geschäftserwartungen in der Industrie als konjunkturelle Trendwende nach unten gewertet und die Aktienquote entsprechend reduziert. Diese negative Einschätzung hat sich nun leider bestätigt. Die Firmen kämpfen mit hohen Kosten und schwachen Umsätzen – ein Umfeld, in dem die Gewinnmargen tendenziell weiter unter Druck geraten müssten. In den nächsten Quartalen ist deshalb mit einer Verschlechterung der Ertragssituation bei den Firmen des Verarbeitenden Gewerbes zu rechnen.
Das ist kein gutes Umfeld für Aktieninvestoren. Die Gretchenfrage lautet deshalb: Wie kann es sein, dass der DAX in dieser schwierigen fundamentalen Lage am Hoch notiert?
Zunächst einmal spiegelt der DAX nicht allein die deutsche, sondern vor allem die internationale Konjunktur wider. Und die ist weiter auf einem moderaten Wachstumskurs. Außerdem sind Allzeithochs an den Börsen die Regel, nicht die Ausnahme. Durch reales Wachstum und Preiserhöhungen nehmen Umsätze und Gewinne im Unternehmenssektor über die Zeit kontinuierlich zu. Deshalb müssen auch die Kurse eines breiten Index langfristig steigen.
Die Betonung liegt dabei allerdings auf langfristig. Kurzfristig kommt es immer wieder zu Abweichungen vom Trend. In der Euphorie steigen die Kurse häufig zu schnell. Herrscht Pessimismus, fallen sie unter ein vernünftiges Niveau.
Der private-wealth-Börsenindikator nutzt dies, indem er den, von der Redaktion aus langfristigen, volkswirtschaftlichen Komponenten ermittelten „fairen Wert“ des deutschen Aktienmarktes mit den aktuellen Börsenständen vergleicht und entsprechende Schlüsse zieht.
Aus diesem Blickwinkel betrachtet ist die derzeitige Konstellation tatsächlich ungewöhnlich. Denn trotz der schlechten Stimmung bei den Unternehmen notiert der deutsche Aktienmarkt immer noch leicht über seinem fairen Wert. In ähnlich schlechten, konjunkturellen Phasen der Vergangenheit war er dagegen meist auf ein Niveau zwischen 75 und 90 Prozent des fairen Wertes zurückgegangen. Dies zeigt, wie groß das Korrekturpotenzial sein könnte, falls sich nicht bald eine ökonomische Trendwende abzeichnet.
Das Fazit für Anleger:
Die Konjunktur, spezielle die Geschäftserwartungen der deutschen Industrie, und die Marktbewertung des DAX definieren den strategischen Korridor für die Aktienallokation des private-wealth-Börsenindikators.
Da die Konjunkturkomponente auf „Rot“ steht und der deutsche Aktienmarkt in etwa auf dem Niveau seines „fairen Wertes” notiert, liegt diese Bandbreite zwischen 45 und 75 Prozent des individuell vorgesehenen Aktienanteils. Sollte der Dax in den kommenden Wochen in Richtung 20000 Punkte klettern, würde die Analyse des fairen Wertes eine weitere Reduktion der strategischen Bandbreite nahelegen.
Innerhalb dieses Korridors definiert der Kapitalmarktseismograf – neben Konjunktur und Bewertung die dritte Komponente im private-wealth-Börsenindikator – die genaue Positionierung. Seit langer Zeit ist die Wahrscheinlichkeitslandschaft des Seismografen sehr positiv. Daran hat sich auch jüngst nichts geändert. Im Gegenteil: Die Zinssenkung der US-Notenbank FED hat das positive Wahrscheinlichkeitsbild weiter gefestigt. Deshalb bleibt die Aktienquote im private-wealth-Börsenindikator am oberen Rand des strategischen Korridors bei 75 Prozent.
Ein Beispiel: Für Anleger, die in der strategischen Aufteilung ihrer Vermögenswerte eine Aktienquote von 50 Prozent als optimal erachten, würde das Modell vorschlagen, nur noch zu 37,5 Prozent in Aktien zu investieren (75 Prozent von 50 Prozent ergibt eine Aktienquote von 37,5 Prozent). Der Cash-Anteil im Depot würde entsprechend erhöht, um bei etwaigen Rückschlägen kaufen zu können.
Herzlichst,
Ihr
Klaus Meitinger
Hinweis: Trotz sorgfältiger Auswahl der Quellen kann für die Richtigkeit des Inhalts keine Haftung übernommen werden. Die gemachten Angaben zum private-wealth-Börsenindikator dienen allein der Unterrichtung und sind keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren.