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  • Jennifer Bligh

Licht an – Licht aus.

(Geschätzte Lesezeit: 2 - 4 Minuten)

Daimon

Paul Schmidts Erfindung leuchtet seit fast 120 Jahren. Mit seinen Batterien für Taschenlampen und Fahrradlichter machte der Berliner Unternehmer die Energie mobil und das Licht transportabel. Von einem Tüftler, der einmal ganz oben und am Ende wieder ganz unten war.

Die zündende Idee hat Paul Schmidt an einem gemütlichen Sonntagmorgen, ausgerechnet zu Hause in der Küche. Ehefrau Henriette Auguste Franziska Laura gießt gerade Milch auf Mehl. Sofort wird die Flüssigkeit aufgesaugt, eine feste Masse entsteht. Paul sieht dies, stürmt aus der Küche und rennt in seine „Elektrotechnische Anstalt von Paul Schmidt“.

Seit geraumer Zeit schon sucht der 28-jährige Wahlberliner nach einem Weg, Licht transportabel zu machen. Doch nichts funktioniert so richtig, damals im Jahr 1896. Kann es sein, dass ein einfaches Kuchenrezept die Lösung ist?

Es funktioniert. Mehl bringt Batteriesäure in einen festen Zustand, denn es bindet Elektrolyte. Noch im gleichen Jahr meldet Schmidt das „galvanische Trockenelement mit Flüssigkeitsvorrat“ beim deutschen Reichspatentamt an.

Seine Batterien lassen sich mitnehmen, sind im Gegensatz zu den existierenden Nassbatterien auslaufsicher. Henriette glaubt an ihn und die Erfindung. Es hilft, dass sie bereits im Haus ihrer Eltern eine eigene Näherei hatte und wirtschaftlich unabhängig von ihrem Mann ist. So kommt 1901 die Finanzierung der „Elektrotechnische Fabrik Schmidt & Co“ auf der Chausseestraße 82 in Berlin aus der Familie. 1904 lässt Schmidt sich das Warenzeichen DAIMON markenrechtlich schützen. Der Name Daimon heißt übersetzt aus dem Griechischen „das Göttliche“.

Schmidts Forschungsdrang ist immens. Sein größter Coup ist die 4,5-Volt-Taschenlampenbatterie. Die Flachbatterie besteht aus drei nebeneinander angeordneten 1,5-Volt-Zellen, die klein genug sind, um in eine Taschenlampe zu passen. Ab 1902 produziert Schmidt auch Glühbirnen, 1903 kommen Batterien und Batteriegehäuse aller Art dazu, ab 1906 die elektrische Taschenlampe in Serienproduktion, Bootslampen, Fahrradlampen, Dynamos, Scheinwerfer. 1910 zieht die Familie mit Tochter Erna und den Söhnen Alfred und Erich in das Berliner Schloss Hohenschönhausen um. Die Zukunft liegt gut ausgeleuchtet vor der Unternehmerfamilie.

Schmidt expandiert, baut neue Zweigwerke in Bodenbach an der Elbe, Köln, Danzig und anderen Städten. Die Nachfrage steigt immer weiter. In den kommenden Jahren werden bis zu 60000 Normalbatterien pro Jahr hergestellt, in den 1920er- Jahren sind Daimon-Taschenlampen und Batterien in über 50 Ländern erhältlich. Schmidt beschäftigt nun allein in Berlin 4500 Mitarbeiter. Alles läuft perfekt, bis Schmidt 1924 die Karten neu mischt und auf Radios und Radioteile setzt. Die Forschungs- und Produktionskosten sind exorbitant. Doch dann verkaufen sich die teuren Geräte nicht.

Drei Jahre später – 1927 – braucht die Firma eine externe Finanzspritze. Die britische Eveready Export Company (Berec) steigt mit einer Million Reichsmark ein. Eveready erhält dafür zwei Drittel der Firma, Schmidt behält ein Drittel – vorerst. Da die Radiosparte weiter Verluste macht und eingestellt werde muss, verkauft Schmidt seine restlichen Anteile sowie das Schloss. Der Unternehmer geht in den Ruhestand und zieht mit Henriette zu seinem Schwiegersohn – er ist da schon 70. Sohn Alfred übernimmt für kurze Zeit die Verantwortung für das Werk in Köln, Sohn Erich wird Geschäftsführer der Berliner Stammwerke. Bis Mai 1940 produzieren die Schmidt-Werke 6 616 000 Taschenlampenbatterien. Die Exportquote beträgt rund 50 Prozent. Ab 1950 firmiert die nun wieder florierende Firma als Daimon Werke GmbH. Doch die Unternehmerfamilie Schmidt hat nichts mehr davon. Berec wird Anfang der 1980er-Jahre samt Daimon vom britischen Mischkonzern Hanson Trust übernommen und später an Duracell verkauft. Die Duracell-Muttergesellschaft Gillette schließlich wird 2005 von Procter & Gamble übernommen.

Als Paul Schmidt am 4. August 1948 im Haus seines Schwiegersohnes stirbt, weiß kaum einer mehr, dass er die Taschenlampe erfunden hat. Erst knapp 50 Jahre später schreibt sich ein kleiner Verein auf die Fahne, Paul Schmidt wieder in das Scheinwerferlicht zu rücken, das ihm als wichtigem deutschen Erfinder auch gebührt. Seit 2016 werden seine Leistungen im DAIMON-Museum in seinem ehemaligen Wohnhaus gewürdigt – in Schloss Hohenschönhausen. ®

Autorin: Jennifer Bligh

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