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  • Klaus Meitinger

Tech-Check.

Lerbach DSF1806Technologieaktien. Die Wertentwicklung von Aktien im Tech-Sektor ist atemberaubend. Und erinnert ein bisschen an die Dot-Com-Blase der späten 1990er Jahre. Ist die Furcht vor einem Tech-Crash unbegründet? Und wieviel Tech gehört ins Depot?

Tech ist nicht zu stoppen. In den vergangenen zehn Jahren brachte der Index MSCI World Technology eine annualisierte Rendite von 18,35 Prozent – fast doppelt so viel wie der Weltaktienindex MSCI World. „Und durch die Corona-Pandemie hat sich der Techboom noch beschleunigt“, stellt Fabian Strube, Robeco, fest. „Allein seit Jahresbeginn liegt der Nasdaq 100 rund 28 Prozent im Plus.“ Kurscharts zeigen einen parabolischen Verlauf. Privatanleger folgen Tipp-Gebern – heute heißen sie Influencer. Erinnert dies nicht an die Zeit vor 21 Jahren, kurz vor dem Platze der Techblase?

„Das war damals schon anders“, widerspricht Bernd Meyer, Berenberg. „In den zehn Jahren bis zum März 2000 hatte der Nasdaq-Index 1100 Prozent zugelegt. Im Vergleich dazu ist das Zehn-Jahres-Plus von 400 Prozent an der Nasdaq geradezu bescheiden. Und auch das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist heute nur etwa halb so hoch wie während der New-Economy-Bubble.“ „Vor allem ist auch die Situation bei den Firmenerträgen völlig anders. Während die führenden Techunternehmen damals Verluste machten, erwirtschaften sie heute hohe Gewinne. Und steigern diese nun schon seit vielen Jahren deutlich stärker als die Unternehmen in anderen Sektoren. Eine Blase sieht anders aus“, ergänzt Marc Vits, Metzler.

„Ein weiterer Unterschied ist, dass die Wertentwicklung der einzelnen Titel weit auseinanderklafft“, merkt Thomas Buckard, Pintarelli, an. „In einer Blase würde der gesamte Techsektor nur in eine Richtung laufen. Das ist heute nicht der Fall“, erklärt Alexander Ruis, SK Family Office. Tatsächlich war in den vergangenen zwölf Monaten alles dabei – vom Videokonferenzanbieter Zoom mit 560 Prozent Plus über Apple und Amazon (79 und 70 Prozent), Microsoft und Alphabet mit jeweils rund 30 Prozent bis zu Intel und Cisco, die mehr als ein Fünftel ihres Werts auf Jahressicht einbüßten. „Der Markt differenziert sehr genau“, folgert Vits.

Die Lerbacher Runde sieht deshalb auch für die Zukunft Chancen im Techsektor. „Ich vergleiche die Digitalisierung mit der Erfindung der Dampfmaschine oder der Elektrizität und gehe deshalb davon aus, dass sich diese Entwicklung noch über Jahrzehnte fortsetzen wird“, verdeutlicht Ruis. Die Corona-Krise habe die digitale Revolution nun noch einmal beschleunigt. „Viele Unternehmen haben ihre digitale Roadmap vorgezogen und nutzen verstärkt Videokonferenzen oder Cloud-Lösungen“, erklärt Jörg Rahn, Wirtgen Invest, „was wir in den kommenden fünf Jahren erwarten konnten, passierte jetzt in nur in fünf Monaten.“ „Und dass wir nun ziemlich sicher von langfristig niedrigen Zinsen ausgehen können, wirkt sich besonders auf die Bewertung von Wachstumsfirmen aus. Sehr weit in der Zukunft liegende Gewinne sind, rein mathematisch, auf den heutigen Zeitpunkt bezogen mehr wert. Wir werden uns deshalb wahrscheinlich an ungewohnt hohe Bewertungen für Wachstumsunternehmen gewöhnen müssen“, macht Arne Sand, Sand & Schott, deutlich.

