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  • Jennifer Holleis

Die Blumen-Plattform.

FleuropDer Berliner Blumenhändler Max Hübner revolutioniert 1908 mit der „Blumenspenden-Vermittlungs-Vereinigung“ den Blumenhandel.
In 112 Jahren ist daraus die nicht börsennotierte Fleurop AG geworden, an der 5000 deutsche Fleurop-Floristen je eine einzelne Aktie halten.

Dass der Amazon-Gründer Jeff Bezos diese Geschichte kennt, ist unwahrscheinlich. Eigentlich schade. Denn der Berliner Max Hübner könnte sein Vorbild gewesen sein.

Max wird im Dezember 1866 in rosige Zeiten hineingeboren. Die Familie wohnt repräsentativ an der Kreuzberger Prinzenstraße, im Erdgeschoss floriert das Blumenfachgeschäft seiner Eltern Theodor und Alwine Hübner. Die Auftragsbücher sind voll. Die Verstädterung führt dazu, dass Gärtnereien an den unbesiedelten Stadtrand gedrängt werden und Blumengeschäfte ihre Blütezeit erleben: Restaurants, Cafés, Theater, Opern, Villen sind voller Blumen, selbst die Damenhutmode schreibt frische Blumen vor.

1896 heiratet Max, übernimmt fünf Jahre später dann das elterliche Geschäft. Da importiert er bereits erfolgreich Blumen von der Riviera und exportiert sie zu der zaristischen Gesellschaft nach Sankt Petersburg. Doch die Wege sind weit, und der Versand dauert manchmal länger, als eine Blume frisch ist. Dieses Problem will er lösen. Der erste Schritt dazu ist, dass Hübner sich 1904 zum Vorsitzenden des neuen „Verbands Deutscher Blumengeschäftsinhaber“ (V.D.B.) wählen lässt. Dieses Netzwerk wird vier Jahre später die Basis für die „Blumenspenden-Vermittlungs-Vereinigung“ (B.V.V.) mit 98 Blumengeschäften. Denn Max ahnt: Allein kann er nicht viel ausrichten, aber gemeinsam sind Blumenhändler stark.

Anstelle von Blumen schicken die vernetzten Blumenhändler von nun an eine Nachricht per Telegramm oder Telefon mit dem exakten Kundenwunsch an einen Kollegen im Ort des Empfängers. Dafür entwickelt Hübner den Fleurop-Code, eine Kombination aus Abkürzungen lateinischer Blumennamen und Zahlen für die zu liefernde Menge. Die Kosten trägt der Kunde, 20 Prozent Vermittlungsgebühr und zehn Prozent Übermittlungsgebühr bleiben beim Händler, der den Auftrag weitergibt. Und die Blumen? Die kommen so schnell und so frisch an wie noch nie.

1913 sind der Vermittlungs-Vereinigung 350 Geschäfte angeschlossen. 1919 gibt es schon 1300 deutsche und 133 internationale Mitglieder. Die Blumen-Plattform wächst. Und bald schon ist klar: Dieser Markt gehört Max Hübner. Einem möglichen Wettbewerber wäre es in Deutschland nicht mehr möglich, den Vorsprung aufzuholen und ein neues Netzwerk aufzubauen. Vor 100 Jahren galt offenbar schon bei disruptiven Geschäftsmodellen: The winner takes it all.

1920 stirbt überraschend Max’ Ehefrau Marie. Zum Glück sind die vier Kinder erwachsen. Max setzt seinen Sohn Herbert und seinen Schwiegersohn Bruno Zauber als Geschäftsführer für das Blumengeschäft an der Prinzenstraße ein und zieht selbst nach Zürich. Der Liebe wegen. Frieda Krämer, ebenfalls verwitwet, besitzt dort ein prominentes Blumengeschäft. Am 25. März 1927 wird Max in Zürich zum ersten Präsidenten der europäischen Blumenspenden-Vermittlung gewählt. Der Name Fleurop (flores Europae) entsteht.

1935 führt Fleurop sogar eine eigene Währung ein, den Fleurin. Er basiert auf dem Schweizer Franken und ermöglicht es dem Unternehmer, bei Auftragseingang auf einen Blick zu sehen, wie viel ein Auftrag in Gulden oder Franc wert ist. 1938 gehen 1,25 Millionen Aufträge mit einem Volumen von acht Millionen Reichsmark ein, 1939 werden bereits Aufträge im Wert von umgerechnet 40 Millionen Euro abgewickelt. Bis heute wären weder Muttertag (seit 1922) oder Valentinstag (seit 1961) ohne Fleurop vorstellbar.

Am 11. November 1946 stirbt Max Hübner in Zürich. Sein Sarg ist mit weißen Chrysanthemen und lilafarbenen Cattleya- Orchideen bedeckt.

112 Jahre nach Gründung gehören zur weltweiten Gesellschaft Fleurop-Interflora 50 000 Fleurop-Floristen in 150 Ländern. Jedes Jahr werden über 25 Millionen Blumenaufträge vermittelt. Im deutschen Zweig ist jeder Fleurop-Florist Aktionär der nicht börsennotierten Aktiengesellschaft, die 2003 aus der 1937 gegründeten GmbH entstand. Externe Aktionäre gibt es nicht. Aus Max Hübners „Blumenspenden-Vermittlungs-Vereinigung“ ist ein globales Netzwerk entstanden, das im wahrsten Sinne des Wortes blüht. ®

Autorin: Jennifer Holleis

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