Stimmungsindikatoren vermitteln ein falsches Bild.
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
die vom Leibnitz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erhobenen Konjunkturerwartungen haben sich gerade signifikant verbessert. Konkret stiegen die Konjunkturerwartungen im Mai von 28,2 auf 51 Punkte. Der Indexstand liegt auf damit wieder auf dem Niveau vom Frühjahres 2015 und somit auch signifikant über den Vor-Corona-Notierungen.
Entsprechend positiv reagieren manche Kommentatoren. Die aktuelle ultra-expansive Geldpolitik und die staatlichen Rettungsmaßnahmen würden sich positiv niederschlagen. Per Saldo seien die vom ZEW befragten Experten zuversichtlich, dass die Wirtschaft die Kurve bekomme.
Das ist leider nicht so sicher. Die positiven Ergebnisse gründen vor allem auf der spezifischen Fragestellung.
Die erste Frage des ZEW lautet: Die gesamtwirtschaftliche Situation beurteilen wir zurzeit als: gut, zufriedenstellend (normal) oder schlecht? Die Antwort darauf ist einfach. Nahezu alle Befragten entschieden sich für „schlecht“.
Die Anschlussfrage lautet: Die gesamtwirtschaftliche Situation wird sich mittelfristig (6 Monate): verbessern, nicht verändern oder verschlechtern.
Darauf gab es angesichts der Ausgangslage – Lockdown, in vielen Bereichen Produktion von Null – eigentlich nur eine logische Antwort: „Verbessern“. Es braucht schon sehr viel Pessimismus, zu glauben, dass sich die Lage in sechs! Monaten nicht wieder etwas günstiger darstellen wird. Tatsächlich hat uns deshalb eher überrascht, dass der entsprechende Wert (Saldo aus verbessern und verschlechtern) nur auf 51 Punkte gestiegen ist.
Leider sagt dies nichts über die Dimension der Verbesserung aus. Für einen Restaurantbesitzer, der bisher geschlossen hatte, verbessert sich die Situation natürlich, wenn er in den nächsten sechs Monaten einen einzigen Gast bewirten darf. Er wird aber trotzdem nicht genügend Umsatz machen, um zu überleben.
Fazit:
Stimmungsindikatoren, die jetzt abfragen, ob sich die wirtschaftliche Situation in sechs Monaten verbessern, verschlechtern oder gleichbleiben wird, vermitteln ein falsches, zu optimistisches Bild von der Konjunktur. Lassen Sie sich nicht täuschen,
Ihr
Klaus Meitinger
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