Wir sind dann mal raus.
Unser eigener Börsenindikator hat Ende Februar ein Verkaufssignal geliefert. Wie Sie wissen, geht es dabei nicht darum, Trendwenden an den Börsen exakt zu prognostizieren. Wir versuchen nur herauszufinden, wann sich das Verhältnis zwischen Chance und Risiko bei der Aktienanlage ändert. Die Logik: Wenn Aktien niedrig bewertet sind und sich der Konjunkturtrend verbessert, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich der Aktienmarkt langfristig positiv entwickelt. Sind Aktien dagegen teuer und die Konjunkturerwartungen verschlechtern sich, ist es Zeit, vorsichtiger zu werden. Genau das ist heute der Fall.
Die meisten Titel sind sehr hoch bewertet, und die Geschäftserwartungen der deutschen Industrie gehen zurück (die Details zum Indikator finden Sie in der Rubrik „Neues aus der Redaktion“ unter www.private-wealth; Benutzerkennung: privatewealth, Passwort: Umdenken).
Dass diese Warnung gerade jetzt kommt, ist interessant. Vielleicht ändert sich just in diesem Moment das große „Narrativ“, das die Börsenentwicklung seit 2009 bestimmt hat. Seither galt als Grundannahme moderates Wachstum, ultraniedrige Zinsen, keine Inflation – also eigentlich das Ende des klassischen Konjunkturzyklus. In dieser idealen Welt für Anleger wurden höhere Firmenerträge mit immer höheren Kurs-Gewinn-Verhältnissen bezahlt. Es war der Stoff, aus dem ein Boom gemacht wird.
Jetzt wecken aktuelle Entwicklungen Zweifel an der Gültigkeit dieses Erzählmotivs. Löhne klettern, Inflationsraten und Zinsen steigen – wird das zulasten der Margen bei den Firmen gehen? Sind die Erwartungen an künftige Profite vielleicht zu hoch? Müssen nicht auch bei Kurs-Gewinn-Verhältnissen Abstriche gemacht werden, wenn die Notenbanken tendenziell den Fuß vom Gas nehmen? Und welche Risiken verstecken sich in einem System, das Fremdkapital sehr lange für alle zu null Zins zur Verfügung stellte? Wie heißt es so schön: Erst wenn die Flut zurückgeht, zeigt sich, wer ohne Badehose ins Wasser gegangen ist.
Vermögen zu bewahren, ist in dieser Situation wichtiger, als zu versuchen, es weiter zu mehren. Der Börsenindikator selbst schlägt sogar nur noch eine Aktienquote zwischen null und 30 Prozent vor. Das klingt natürlich extrem. Und ist auch nicht als konkreter Allokationsvorschlag für den Mainstream gedacht. Sondern als Denkanstoß für eine besondere Zielgruppe. In der ersten Ausgabe von private wealth im Dezember 2004 sagte uns der Bankier Eric Syz: „Wissen Sie, wir sind schon wohlhabend. Wir müssen es nicht werden. Wir wollen es nur bleiben.“ Wer dieses Ziel verfolgt, sollte jetzt von Angriff auf Abwehr umschalten.
Herzlichst,
Klaus Meitinger
Chefredakteur
Moritz Eckes
Herausgeber