Wellenreiter.
Strategie. In Zeiten steigender Zinsen und hoch bewerteter Aktienmärkte suchen Investoren verzweifelt nach alternativen Anlagemöglichkeiten. Diese sollen mit hoher Wahrscheinlichkeit positive Erträge bringen – und zwar möglichst unabhängig von den Trends in den herkömmlichen Anlageklassen. Strategien rund um die statistische Größe Volatilität, die Kursschwankungen von Aktien, Anleihen oder Währungen abbildet, können genau dies leisten. Wenn sie richtig aufgesetzt sind.
„Eigentlich sind wir ja eine Art Versicherungsgesellschaft“, verdeutlicht Matthias van Randenborgh, Geschäftsführer des Finanzdienstleisters RP Crest: „Nur versichern wir eben nicht gegen Schäden am Auto, Krankheiten oder Naturkatastrophen – sondern gegen Finanzmarktunfälle.“
Anleger am Kapitalmarkt gehen ganz verschiedene Risiken ein. Wer Aktien kauft, beteiligt sich zum Beispiel am Geschäftsrisiko. Das geschieht ganz bewusst, will der Investor doch von der langfristigen unternehmerischen Leistung profitieren. „Was Anleger allerdings nicht mögen, sind die enormen Kursschwankungen an der Börse. Deshalb besteht eine große Nachfrage von Marktteilnehmern nach einer Versicherung, die dieses Risiko übernimmt“, erklärt Randenborgh.
Die Messgröße für die Schwankungen an der Börse ist die Volatilität. Wenn zum Beispiel die Kurse am Aktienmarkt um einen Prozentpunkt fallen, klettert die Volatilität um zwei bis vier Prozentpunkte. Deshalb heißt sie auch Angst-Indikator. Wer sich gegen Rückschläge absichern möchte, könnte Volatilität kaufen. Fallen die Aktienkurse, steigt die Volatilität und gleicht den Verlust aus. „Damit das funktioniert, muss es aber einen geben, der das Risiko übernimmt, die Volatilität also verkauft. Das sind wir – die Versicherung gegen Finanzmarktunfälle“, sagt Randenborgh.
Interessant für Anleger ist: Mit dieser Dienstleistung, so der Experte, lasse sich systematisch Geld verdienen.
„Es gibt keinen Versicherungsmarkt auf der Welt, wo die Versicherungsgeber die Prämien, die sie für ihre Versicherungsdienstleistung verlangen, nicht über der zu erwartenden Summe der Schadenregulierung ansetzten, die sie wahrscheinlich irgendwann einmal auszahlen müssen. Das ist bei Kfz-Versicherungen so, bei Rückversicherungen. Und genauso ist das auch bei uns. Wer dieses Geschäft kontinuierlich betreibt, wird am Ende des Tages eine kleine Rendite verdienen, weil die Zeiten, zu denen Prämien eingenommen werden, immer länger sind als die Schadensfallphasen.“
In Deutschland gibt es mittlerweile mehr als 20 Fonds, die sich auf diesen Bereich spezialisiert haben. Sie sammeln das Geld von Anlegern ein, die so eine Art Mitunternehmer einer Versicherungsgesellschaft werden. Diese verkauft Volatilität und kassiert dafür regelmäßig Einnahmen, die Versicherungsprämien von denjenigen, die Schutz vor dem Ernstfall suchen. Kommt es zum Versicherungsfall, haftet – sozusagen – das Kapital der Anleger. Denn dann muss die Versicherung bezahlen.
„Deshalb haben diese Fonds auch einen ganz typischen Kursverlauf“, analysiert Tilo Marotz, verantwortlich für die Managerauswahl beim Bankhaus Donner & Reuschel: „Es gibt lange Phasen eines sehr stetigen Anstiegs. Danach – plötzlich – einen sehr scharfen Abfall, wenn der Versicherungsfall eintritt. Und im Anschluss daran eine Erholungsphase.“
In den vergangenen drei Jahren hat sich dies für Anleger durchaus gelohnt. Die wichtigsten Vertreter dieser Fondsgattung – Randenborghs Fonds RP Vega, der Allianz Volatility Strategy (private wealth berichtete über diesen Ansatz ausführlich in Ausgabe 04/2011), der Berenberg DyMACS Equity Market Neutral und der Optoflex – brachten in diesem Zeitraum zwischen sieben und 17 Prozent Ertrag. „Sie haben geliefert, was sie versprachen – eine jährliche Rendite von zwei bis fünf Prozent über dem Geldmarktsatz, der derzeit ja bei null liegt“, bestätigt Marotz. Das ist aber nur ein Punkt, warum sich der Bankier für diese Fondsgattung interessiert. „Wichtiger noch als die Rendite ist mir der Diversifikationsaspekt. Langfristig können diese Fonds Erträge erwirtschaften, die unabhängig von der Entwicklung am Kapitalmarkt sind. Sie liefern dann einen extrem wertvollen Beitrag im Depot.“
Wie immer, wenn sich eine Kapitalanlage außergewöhnlich interessant anhört, gibt es allerdings auch einen Haken. So einfach und einleuchtend die grundsätzliche Anlageidee ist, so kompliziert ist die konkrete Umsetzung: „Es ist zum Beispiel gar nicht möglich, Volatilität direkt wie eine Aktie oder Anleihe zu kaufen oder zu verkaufen“, erläutert Tilo Marotz: „Die Manager gehen deshalb Umwege. Und diese führen zwingend ins Feld der Termingeschäfte und der Optionen. Das ist kompliziert und macht es schwierig, im Detail zu verstehen, wie der Manager tatsächlich Geld verdient.“
Genau das müssen Anleger aber wissen, um ihr Risiko einschätzen zu können. Ein Crash am Aktienmarkt mit einem massiven Anstieg der Volatilität – also der größte anzunehmende Versicherungsfall – kann schließlich jederzeit auftreten. Der Versicherer muss sicherstellen, dass er in diesem Ernstfall genug Kapital hat. Er darf also nicht zu viele Policen übernehmen. Das wiederum schränkt natürlich seine Ertragsperspektiven ein.