Um Investment-Opportunitäten zu identifizieren, nehmen die Teilnehmer des Workshops gemeinsam die einzelnen Marktsegmente unter die Lupe.

// 01. Die großen Technologieunternehmen.

Als Treiber der Techrally gelten die großen Fünf – Amazon, Microsoft, die Google-Mutter Alphabet, Facebook und Apple. „Gerade die Technologiegiganten verfügen über eine ausgezeichnete Bilanzqualität, viel Cash, machen hohe Gewinne und sind nur gering verschuldet. Ihre Aktien erreichten in diesem Jahr (Stand: 9. November) im Mittel ein Kursplus von 47,4 Prozent, während der S&P-500-Index um lediglich 11,6 Prozent zulegte. Im Unterschied zum Gesamtindex, dessen Gewinne im Jahr 2020 Schätzungen zufolge um 15 Prozent schrumpfen werden, dürften die großen Techunternehmen ihre Erträge durchschnittlich aber auch um satte 26 Prozent steigern. Insofern scheint eine Differenzierung fundamental gerechtfertigt“, analysiert Marc Vits. „Außerdem haben sie aufgrund ihrer hervorragenden Kapitalausstattung die Möglichkeit, neue Entwick­lungen, Geschäftsfelder oder Produkte voranzutreiben. Sie sind in ihrem Bereich ohne Konkurrenz und werden deshalb wohl noch lange Überrenditen erwirtschaften“, ergänzt Alexander Ruis.

„Der sich beschleunigende strukturelle Wandel spielt diesen Firmen tatsächlich in die Hände“, meint Thomas Buckard. „Durch die verstärkte Nutzung von Homeoffice und die größeren anfallenden Datenmengen sehen wir zum Beispiel eine steigende Nachfrage nach Cloud-Lösungen für den Firmenbereich“, informiert Meyer und folgert: „Da die Marktdurchdringung in diesem Bereich bislang nur bei 20 bis 30 Prozent liegt, ist noch viel Wachstumspotenzial da, das Microsoft und Amazon zugutekommen dürfte.“ Durch den Boom im Onlinehandel und Amazons Erfolg steigt nun der Druck auf alle Produktanbieter, ihre Onlinepräsenz auszubauen. „Sie brauchen dann Werbung, und davon profitieren Plattformen und Netzwerke wie Facebook“, erläutert Bernd Meyer.

Kritischer beurteilt Alexander Ruis dagegen die Aussichten für Apple. „Ich zweifle daran, dass der Konzern seinen ,magic Touch‘ – die Fähigkeit, mit Innovationen überdurchschnittlich zu wachsen – noch sehr lange aufrechterhalten kann. Außerdem ist der Konzern einseitig auf private Nutzer fokussiert, wenn wir nicht über die Geräte selbst sprechen. Damit sind die Wachstumspotenziale insbesondere im Cloud-Bereich begrenzt.“ „Vielleicht bekommt Apple noch mal einen Schub durch die 5G-Technologie, die künftigen Wachstumsraten dürften aber eher bei fünf bis sieben Prozent über den Zyklus liegen“, vermutet auch Meyer, „und das könnte bei Anlegern zu Enttäuschungen führen.“

„Zumindest für die anderen vier gilt aber: Es wäre auch in Zukunft ein großes Risiko, nicht in den großen Techwerten inves­tiert zu sein“, zieht Thomas Buckard ein Fazit: „Anleger sollten nur darauf achten, dass deren Gewicht nicht zu groß wird.“ „Vier bis fünf Prozent pro Einzeltitel reichen in einem gut gestreuten Techportfolio aus“, meint Jörg Rahn. „Wer schon länger investiert ist, kann auch durchaus ein paar Gewinne mitnehmen, um so die Allokation wieder auf den ursprünglich geplanten Anteil zurückzuführen“, rät Ruis.

// 02. Die zweite Reihe der Techwerte.

