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  • Klaus Meitinger

Bitcoin – das bessere Gold?

(Geschätzte Lesezeit: 3 - 5 Minuten)

iStock 905105464In Zeiten geldpolitischer Experimente steigt das Interesse an „harten“ Anlagen, deren Angebot nicht beliebig ausgeweitet werden kann und die deshalb besonders gut als Wertspeicher dienen. Die meist genutzte, klassische Alternative zu den Papierwährungen ist heute Gold. Manuel Andersch, Senior Währungsanalyst der Bayrischen Landesbank, rechnet in seiner Studie „Megatrend Digitalisierung – läuft Bitcoin Gold den Rang ab“ vor, dass Bitcoin bald „härter“ sein wird als Gold. Die möglichen Schlussfolgerungen aus dieser Arbeit sind atemberaubend.

„In der Rohstoffanalyse haben wir schon immer darüber nachgedacht, wie sich die Qualität eines monetären Gutes greifen lässt, was also einen Vermögenswert „hart“ macht. Dabei hat sich das sogenannte Stock to Flow-Verhältnis als sinnvolles Kriterium erwiesen. Dies lässt sich auch bei der Analyse des Bitcoin nutzen“, erklärt Manuel Andersch, Senior Währungsanalyst der Bayrischen Landesbank.

Bei der Berechnung der Kennzahl spiele nicht der begrenzte Bestand eines Assets die dominierende Rolle, sondern das Verhältnis zwischen Bestand und aktuellen „Produktion“. Absolut betrachtet sei zum Beispiel der Bestand an Palladium viel geringer als jener von Gold – er macht nur rund fünf Prozent des Goldbestands aus. Dadurch werde Palladium aber nicht zu einem härteren Asset, da das Neuangebot an Palladium (Flow) nicht nur relativ gesehen hoch ist, sondern bei einem Preis-Anstieg auch leicht ausgeweitet werden kann und den Bestand verwässert. „Viele Edelmetalle wie Palladium, die vor allem als Industriemetalle genutzt werden, weisen daher eine geringe Stock to Flow-Ratio auf“, erläutert Andersch. 

BitCoin BayernLBDie Attraktivität von Gold besteht stattdessen darin, dass das Angebot eben nicht beliebig ausgeweitet werden kann. Zudem trifft der begrenzte jährliche Zuwachs (Flow) an neuem Gold auf einen bereits sehr großen Bestand (Stock). Folglich weist Gold ein hohes Stock to Flow-Verhältnis auf. „Gold musste sich diesen Status über Jahrstausende ,hart erarbeiten‘. Nur durch die hohen Produktionskosten, viel Zeit und die geringe industrielle Verwendung baute sich langsam ein hoher Bestand auf. Genau diese Entwicklung wiederholt Bitcoin nun quasi im Zeitraffer“, erläutert Andersch.  

Faszinierend am Experiment Bitcoin ist, dass die maximale „Geldmenge“ auf knapp 21 Millionen Bitcoins begrenzt wurde. Deshalb nimmt auch das Geldmengenwachstum in regelmäßigen Abständen drastisch ab. Derzeit, so Andersch, werden im Durchschnitt alle 10 Minuten 12,5 neue Bitcoins ausgegeben. Mit dem sogenannten „Halving“ halbiert sich nun Mitte Mai 2020 die Anzahl an Bitcoins, die alle 10 Minuten ausgegeben werden, auf 6,25.  

Aufgrund dieses „Angebots-Engineering“ dürfte es Bitcoin gelingen, im nächsten Jahr einen ähnlich hohen Stock to Flow-Wert wie Gold zu erreichen – innerhalb von nur 11 Jahren. Garantiert wird dieses Angebotsprofil durch ein weltumspannendes Peer-to-Peer-Netzwerk. Dieses gesamte Netzwerk zu einem neuen Angebotsprofil (sprich Software-Protokoll) zu bewegen, meint Andersch, sei ist so gut wie unmöglich. „Ein inflationäreres Profil stünde ja den Interessen der Netzwerk-Mitglieder entgegen. Denn dies würde den Wert ihrer Bitcoin verwässern. “