„Die Kunst ist es, die jeweilige Strategien so aufzustellen, dass sie vernünftige Renditen erzielt und trotzdem den ,Versicherungsfall‘ mit Sicherheit übersteht“, wägt Marotz ab. Genau das macht die Fondsauswahl so schwer. Denn herkömmliche quantitative Werkzeuge wie Risiko und Ertrag helfen nicht weiter. Schließlich gab es seit der Finanzkrise im Jahr 2008 keinen derart massiven Anstieg der Volatilität mehr, dass die Risikomodelle der Fondsmanager ernsthaft getestet worden wären. Wer in den vergangenen drei bis fünf Jahren überdurchschnittlich hohe Renditen erwirtschaftete, kann auch einfach nur mehr Risiken eingegangen sein.
„Dieses Moral-Hazard-Problem ist tatsächlich der wichtigste Aspekt, den Anleger beachten müssen, die sich für diese Fonds interessieren“, macht Randenborgh klar: „Fondsmanager könnten ja immer auch dem Anreiz ausgesetzt sein, zu viele Risiken ins Depot zu packen, um die Rendite zu steigern – also zu viele Versicherungen zu verkaufen. In der Hoffnung, dass der Versicherungsfall erst dann eintritt, wenn sie schon längst ihre Gewinnbeteiligung kassiert haben.“
Bei RP Crest hat Randenborgh deshalb eine besondere Methode entwickelt, dem Moral Hazard vorzubeugen: „Alle Mitarbeiter der Firma erhalten ein vergleichsweise niedriges Fixgehalt und keine Boni. Der einzige Weg, mehr Gehalt zu erzielen, ist die Gewinnbeteiligung des Fonds. Diese wird zur Hälfte in einen eigenen Partnerfonds investiert, der eine Mindesthaltedauer von drei Jahren hat und immer mit einem Hebel von zwei in unseren eigenen RP-Vega-Fonds angelegt sein muss. Durch diesen Hebel riskieren wir bei massiven Rückgängen im Fondskurs, die Hälfte der Gewinnbeteiligung der letzten drei Jahre zu verlieren. Das garantiert zwar nicht, dass wir nicht auch Verluste machen. Es sorgt aber dafür, dass wir besser auf das Risikomanagement aufpassen und möglichen Fehlanreizsystemen nicht ganz so stark ausgesetzt sind.“
Diese Gewissheit, dass der Fonds auch in Extremphasen nicht ausgelöscht wird, ist besonders wichtig. Denn die unvermeidlichen Verlustphasen – wenn der Versicherungsfall eintritt – sind nicht nur schmerzhaft. Sie sind gleichzeitig ein außerordentlich attraktiver Zeitpunkt, um neu zu investieren oder das Engagement aufzustocken.
In jeder Versicherungsbranche steigen nach einer Zeit großer Schäden die Prämien. Das ist bei den Volatilitätsversicherern nicht anders. Nach einem Kurseinbruch am Aktienmarkt klettert die Volatilität zwar weit über ihr übliches Niveau. Doch nun können die Fonds das extrem teuer gewordene Gut Volatilität auch zu viel höheren Preisen verkaufen – und legen so die Basis für überdurchschnittlich hohe Erträge in den kommenden Wochen und Monaten. So lassen sich dann die Verluste wieder schnell aufholen.
„Nach einem Anstieg folgt immer irgendwann wieder ein Rückgang der Volatilität“, macht Randenborgh klar: „Es gibt eben keine Krise, die für immer tobt. Genauso wenig wie eine extrem ruhige Phase für immer währt.“
Diese Eigenschaft der Volatilität, zu ihrem Mittelwert zurückzukehren, könnte 2017 zu außergewöhnlichen Anlagegelegenheiten führen. Die Wahlen in Europa, die umstrittene Politik des US-Präsidenten Trump oder auch die anstehende Zinswende – es gibt viele Aspekte, die zu Unruhe an den Kapitalmärkten und einem deutlichen Anstieg der Volatilität führen könnten.
