Herber Rückschlag beim Konjunkturindikator.
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
laut den Ergebnissen des Ifo-Konjunkturtests vom Januar hat sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft zuletzt signifikant verschlechtert. Nach einem viermaligen Anstieg gingen die Geschäftserwartungen nun deutlich zurück. Die Gewerbliche Wirtschaft ist damit nur noch hauchdünn vom Abschwung-Quadranten der ifo-Konjunkturuhr entfernt (Grafik). Das Münchner Forschungsinstitut selbst scheibt deshalb auch, die deutsche Wirtschaft blicke erschrocken ins neue Jahr.
Der Konjunkturindikator gibt zwar weiterhin grünes Licht für Aktienanlagen – ein klares Verkaufssignal ergibt sich rein rechnerisch erst nach einem dreimaligen Rückgang. Trotzdem ist die absolute Höhe des Rückgangs – der Saldo zwischen positiven und negativen Meldungen in der Industrie verringerte sich zum Beispiel ungewöhnlich stark um fast vier Punkte von 12,2 auf 8,3 – ein klares Warnsignal.
Auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin veröffentlichen wir hier auch den aktuellen Kommentar des Schweizer Vermögensverwalters Alfons Cortés, der an dieser Stelle am Jahresanfang vor dem Beginn eines Bärenmarktes an der Wall Street gewarnt hat.
Cortés schreibt unter der Überschrift: „Ist ein Bärenmarkt unausweichlich?
„Kein Analytiker, der sich der Beschränktheit seines Wissens und der Komplexität der Börsen bewusst ist, wird jemals behaupten, dass an der Börse irgendetwas unausweichlich sei. Ich gehe sogar so weit, nicht einmal eine bestimmte Eintrittswahrscheinlichkeit zu benennen. Es genügt, die Gegenwart auf den Punkt zu bringen. Sie ist an der Börse eine gewisse Struktur oder, wie Friedrich von Hayek zu sagen pflegte, eine sich selbst gegebene spontane Ordnung, die das Verhältnis zwischen zwei Parteien beschreibt: den Bullen und den Bären. Jede Partei ist eine Koalition von Populationen, die sich über den analytischen Zugang uneins sind, aber trotzdem übereinstimmende Erwartungen hegen.
Diese Koalitionen sind nicht stabil. Es gibt immer wieder Wanderbewegungen von der einen zur anderen. Auskunft über Status beider Parteien und Wanderbewegungen gibt die vernetzende technische Analyse. Da sehr viele Personen (und Computermodelle) sich am Markt beteiligen, verändert sich die Struktur der Märkte nur sehr langsam.
Über rund zwölf Monate war eine wichtige strukturelle Veränderung in den USA zu beobachten, worauf hier wiederholt hingewiesen wurde. Während der S&P 500 das Jahr 2015 auf 2058 begann und auf 2043,94 beendete, belegten die darin enthaltenen Aktien weit gespreizte Veränderungen zwischen -80 und +100, und nur knapp ein Drittel der Konstituenten legte zu. Womit wir bei einem negativen strukturellen Symptom angelangt sind: der abnehmenden Marktbreite bei seitwärts verlaufenden oder steigenden Indizes.
Das ist mittlerweile eine globale Erscheinung. Damit sind zwei von zahlreichen Symptomen angesprochen, die nach mehrjährigen Aufwärtstrends als negative Signale zu interpretieren sind: kein Momentum und negative Marktbreite. Kombiniert mit einer hohen Bewertung der Leitbörse USA gemessen am Shiller-KGV steigt die Bedeutung der genannten Konstellation. Hinzugekommen ist die Neigung, Tagesmeldungen vorwiegend negativ zu interpretieren. So werden niedrige Ölpreise weiterhin als Bonus für die Industrieländer angesehen, aber als Malus für die Börse, weil die erdölproduzierenden Länder angeblich Aktien verkaufen müssen.
Dass fallende Ölpreise negativ für die Börse seien, hält einer näherer Prüfung nicht stand. Von 1985 bis 1986 war es umgekehrt, von 1990 bis 1998, als Öl 74 billiger wurde, und von 2013 bis 2015 ebenso. Ölpreise sind kein genereller Indikator für Aktien, so wie es überhaupt keine stabile Korrelation gibt zwischen fundamentalen Daten irgendwelcher Art und Börsentrends.
Viele weitere Argumente stützen meine Auffassung, dass ein Bärenmarkt bereits begonnen hat, angefangen von den USA bis zu allen relevanten Börsen. Ich begrüße das. Der berühmt-berüchtigte Anlagenotstand dürfte nur behoben werden, wenn die Kurse fallen und so die Möglichkeit bieten, preiswert neu einzusteigen. In einem Bärenmarkt gibt es kein Versteck. Es geht darum, klar weniger zu verlieren als die Indizes. Das ist möglich mit einer hohen Liquidität und/oder der Absicherung durch geeignete Maßnahmen wie z. B. den Verkauf von Index-Futures auf Termin.
In jedem Bärenmarkt kommt es zu Zwischenerholungen. Sie dürfen nicht die Sicht auf das Wesentliche trüben, das Wesentliche ist der Haupttrend. Wer meint, jede Schwankung nutzen zu können, überschätzt sich maßlos.“
Fazit:
Angesichts der hohen Bewertung des DAX legt der private-wealth-Börsenindikator schon länger nahe, nur noch „mit gebremstem Schaum“ investiert zu sein. Aufgrund steigender Risiken an der Wall Street schien es dann zu Jahresbeginn sinnvoll, diese defensive Positionierung beizubehalten und höhere Aktienquoten abzusichern.
Positiv war bisher zu werten, dass sich das Risiko einer Rezession (noch) nicht in den Geschäftserwartungen der deutschen Industrie spiegelte. Die aktuellen Ergebnisse des ifo-Konjunkturtest lassen nun vermuten, dass diese Gefahr mitlerweile in den Chefetagen angekommen zu sein. Damit spricht derzeit nur noch die Erwartung einer noch expansiveren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank für Aktienanlagen.
In dieser Situation scheint es angemessen, weiter sehr vorsichtig zu sein. In der Diktion des private-wealth-Börsenindikators legt dies weiterhin einen deutlich reduzierten Aktienanteil nahe, der konkret nur noch zwischen 30 und 50 Prozent der individuell als angemessen betrachteten Aktienquote liegt.
Ihr
Klaus Meitinger
Hinweis: Trotz sorgfältiger Auswahl der Quellen kann für die Richtigkeit des Inhalts keine Haftung übernommen werden. Die in private wealth gemachten Angaben dienen der Unterrichtung und sind keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren.