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  • Jennifer Holleis

Mr. Burtons Gespür für Schnee.

Burton

Jake Burton Carpenter hat 1977 in einer kleinen Scheune den Wintersport revolutioniert. Er machte Snowboarden zur Trendsportart und trat einen weltweiten Boom los. Noch heute ist seine Firma mit 32 Prozent Marktanteil und 200 Millionen Dollar Umsatz Weltmarktführer.

Seine schönste Kindheitserinnerung ist der Urlaub in den Bromley Mountains. Der sechsjährige Jake Burton Carpenter aus Long Island steht 1961 auf Skiern und erlebt zum ersten Mal diesen Rausch, den Körperbeherrschung und Geschwindigkeit auslösen können.

Als 14-jähriger Schüler entdeckt er den „Snurfer“ – ein simples Brett mit einem Seil an der Spitze. „Den gab es zwar seit den 1920er-Jahren, aber der Hersteller verkaufte ihn als Spielzeug für zehn Dollar und nicht als Sportgerät“, erzählte er. Tatsächlich lässt sich damit eher schlecht als recht lenken, und große Sprünge waren natürlich auch nicht drin. Jake ahnt dennoch, dass dieses Brett Potenzial hat. „Die Bretter müssten nur breiter und länger sein und eine Art von Bindung haben.“ Mit 200000 Dollar Erbe von seiner Großmutter, viel Enthusiasmus und einem Abschluss der NYU in Wirtschaft zieht er 1977 ohne Businessplan oder Erfahrung nach Londonderry in Vermont. Dort gründet er seine Firma Burton Boards und macht sich daran, Snowboards herzustellen. Seine Werkstatt ist – der Klassiker – in einer Scheune.

Abends kellnert er im örtlichen Pub namens Birkenhaus Inn in Londonderry. Er wohnt dort mietfrei und kümmert sich im Gegenzug um zwei Pferde. Sein Ziel ist es, irgendwann einmal gemeinsam mit seinen drei Angestellten 50 Boards pro Tag zu produzieren. Schritt für Schritt nehmen die Prototypen – Burton testet diese in den Bergen selbst – Gestalt an. Sie haben verstellbare Gummiriemen für die Füße und Antirutschflächen zum besseren Navigieren. Manche sind aus laminiertem Holz wie ein Skateboard oder aus Fiberglas wie Surfbretter.

Im ersten Jahr verkauft der Unternehmer allerdings nur 300 Bretter für je 88 Dollar. Kaum jemand will so ein Ding, mit dem man auf den Skipisten nicht gern gesehen und an den Skiliften nicht zugelassen wird. Im zweiten Jahr ist das Geld verbraucht, nicht aber der Glaube an das Produkt. Im Gegenteil. Um weitermachen zu können, jobbt Jake zwei Sommer lang tagsüber als Tennislehrer in New York und mixt in der Nacht Cocktails. „In dieser Zeit habe ich verstanden, dass ich Snowboarden als Trend für 15-, 16-Jährige etablieren muss.“ Er richtet Wettbewerbe aus, fördert Talente. Snowboarden wird cool. Das Konzept funktioniert.

In der Silvesternacht 1981/82 trifft er seine künftige Ehefrau Donna Gaston in der Mill Tavern in Londonderry. Da hat er bereits seine erste Million Dollar mit den Boards gemacht. Es ist Ehrensache, dass Donna und die drei Söhne später exzellente Snowboarder werden.

Im Winter 1983 überzeugt er die Betreiber des Stratton Mountain Resorts, dass sie Snowboards im Lift mitnehmen. Es ist das erste Ski-Resort, das diesen Schritt vollzieht. Heute gilt dies für 473 von 476 US-amerikanischen Skigebieten.

Die Produktion verdoppelt sich nun jedes Jahr, und die Nachfrage aus Europa wächst so dynamisch, dass Jake und Donna 1985 für drei Jahre nach Innsbruck ziehen. Sie planen, Burton Sportartikel in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Hersteller Keil auf den Weg zu bringen. Donna kümmert sich in dieser Zeit um den Vertrieb und übernimmt immer wieder die Rolle als CEO. 1992 hat die Firma 100 Mitarbeiter, Burton ist mittlerweile zum Inbegriff einer Snowboard-Generation mit ihren eigenen Helden geworden. Als der Sport 1998 in Nagano olympisch wird, ist das der Ritterschlag. Nun ist das Board auch offiziell im Wintersport angekommen. Snowboarden ist zwar kein offizielles Einstellungskriterium für die aktuell 1000 Mitarbeiter – wer aber die leeren Schreibtische nach Neuschnee sieht, kann ahnen, wie Jake und Donna Burton ihre Firma schon immer geführt haben. 2016 wird Donna mit ihren 37 Jahren Burton-Board-Erfahrung wieder einmal CEO, an ihrer Seite als Co-CEO steht John Lacy, der seit 22 Jahren an Bord ist. Als Jake Burton am 20. November 2019 an einer Krebserkrankung stirbt, ist aus der Ein-Mann-Werkstatt ein Weltmarktführer mit 200 Millionen Dollar Umsatz und einem Marktwert von 700 Millionen Dollar geworden. John Lacy schickt die Mitarbeiter am Tag nach Jakes Tod an die frische Luft – es hatte in der Nacht geschneit. Jake hätte es so gewollt.  

Autorin: Jennifer Holleis

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