„Es ist ebenfalls lukrativ, auf Herausforderer zu setzen, die entweder ganz neue Geschäftsmodelle entwickeln oder die etablierten Big Techs angreifen“, überlegt Arne Sand. Diese finden sich in der zweiten Techreihe. „Dort sehen wir sogar noch mehr Wachstumsfantasie als bei den Mega Caps“, bestätigt Rahn, „das hat aber seinen Preis. Diese Aktien sind oft viel höher bewertet, die Geschäftsmodelle ungleich riskanter.“

Ein typisches Beispiel ist der Videokonferenzanbieter Zoom. „Zwar erwartet das Unternehmen im laufenden Geschäftsjahr einen Umsatz von rund 2,4 Milliarden Dollar und einen Gewinn von 730 bis 750 Millionen Dollar, aber der Marktwert lag in der Spitze bei rund 140 Milliarden Dollar – da wurden enorme Vorschusslorbeeren verteilt. Ob zu Recht, darf bezweifelt werden. Denn die Marktdurchdringung ist schon sehr hoch, und deshalb wird sich das Wachstum abflachen“, warnt Meyer.

„Das größte Problem in diesem Bereich ist, dass alle Titel schon jetzt so bewertet sind, als ob sie künftig Marktführer seien. Aber am Ende des Tages kann es nur einen geben. Und diesen im jetzigen Stadium herauszufiltern, ist für Privatanleger fast unmöglich“, überlegt Sand. „Das ist deshalb ganz klar ein Fall für spezialisierte, aktive Fonds“, meint Marc Vits.  

// 03. Die Welt außerhalb von Tech.

„Obwohl Tech heute ein großes Thema ist, sollten Anleger nicht alles auf diese Karte setzen. 25 bis 30 Prozent des Aktiendepots damit zu bestücken, reicht völlig. Denn sonst bekommen Sie es nicht hin, ein ausgewogenes Depot zu bauen“, macht Buckard klar. Wohin also mit dem restlichen Kapital?

„Gerade im Industriebereich finden sich jede Menge Firmen, die direkt – Robotics, Automatisierung – oder indirekt von den strukturellen Veränderungen profitieren. Denn die Digitalisierung wird dafür sorgen, dass viele künftig effizienter arbeiten und ihre Gewinnmargen steigern können“, analysiert Rahn.

Auch in den klassischen, konjunktursensitiven Sektoren sehen die Profis Chancen. „Damit meine ich nicht Firmen aus der Reise- oder Luftfahrtbranche, die sich tatsächlich einer substanziell veränderten Welt gegenübersehen, sondern Unternehmen, die zuletzt aufgrund des Konjunktureinbruchs Umsatz- und Gewinneinbußen hinnehmen mussten“, erläutert Arne Sand. „Sollten wir bald einen Impfstoff haben und sich die Erholung der Wirtschaft im kommenden Jahr fortsetzen, könnten zyklische Branchen wie Chemie oder Industrie bald sehr attraktiv werden. Die Aktien dort sind auf jeden Fall günstig bewertet“, ergänzt Meyer. „Aber manchmal ist die Bewertung eben auch zu Recht niedrig. Hier ist ebenfalls Selektion Trumpf. Wichtigstes Kriterium ist für mich dabei, ob die Firma mit hoher Wahrscheinlichkeit 2022 wieder ihr 2019er-Ertragsniveau erreichen und danach auf den alten Wachstumspfad zurückkehren kann“, erläutert Jörg Rahn.

„Es ist tatsächlich auch hier eine sehr gründliche Analyse nötig, um nicht in eine Value-Falle zu tappen“, folgert Thomas Buckard. „Deshalb rate ich ebenfalls zu aktiven Fonds, deren Manager unter Beweis gestellt haben, dass sie im Value-Bereich eine langfristige Outperformance erzielen konnten. ETFs bringen uns hier nicht weiter“, schließt Marc Vits.  ®

Autoren: Klaus Meitinger, Gerd Hübner

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