Wie der Seismograf auf die Turbulenzen reagiert.
Ende Juli ließen die Ergebnisse des private-wealth-Börsenindikator es ratsam erscheinen, die Aktienquote deutlich von 110 Prozent des individuell vorgesehenen Aktienanteils auf 90 Prozent zu reduzieren und den Cash-Anteil entsprechend zu erhöhen. Ausschlaggebend dafür war die Eintrübung der deutschen Konjunktur. Laut ifo-Institut berichten mittlerweile 43,6 Prozent der Befragten aus der heimischen Industrie über fehlende Aufträge.
Wie damals publiziert, verhinderte nur die anhaltend positive Wahrscheinlichkeitslandschaft des Kapitalmarkseismografen einen noch drastischeren Abbau der Aktienquote. Deshalb stellt sich nun die spannende Frage: Wie reagiert der Seismograf auf die jüngsten Turbulenzen an den Aktienmärkten? Ist dies nur ein vorübergehendes Phänomen oder der Vorbote eines großen Börsenbebens?
Zu Ihrer Einordnung: Der private-wealth-Börsenindikator kombiniert drei Faktoren. Die Konjunkturentwicklung in Deutschland sowie die Marktbewertung des DAX definieren den langfristigen, strategischen Korridor für die Aktienallokation. Innerhalb dieser strategischen Bandbreite bestimmt der Kapitalmarktseismograf die genaue Positionierung. Denn er kann viel schneller auf aktuelle Entwicklungen reagieren als das relativ träge Konjunkturmodell.
Konkret errechnet der Seismograf aus verschiedenen Variablen – Konjunkturfrühindikatoren, Zinsen, Renditen am Markt für Unternehmensanleihen sowie Kursschwankungen an den Aktienmärkten – die Wahrscheinlichkeiten für die Marktzustände im nächsten Monat. Dabei werden drei Szenarien unterschieden. Grün steht für die Erwartung eines ruhigen, positiven Marktes. Dominiert Grün, sollten Anleger in Aktien investieren. Gelb bezeichnet die Wahrscheinlichkeit für einen turbulent-positiven Markt – Anleger können investieren, sollten aber Augenmaß walten lassen. Und Rot zeigt die Wahrscheinlichkeit für einen turbulent-negativen Markt. Bei hohen Werten ist Abstinenz bei Aktienanlagen angesagt.
Interessant ist, dass die Wahrscheinlichkeit für positive Turbulenzen (Gelb) schon seit Mitte Juli immer dominanter wurde. Dass es an den Börsen turbulenter werden würde, war also nicht völlig überraschend. Trotzdem bleib der Seismograf bei seiner offensiven Ausrichtung. Wie hat er sich nun angesichts der jüngsten Kurseinbrüche verändert?
„Wichtig für Anleger ist, dass die Wahrscheinlichkeitslandschaft in der Grundstruktur stabil geblieben ist. Gelb stieg noch weiter zu Lasten von Grün an und dominiert nun ganz klar die Wahrscheinlichkeitsverteilung. Die Wahrscheinlichkeit für negative Turbulenzen bleibt aber weiterhin mit Werten unter zwei Prozent unbedeutend“, informiert Oliver Schlick, Geschäftsführer der Secaro GmbH, der regelmäßig die Ergebnisse des Seismografen berechnet und daraus Allokationsvorschläge ableitet. Seine Schlussfolgerung: „Aus Modellsicht sind die Ereignisse der letzten Tage als kurzes Sommergewitter zu interpretieren – es kam plötzlich, war aber auch schnell vorbei. Das Heraufziehen einer anhaltenden Unwetterfront ist in den Daten nicht zu sehen.“
Aus Sicht von Schlick sind die Marktteilnehmer einer optischen Täuschung aufgesessen. „Einzelaspekte – Probleme bei in Yen finanzierten Anlagen, schwächerer US-Arbeitsmarkt, leicht enttäuschende Quartalsergebnisse im Techsektor – wurden zu einem ganz neuen Drehbuch an den Aktienmärkten verwoben. Statt Wachstum und sinkende Zinsen lautete die Überschrift plötzlich Rezession und sinkende Zinsen. Doch das ist ein Irrtum. Hätte sich das Anlageumfeld grundsätzlich geändert, würde sich dies in den Inputvariablen des Seismografen spiegeln. Doch dort ist davon nichts zu sehen“, analysiert Schlick.
Wie sehen die Inputvariablen des Seismografen aktuell konkret aus?
Zur Einschätzung der Konjunktur fließt ein weltweiter Indikator in das Modell ein. „Dieser ist ungebrochen auf Wachstumskurs. Dass die deutsche Industrie nicht aus der Krise kommt, liegt nicht an einer globalen Schwäche, sondern ist ein strukturelles deutsches Problem“, erklärt Schlick.
Auch der Zinsabstand zwischen Unternehmensanleihen unterschiedlicher Bonität – ein Indikator für Stress am Kapitalmarkt – habe sich zuletzt kaum verändert: „Die Risikoaufschläge sind stabil und lassen ebenfalls keinen Regimewechsel erkennen“.
Allein der Anstieg der Volatilität, dem Angstbarometer am Aktienmarkt, gebe ein bisschen Anlass zur Sorge. „Doch dieser isoliert negative Faktor wird durch den jüngsten deutlichen Rückgang der Zinsen in etwa ausgeglichen. An der Grundaussage des Seismografen ändert sich deshalb nichts. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung ist weiter vielversprechend. Es gibt keinen Grund zur Panik,“ schließt Schlick.
Das Fazit für Anleger:
Konjunkturentwicklung in Deutschland und Marktbewertung des DAX definieren den strategischen Korridor für die Aktienallokation des private-wealth-Börsenindikators.
Da die Konjunkturkomponente sich jüngst deutlich verschlechtert hat und dadurch Ende August ein starkes Verkaufssignal für den DAX droht, wurde der strategische Korridor für die Aktienquote schon im Juli vorsichtshalber in einem ersten Schritt verringert – von bisher 70 bis 110 Prozent auf nun 60 bis 90 Prozent.
Der DAX ist in Relation zu seinem fairen Wert zuletzt etwas günstiger geworden. Deutsche Aktien sind aktuell leicht unterbewertet. Das allein genügt allerdings nicht für eine Anhebung der Aktienquote.
Innerhalb der strategischen Bandbreite von 60 bis 90 Prozent bestimmt der Kapitalmarktseismograf die genaue Positionierung. Angesichts der anhaltend positiven Wahrscheinlichkeitslandschaft ist es ratsam, sich im oberen Bereich des Korridors zu positionieren. Die Aktienquote des private-wealth-Börsenindikators bleibt deshalb insgesamt bei 90 Prozent.
Ein Beispiel: Wer aufgrund seiner individuellen Präferenzen eine Aktienquote von 50 Prozent als optimal erachtet, ist aktuell zu 45 Prozent in Aktien investiert (90 Prozent von 50 Prozent ergibt eine Aktienquote von 45 Prozent).
Herzlichst,
Ihr
Klaus Meitinger
Hinweis: Trotz sorgfältiger Auswahl der Quellen kann für die Richtigkeit des Inhalts keine Haftung übernommen werden. Die gemachten Angaben zum private-wealth-Börsenindikator dienen allein der Unterrichtung und sind keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren.