Skip to main content
  • Klaus Meitinger

Kalte Dusche für die deutsche Industrie.

(Geschätzte Lesezeit: 3 - 5 Minuten)

Das ifo Geschäftsklimaindex für den Monat Juni zeigt in der für den private-wealth-Börsenindikator so wichtigen Industrie einen überraschend deutlichen Rückgang. Der Index für die Geschäftserwartungen im Verarbeitenden Gewerbe fiel von Minus 6,4 Punkten auf Minus 12,3. Das ist der erste Rückgang seit Dezember 2023 und ein klarer Dämpfer für die Hoffnungen auf eine positive, konjunkturelle Entwicklung im zweiten Halbjahr.

2406 ifo Verarb Gewerbe

Warum sind die Unternehmenschefs plötzlich pessimistischer geworden, wo doch das ifo-Institut selbst gerade seine Konjunkturprognose leicht angehoben hat und nun davon spricht, die Weichen für die deutsche Konjunktur seien tendenziell auf Erholung gestellt.

Wir vermuten, dass zwei politische Entwicklungen maßgeblich dazu beigetragen haben. Zum einen ist dies die Androhung von Zöllen auf E-Autos aus China. Sollte dies Vergeltungsmaßnahmen auslösen, könnte daraus ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden für deutsche Firmen entstehen, die einen großen Teil ihrer Einnahmen in Fernost erwirtschaften. Noch besteht allerdings Hoffnung, dass der Handelsstreit zwischen Europa und China einvernehmlich gelöst werden kann. Schließlich sollten beide Seiten kein Interesse an einer Eskalation haben.

Für problematischer halten wir den zweiten Aspekt. Die Neuwahlen in Frankreich haben den Blick der Investoren auf die Defizite in den Haushalten vieler großer Industriestaaten gelenkt. Seit 2019 hat sich die Haushaltssituation in vielen Staaten – Frankreich, Italien, UK, vor allem aber auch in den USA – drastisch verschlechtert. Ein großer Teil der dortigen Wachstumserfolge im Vergleich zum deutlich solider haushaltenden Deutschland ist auf Pump erkauft worden. Mit knapp unter 100 Prozent im Vergleich zum Sozialprodukt in den USA und UK, 110 Prozent in Frankreich und 140 Prozent in Italien hat diese Relation neue dort Rekordwerte erreicht. Eigentlich wäre nun eine Zeit der Sparpolitik nötig. Doch die französische Wahl führt uns wohl vor Augen, dass dies einfach nicht möglich sein wird.

Ein kurzer Blick auf das zweistufige französische Wahlsystem zeigt: Früher sorgte dieses dafür, dass in der zweiten Runde die extremen Parteien an Bedeutung verloren. Heute – zumindest lassen Umfragen dies vermuten – dürfte die Mitte eliminiert werden. Beide extremen Lager, die Rechten wie die Linken, dürften Zuwächse erzielen. Und beide übertreffen sich in Versprechungen, wie verrückt Geld auszugeben und den europäischen Stabilitätspakt einfach zu ignorieren.

Staatsdefizite, so unsere Erfahrung – spielen keine Rolle. Und zwar genau so lange, bis die Anleihemärkte entscheiden, dass sie doch eine Rolle spielen. Die Wahlen Anfang Juli in Frankreich und Großbritannien sowie im November in den USA werden uns diesem Punkt vielleicht näherbringen. Würden die Anleihezinsen dann steigen, hätten Konjunktur, Kapitalmärkte und wohl auch die Notenbanken ein echtes Problem.

Noch ist es nicht soweit. Die seit Oktober gültige, positive Einschätzung des private-wealth-Börsenindikators für den deutschen Aktienmarkt hat nur einen ersten, leichten Knacks bekommen. Insgesamt steht der Konjunkturindikator aber weiter auf „Grün“. Erst drei Rückgänge beim Index für die Geschäftserwartungen im Verarbeitenden Gewerbe in Folge würden dies ändern.

Neben der konjunkturellen Entwicklung ist die Differenz zwischen aktuellen Kursen und dem von der Redaktion berechneten fairen Wert des DAX das zweite wichtige Kriterium für die Festlegung des strategischen Korridors des Aktienanteils im Depot. Aktuell liegt der DAX bei rund 110 Prozent seines fairen Wertes. Das ist nicht günstig, aber für sich betrachtet auch noch kein Grund pessimistisch zu werden.

Trotzdem plädieren wir aufgrund der politischen Situation zu mehr Vorsicht und achten deshalb verstärkt auf den dritten Teil des private wealth-Börsenindikatores: die Ergebnisse des Kapitalmarktseismografen.

Wie Sie wissen destilliert der Seismograf aus verschiedenen Variablen – Konjunkturfrühindikatoren, Zinsentwicklungen oder auch die Kursschwankungen an den Aktienmärkten – die Wahrscheinlichkeiten für drei Marktzuständen im nächsten Monat. Grün steht dabei für die Erwartung eines ruhigen, positiven Marktes. Dominiert Grün, sollten Anleger in Aktien investieren. Gelb bezeichnet die Wahrscheinlichkeit für einen turbulent-positiven Markt – Investieren, aber mit Augenmaß. Und Rot zeigt die Wahrscheinlichkeit für einen turbulent-negativen Markt. Dann ist Abstinenz bei Aktienanlagen angesagt.

Seit längerer Zeit ist die Wahrscheinlichkeitslandschaft des Seismografen stabil positiv. Aktuell dominiert weiterhin die Wahrscheinlichkeit für einen positiven, ruhigen Markt. Die Wahrscheinlichkeit für negative Turbulenzen bleibt trotz der politischen Irritationen vernachlässigbar gering. Deshalb hält der Seismograf weiterhin eine offensive Aktienpositionierung für angezeigt. Wir werden dies aber in den kommenden Tagen mit erhöhter Aufmerksamkeit verfolgen.

Das Fazit für Aktienanleger:

Alle Bestandteile des private-wealth-Börsenindikators sind noch im grünen Bereich. Der strategische Korridor für den Aktienanteil bleibt darum bei 70 bis 110 Prozent des individuell vorgesehenen Aktienanteils. Da auch der Seismograf positiv ist, liegt die Aktienquote in der Gesamtbetrachtung am oberen Rand des strategischen Korridors – also bei 110 Prozent des individuell vorgesehenen Aktienanteils.

Das bedeutet: Wer zum Beispiel aufgrund seiner individuellen Präferenzen in der Strategischen Aufteilung der Vermögenswerte eine Aktienquote von 50 Prozent als optimal erachtet, sollte aktuell zu 55 Prozent in Aktien investiert sein (110 Prozent von 50 Prozent ergibt eine Aktienquote von 55 Prozent).

Herzlichst,

Ihr

Klaus Meitinger

Hinweis: Trotz sorgfältiger Auswahl der Quellen kann für die Richtigkeit des Inhalts keine Haftung übernommen werden. Die auf der Homepage von private wealth gemachten Angaben dienen der Unterrichtung und sind keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren.

Verlagsanschrift

  • Private Wealth GmbH & Co. KG
    Montenstrasse 9 - 80639 München
  • +49 (0) 89 2554 3917
  • +49 (0) 89 2554 2971
  • Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Sprachen

Soziale Medien