Besonders interessant ist nun, dass sich aus diesen Überlegungen offenbar auch Rückschlüsse auf den Marktwert des Bitcoin ziehen lassen. In einem statistischen Modell stellt Andersch den Marktwert aller Bitcoins zu bestimmten Zeitpunkten den jeweiligen Stock to Flow-Daten gegenüber. Eine lineare Regression der (logarithmierten) Daten liefert dann einen eindeutigen Zusammenhang ( Grafik unten): „Bitcoins Marktwert steigt mit zunehmenden Stock to Flow-Wert linear an. Je höher der Härtegrad von Bitcoin, desto mehr Wert wird ihm zugeschrieben. Die nahe an der Regressionsgerade liegenden (blauen) Punkte zeigen dabei, dass es sich um einen sehr engen Zusammenhang handelt“, erklärt Andersch 

Zur Plausibilisierung der Schätzergebnisse trug der Analyst auch die Marktkapitalisierungen und Stock to Flow-Ratios von Gold, Silber, Platin und Palladium in die Grafik ein. „Dabei fällt auf, dass Platin, Palladium und Silber allesamt deutlich über der Regressionsgeraden liegen. Dies spricht dafür, dass deren Marktwerte vornehmlich auf ihrem Nutzen als Industriemetalle basieren. Gold hingegen liegt recht nahe der Regressionsgeraden, was nur folgerichtig ist. Hier ist die Nachfrage als Wertaufbewahrungsmittel ausschlaggebend.“

Der aktuelle Modellwert des Bitcoin liegt demnach bei 7500 US-Dollar. Im Mai 2020 wird sich Bitcoins Stock to Flow- Wert nach dem nächsten Halving allerdings drastisch von derzeit rund 25,8 auf fast 53 erhöhen. Er liegt dann ganz in der Nähe des Stock to Flow-Wertes von Gold – aktuell rund 58. Würde sich der Marktwert entsprechend anpassen, errechnet das Modell einen schwindelerregender Preis von rund 90000 US-Dollar pro Bitcoin. 

Ist das realistisch? Und – warum notiert der Bitcoin erst bei rund 9000 US-Dollar, wenn doch jeder weiß, dass das Halving im Mai stattfinden wird? 

„Als Prognostiker weiß man nur zu gut, dass selbst das beste statistische Modell bei der Vorhersage der Zukunft kläglich scheitern kann“, dämpft Andersch zu hohe Erwartungen. „Der große Härtetest für das Stock Flow- Model ist sicherlich das Halving nächstes Jahr. Dann werden wir sehen, wie der Markt reagiert.“ Dass es bisher noch nicht zu einem deutlichen Preisanstieg gekommen ist, wundert den Experten nicht. „Auch bei den vergangenen beiden Halvings (2012 und 2016) stieg der Preis erst mit deutlicher zeitlicher Verzögerung. Offenbar ist die Komplexität der Informationen so umfangreich – schließlich sind Grundlagen aus der Informatik, Netzwerktheorie, Kryptografie, Physik, VWL, Spieltheorie und der Statistik notwendig – dass sie nicht von einer ausreichenden Zahl an Marktteilnehmern verarbeitet werden. Der Markt vergibt gewissermaßen keine Vorschusslorbeeren.“

Eines macht Anderschs Analyse aber auf jeden Fall klar. Es wäre fahrlässig, den Bitcoin als potenziellen Wertspeicher zu ignorieren. Denn Bitcoin wurde als ultrahartes Geld konzipiert. „Im Jahr 2024, wenn wieder ein Halving ansteht, erhöht sich der Härtegrad gnadenlos weiter auf ein in der Menschheitsgeschichte nie dagewesenes Niveau über 100!“, verdeutlich Manuel Andersch. Niemand wisse heute so recht, welche Auswirkungen ein solcher monetärer Standard haben würde. „Fakt ist nur: Historisch betrachtet wurde immer jenes Gut mit dem höchsten Stock to Flow-Verhältnis als Wertaufbewahrungsmittel genutzt. Falls Bitcoin das Geld des 21. Jahrhunderts werden sollte, dann deshalb, weil seine Eigenschaften (vor allem der hohe Härtegrad) denen alternativer Geldformen vorgezogen wird.“

Die gesamte Analyse finden Sie unter: https://www.bayernlb.de/internet/media/ir/downloads_1/bayernlb_research/megatrend_publikationen/megatrend_bitcoins2f_20190930.pdf

Schlagworte:

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