"Wir sind dann mal raus".
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
der private-wealth-Börsenindikator hat Ende Februar ein Verkaufssignal geliefert. Wie Sie wissen, geht es dabei nicht darum, Trendwenden an den Börsen exakt zu prognostizieren. Wir versuchen allerdings herauszufinden, wann sich das Verhältnis zwischen Chance und Risiko bei der Aktienanlage ändert. Die Logik: Wenn Aktien niedrig bewertet sind und sich der Konjunkturtrend verbessert, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich der Aktienmarkt langfristig positiv entwickelt. Sind Aktien dagegen teuer und die Konjunkturerwartungen verschlechtern sich, ist es Zeit, vorsichtiger zu werden.
Genau das ist heute der Fall.
Die erste Frage – ist der Markt billig oder teuer? – beantwortet das Modell anhand eines breiten Querschnitts aus volkswirtschaftlichen Daten: Sozialprodukt, Preise, Exporte, aber auch unternehmensspezifische Faktoren wie Dividenden oder Steuersätze.
Den grundlegenden Gedankengang skizzierte der große Investor André Kostolany schon vor langer Zeit. Er verglich das Zusammenspiel von Wirtschaft und Börse mit dem Spaziergang eines Hundes und seines Herrchens. Während der Mann – die Wirtschaft – sich langsam und stetig vorwärts bewegt, rennt der Hund – die Börse – manchmal voraus. Oder bleibt zurück. Irgendwann kommt er aber immer wieder zu seinem Herrn zurück.
Das private-wealth-Trendmodell spiegelt also eine Art „fairen Wert“ des DAX im Lichte der langfristigen Wirtschaftsentwicklung wider. Ein Vergleich mit den aktuellen Notierungen zeigt, wie weit der Hund vorausgelaufen oder zurückgeblieben ist.
Aktuell liegt der faire Wert des DAX nach der Logik des Modells bei etwa 10000 Punkten. Das deutsche Börsenbarometer ist also rund 25 Prozent überbewertet. Das ist nicht ungewöhnlich und eigentlich kein Grund zur Beunruhigung. Problematischer ist allerdings die Situation im Bereich der kleinen und mittelgroßen Werte. Diese haben sich seit Anfang 2012 doppelt so gut entwickelt wir der DAX und sind heute zum großen Teil extrem hochbewertet.
Eine Überbewertung allein ist allerdings zunächst noch kein Hinweis auf höhere Risiken an den Aktienmärkten. Sie reduziert zunächst nur das künftige Kurspotenzial. Schwierig wird es erst, wenn die sehr positiven Erwartungen bezüglich Konjunktur und Firmenerträgen, die mit derartigen Phasen einhergehen, an Dynamik verlieren.
Deshalb ist die Antwort auf die zweite Frage nach den Geschäftserwartungen so wichtig. Die Antwort darauf liefert das Münchner ifo-Institut. Jeden Monat befragen die Forscher 7000 Unternehmer nach ihren Geschäftserwartungen für die kommenden sechs Monate. Gingen die Erwartungen nach einem vorherigen Anstieg dreimal hintereinander zurück, etabliert dies (fast) immer einen neuen Trend. In der Vergangenheit ließen sich so auch die großen Wendepunkte in der Konjunktur gut vorhersagen. Schließlich wissen diejenigen, die am Ruder stehen, am besten, woher der Wind weht.
Deshalb ist das aktuelle Ergebnis der ifo-Umfrage so bedeutsam. Im Februar sind die Geschäftserwartungen in der Industrie zum dritten Mal hintereinander zurückgegangen. Auf der ifo-Konjunkturuhr hält sich die deutsche Wirtschaft damit zwar noch immer im Boom-Quadranten. Die Tendenz ist aber klar Abwärts gerichtet. Und auch die ifo-Konjunkturampel zeigt erstmals seit 2016 wieder „Rot“. (Grafiken unten)
Auf diese Kombination aus hoher Bewertung und möglicher Trendwende in der Konjunktur reagiert das private-wealth-Börsenmodell mit einem Verkaufssignal. Interessant dabei: In der jüngeren Vergangenheit ist der Konjunkturindikator viel volatiler geworden. In den Jahren 2014 und 2016 kam es zum Beispiel gingen die Geschäftserwartungen nur kurzfristig zurück. Es kam also nicht zu einer echten Trendwende bei der Konjunktur, die dann in eine Rezession mündete. Stattdessen erholten sich Wirtschaft und ifo-Indikator relativ schnell. Und die aufgrund des Verkaufssignals abgestoßenen Aktien mussten später – wie auch schon im Jahr 2006 –teurer zurückgekauft werden (Tabelle unten).
Das könnte natürlich auch diesmal wieder passieren. Der Börsenindikator sagt Trendwenden eben nicht immer und nicht exakt vorher. Er soll nur Hinweise darauf geben, wie groß die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Aktienanlage in einem bestimmten Umfeld ist. Und ist so konzipiert, das er Investoren lieber einmal zu oft warnt. Erklärtes Ziel ist es schließlich, die großen, langfristigen Aufwärtsbewegungen an den Börsen mitzumachen, dabei vor allem aber die großen Abschwünge zu vermeiden. Wie das in der Vergangenheit funktioniert hat, zeigt die Tabelle unten.
Monat Konjunkturindikator DAX DAX Fairer Wert Positionierung
Juni 2003 positiv 3100 4000 Kaufen
Juli 2006 negativ 5500 4900 Verkaufen
Dezember 2006 positiv 6400 5100 Kaufen
August 2007 negativ 7800 5400 Verkaufen
März 2009 positiv 3800 5800 Kaufen
Februar 2011 negativ 7300 6800 Verkaufen
Januar 2012 positiv 6300 7100 Kaufen
Juli 2014 negativ 9700 8000 Verkaufen
Januar 2015 positiv 9900 8250 Kaufen
Februar 2016 negativ 9500 8800 Verkaufen
Mai 2016 positiv 9800 8950 Kaufen
Februar 2018 negativ 12500 10050 Verkaufen
Fazit:
Der private-wealth-Börsenindikator schlägt nur noch eine Aktienquote zwischen Null und 30 Prozent desjenigen Aktienanteils vor, den jeder Investor individuell als langfristig angemessen erachtet. Damit sind wir – sozusagen – raus aus dem Markt.
Wer jetzt beginnt, die Aktienquote abzubauen, sollte dies vor allem bei den hoch bewerteten kleineren Firmen und bei Aktien mit geringer Liquidität tun. Ein weiteres Kriterium ist die Verschuldung. Käme es wirklich zu einem Abschwung an den Börsen und bei der Konjunktur, wäre Verschuldung tödlich.
Dreht der Konjunkturtrend bald wieder, müsste eventuell wie in den Jahren 2006, 2015 und 2016 zu höheren Kursen neu investiert werden. Das ist der Preis für ein Stück Sicherheit.
Ihr
Klaus Meitinger
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