Entspannung
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
im Dezember verbesserten sich die Geschäftserwartungen der vom ifo-Institut befragten 7000 Firmenchefs zum zweiten Mal hintereinander. Das Verarbeitende Gewerbe hat sich damit – gemessen an der ifo-Konjunkturuhr – wieder vom Abschwungsbereich an die Grenze des Boomquadranten zurückbewegt. Ein Rückfall in die Rezessionsphase scheint zunächst gebannt. Damit sich ein neuer – positiver – Trend fest etabliert, müsste dieser Frühindikator der deutschen Konjunktur drei Mal hintereinander steigen – also auch im Januar wieder.
Endgültig Entwarnung kann also erst in einem Monat gegeben werden. Denn es ist durchaus möglich, dass die Verschärfung der Russland-Krise und der Absturz des Rubel sich noch nicht vollständig in den Dezember-Umfrageergebnissen gespiegelt haben. Schließlich müssen die Unternehmenslenker ihre Einschätzungen mit einem gewissen Vorlauf abgeben.
Nach unseren Berechnungen notiert der DAX aktuell zwischen 120 und 125 Prozent seines fairen Wertes. Er ist also überbewertet, wenngleich auch nicht extrem stark. Am Ende der Hausse des Jahres 2000 hatte der Index zum Beispiel ein Niveau von 225 Prozent des fairen Wertes erreicht, im Jahr 2007 eines von mehr als 150 Prozent.
Nachdem die Geschäftserwartungen des ifo-Institutes im Juli dieses Jahres drei Mal in Folge gefallen waren, musste dies als klare Warnung vor einem Abschwung in der Konjunktur interpretiert werden. Zusammen mit der damals schon hohen Bewertung des Aktienmarktes war es ein Signal, sehr vorsichtig zu werden. Die folgenden Turbulenzen bestätigten diese Einschätzung zunächst. Gut möglich, dass sie nun – zumindest teilweise – revidiert werden muss.
Während die Situation am deutschen Aktienmarkt also noch unsicher ist, gibt der Kapitalmarkt-Seismograf weiter grünes Licht für US-Aktien. Die Wissenschaftler des Teams der TU-München um Professor Rudi Zagst analysieren den US-Aktienmarkt und unterscheiden dabei zwischen drei Phasen: "grün" (ruhiger Markt = Kaufen), "gelb" (turbulenter Markt mit positiver Erwartung = Investieren, aber mit Absicherung) und "rot" (turbulenter Markt mit negativer Erwartung = Nicht Investieren).
Die Wahrscheinlichkeit für einen ruhigen, positiven Markt liegt derzeit bei knapp 88 Prozent. „Gelb“ , also ein turbulenter Markt mit positiver Erwartung, bringt es auf eine Wahrscheinlichkeit von 11 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit für „Rot“ liegt nur bei einem Prozent. Übersetzt bedeutet das: Der Kapitalmarkt-Seismograf sieht keine Wolken am Himmel über der Wall Street.
Fazit:
Die Ausgangssituation für Kapitalanleger hat sich deutlich verbesset. Der private-wealth-Börsenindikator hatte im Juli 2014 bei 9700 Punkten im DAX ein Verkaufssignal gegeben. Hoch bewertete Aktienmärkte und Rezessionsrisiko signalisierten ein hohes Risiko. Wir schrieben damals: Tatsächlich hat die Geldpolitik zwar die Saat für eine enorme Blase an den Aktienmärkten gelegt. Die Wahrscheinlichkeit eines derartigen Börsenbooms ist aber nur so lange hoch, wie die Marktteilnehmer mit steigenden Gewinnen und steigenden Dividenden rechnen können. Geld allein wird Anleger nicht glücklich machen, sollte die Konjunktur nach unten drehen.
Im Umkehrschluss bedeutet das nun: Dreht die Konjunktur wieder nach oben und bleibt die Geldpolitik weltweit gleichzeitig expansiv, nimmt die Wahrscheinlichkeit einer massiven Übertreibung an den Aktienmärkten wieder zu. Zwar ist das positive Konjunktursignal noch nicht fest etabliert. Und auch die Bewertung des Aktienmarktes ist hoch. Dennoch könnte es sinnvoll sein, die strikte Zurückhaltung der letzten Monate gegenüber dem Aktienmarkt – zunächst zu einem Teil – wieder aufzugeben.
Wir wünschen Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und einen erfolgreichen Start in das Jahr 2015.
Ihr Klaus Meitinger
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