Konjunkturschwäche mahnt zur Vorsicht.
Die Konjunkturkomponente des private-wealth-Börsenindikators bricht ein. Es ist ratsam, die Aktienquote vorsorglich zu reduzieren.
Der vom private-wealth-Börsenindikator vorgeschlagene, strategische Korridor für die Aktienallokation wird durch zwei Faktoren bestimmt – dem Konjunkturtrend und der Bewertung des DAX. Im Grunde geht es darum, höher in Aktien investiert zu sein, wenn der DAX niedrig bewertet ist und die deutsche Konjunkturampel gleichzeitig auf Grün steht. Verschlechtern sich die Konjunkturperspektiven und/oder sind Aktien hoch bewertet, geht der Börsenindikator sukzessive in die Defensive.
Während die Bewertung des Dax – er notiert in etwa auf dem Niveau seines fairen Wertes – Anlegern keine Sorgen machen muss, kommt von der Konjunktur massiver Gegenwind.
Sie wissen: Die entscheidende Rolle bei der Analyse des Konjunkturtrends spielt die monatliche Umfrage des ifo-Instituts zu den Geschäftserwartungen in der deutschen Industrie. Dabei haben die Teilnehmer die Wahl zwischen drei Antwortmöglichkeiten: Sie erwarten, dass ihre Geschäfte auf Sicht von sechs Monaten entweder „günstiger“, „gleichbleibend“ oder „ungünstiger“ ausfallen werden. Der Saldowert der vom ifo-Institut publizierten Geschäftserwartungen ergibt sich aus der Differenz der Prozentanteile der Antworten „günstiger“ und „ungünstiger“.
Verschlechtert sich diese Kennzahl in der Industrie nach einem anhaltenden Anstieg drei Mal hintereinander, schaltet die Konjunkturkomponente des private-wealth-Börsenindikators von „Grün“ auf „Rot“.
Genau dies droht nun. Die Geschäftserwartungen in der Industrie waren von November 2022 bis April 2023 kontinuierlich gestiegen. Im Mai fiel der Index dann überraschend sehr drastisch von Minus 2,4 auf Minus 14,3. Wir hatten vor einem Monat schon auf das bemerkenswerte Ausmaß des Rückgangs hingewiesen. In der Vergangenheit ging eine Trendwende bei der Konjunktur mit einem Rückgang des Erwartungsindex zwischen 4 und 17 Punkten einher – und zwar im Verlauf von drei Monaten! Mit rund 12 Punkten Rückgang war diese Größenordnung allein im Monat Mai erreicht worden.
Im Juni folgte nun ein weiterer, noch stärkere Rückgang. Der Index fiel von Minus 14,3 auf Minus 28,1 Punkte.
Das ist besorgniserregend. Die ifo-Daten deuten darauf hin, dass die erhoffte Erholung der deutschen Konjunktur im zweiten Halbjahr 2023 nun ausbleiben könnte. Entsprechend steht auch die ifo-Ampel nun wieder auf „Rot“ steht.
Bei den deutschen Industrieunternehmen drohen nun nach den guten Ergebnissen der Vergangenheit Gewinneinbußen. Der Auftragsüberhang ermöglichte ihnen in der Vergangenheit, Verkaufspreise und Gewinnmargen zu erhöhen. Nun scheint das Auftragspolster abgearbeitet zu sein. Ifo schreibt, mittlerweile würden viele Unternehmen ihren Auftragsbestand als zu niedrig beurteilen. Wird künftig die Nachfrage schwächer, dürften die Firmen zu Preiszugeständnissen gezwungen sein. Ein Rückgang der rekordhohen Gewinnmarge ist dann vor allem in personalintensiven Bereichen nahezu unausweichlich.
Aktienanleger sollten deshalb vorsichtiger werden. Ein klassisches konjunkturelles Verkaufssignal der Konjunkturkomponente im private-wealth-Börsenindikator erfordert zwar – wie oben skizziert – einen dreimaligen Rückgang der Geschäftserwartungen erfordern. Aufgrund der Dynamik des Absturzes möchten wir allerdings nicht auf die Ergebnisse der nächsten ifo-Umfrage im Juli warten. Sie rechtfertigt es aus unserer Sicht, schon jetzt, die Aktienquote zu reduzieren.
In welchem Ausmaß sollte dies geschehen?
Gehen die ifo-Geschäftserwartungen im Juli noch einmal zurück, würde dies ein klassisches Verkaufssignal im private-wealth-Börsenindikator auslösen. In diesem Fall würde der strategische Korridor für den Aktienanteil von aktuell 65 bis 95 Prozent auf nur noch 45 und 75 Prozent des individuell für die Aktienanlage vorgesehenen Depotanteils reduziert. In der aktuellen Situation halten wir es für angemessen, die erste Hälfte dieser Veränderung jetzt schon umzusetzen und den Aktienanteil in den Bereich zwischen 55 und 85 Prozent zu verringern.
Innerhalb dieses Korridors entscheidet der Kapitalmarktseismograf über die exakte Allokation. Wie sie wissen, kombiniert der Seismograf verschiedene, zum Teil tagesaktuelle ökonomische Variablen – Konjunkturfrühindikatoren, Zinsentwicklungen oder auch die Kursschwankungen an den Aktienmärkten.
Daraus werden die Wahrscheinlichkeiten für drei Marktzuständen im nächsten Monat destilliert. Grün steht für die Erwartung eines ruhigen, positiven Marktes. Dominiert Grün, sollten Anleger in Aktien investieren. Gelb bezeichnet die Wahrscheinlichkeit für einen turbulent-positiven Markt – Investieren, aber mit Augenmaß. Und Rot zeigt die Wahrscheinlichkeit für einen turbulent-negativen Markt. Dann ist Abstinenz bei Aktienanlagen angesagt.
Seit geraumer Zeit ist der Seismograf offensiv positioniert. Und anders als das ifo-Geschäftsklima sieht der Seismograf auch jetzt noch keine Gewitterwolken am Horizont. „Gelb, also die Wahrscheinlichkeit für einen turbulent positiven Markt dominiert noch immer mit großem Abstand“, informiert Oliver Schlick, der für die Secaro GmbH die Signale des Seismografen in Allokationsvorschläge übersetzt. Er fährt fort: „Obwohl die rote Wahrscheinlichkeit zuletzt leicht angestiegen ist, legt es die gesamte Wahrscheinlichkeitslandschaft des Seismografen immer noch nahe, voll investiert zu bleiben. Wir werden dies aber sehr aufmerksam verfolgen.“
Das Fazit:
Bei intakter Konjunkturkomponente und einer DAX-Bewertung in der Nähe seines fairen Wertes schlug der private-wealth-Börsenindikator in der Vergangenheit einen strategischen Korridor für die Aktienquote von 65 bis 95 Prozent des individuell vorgesehenen Aktienanteils vor. Angesichts des dramatischen Absturzes der ifo-Geschäftserwartungen in der Industrie ist dies nicht mehr angemessen. Wir halten es für sinnvoll, die Bandbreite in einem ersten Schritt auf 55 bis 85 Prozent zu reduzieren.
Die offensive Positionierung des Seismografen legt es nahe, die tatsächliche Aktienquote am Maximum des strategischen Korridors zu halten. Die konkret vom Börsenindikator vorgeschlagene Aktienquote sinkt deshalb um 10 Prozentpunkte von 95 auf 85 Prozent des individuell vorgesehenen Aktienanteils. Die Cash-Quote wird entsprechend erhöht.
Herzlichst,
Ihr
Klaus Meitinger
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