Es gilt nun, sich darauf vorzubereiten, gemeinsam mit dem Bankberater die Volatilitätsfonds zu analysieren und denjenigen „Versicherer“ auszuwählen, der am solidesten arbeitet und dessen Ansatz am besten zur eigenen Strategie passt. Um bereit zu sein, wenn außergewöhnliche Renditen locken.
Was ist eigentlich Volatilität?
Der Begriff Volatilität stammt vom Lateinischen „volare“ – „fliegen“. Sie wird in Prozent ausgedrückt und misst die Preisschwankungen in einer bestimmten Zeitperiode.
// 01. Historische und implizite Volatilität.
Grundsätzlich werden zwei Arten von Volatilität unterschieden: Die historische und die implizite Volatilität.
Die historische Volatilität gibt an, wie stark die Kurse in der Vergangenheit – zum Beispiel in den letzten 30 Tagen – tatsächlich geschwankt haben. Sie ist eine statistische Größe und entspricht der Standardabweichung einer vergangenen Kursreihe. In die historische Volatilität kann nicht investiert werden.
Die implizite Volatilität ist der wichtigste Faktor bei der Preisbildung von Optionen. Denn je stärker die Kurse schwanken, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Option – das Recht, Wertpapiere zu kaufen oder zu verkaufen – in der Zukunft werthaltig wird. Steigen nun die Optionspreise, weil die Nachfrage zunimmt und sich zum Beispiel in einem Kurs-Crash plötzlich viel mehr Marktteilnehmer gegen Verluste absichern wollen, hat sich ja an den anderen Preisbestimmungsfaktoren einer Option, wie Zins oder Laufzeit, nichts geändert. Nur die Volatilität, die „implizit“ in der Option enthalten ist, ist gestiegen. In diese implizite Volatilität kann über den Umweg Futures und Optionen investiert werden.
Interessant ist: „Wir haben festgestellt, dass die in einem Monat erwartete implizite Volatilität im Durchschnitt drei Prozentpunkte über der dann in einem Monat tatsächlich realisierten liegt. Das lässt sich gewinnbringend ausnutzen“, erklärt Matthias van Randenborgh.
// 02. Merkmale des Verlaufs der statistischen Größe Volatilität.
– Volatilität kann nie auf null fallen. Denn dann würde sich der Markt ja gar nicht mehr bewegen.
– Phasen niedriger Volatilität können sehr lange anhalten. Das sorgt dafür, dass die Kursverläufe der hier beschriebenen Fonds sehr attraktiv aussehen. Scheinbar sicher und stetig klettern die Notierungen aufwärts.
– In Stressphasen kommt es zu einem schnellen, sprunghaften Anstieg der Volatilität. Diese Phasen sind in der Grafik unten mit (1) markiert. Dabei kann die Volatilität in extremen Marktphasen auch sehr hoch steigen. Im Crash des Jahres 1987 kletterte die implizite Volatilität von Optionen auf den S&P 100 zum Beispiel bis auf über 140.
– Langfristig kehrt die Volatilität immer wieder zu ihrem Mittelwert (2) zurück. Nach einem schnellen Anstieg folgt deshalb in der Regel ein länger dauernder Rückgang (3). Diese Eigenschaft können Volatilitätsfonds nutzen. Ein Investment ist deshalb nach einem Anstieg der Volatilität und entsprechenden Kursverlusten der Fonds besonders interessant.
– Die Grafik unten zeigt die Volatilität VSTOXX des europäischen Aktienindex Euro Stoxx 50. Quelle: Bloomberg und risklab. Risklab ist ein Unternehmen von Allianz Global Investors.
Die Manager-Entdeckung – erstaunliche Ergebnisse.
Die Manager der etablierten Volatilitäts-Fonds konnten in den vergangenen Jahren Renditen zwischen drei und fünf Prozent per annum erzielen. Im Netzwerk von private wealth gibt es allerdings einen unbekannten Manager, der mit ähnlichem Risiko im Themenumfeld Volatilität in den vergangenen vier Jahren 56 Prozent erwirtschaftete – fast zwölf Prozent per annum bei einem maximalen Monatsverlust von etwa fünf Prozent. Kann das sein? Wie geht er vor? Was macht er anders?
„Ich bin seit 30 Jahren an der Börse aktiv“, erzählt der Norweger Leiv Aksel Botnen, der sich seine ersten Sporen 1987 als Aktienanalyst bei Trinkaus & Burkhardt verdient hat. 2006 beginnt er, sich für Optionen zu interessieren, „weil ich damals vermutet habe, dass die Aktienkurse nicht für immer steigen werden. Ich überlegte, wie sich auch in fallenden Märkten Geld verdienen lässt.“
Schnell fällt ihm auf, dass Optionen grundsätzlich überbewertet sind, weil offensichtlich eine hohe Nachfrage nach Versicherung in Form von „Puts“ oder „Calls“ besteht. Und dass die Richtung der Volatilität aufgrund der Mittelwertrückkehr manchmal leichter einzuschätzen ist als die Richtung der Aktienkurse. „Wenn die Volatilität bei 50 ist, weiß ich, dass sie in nicht allzu langer Zeit wieder bei 15 sein wird. Denn die Märkte werden sich beruhigen. Ist der DAX aber in dieser Phase von 11000 auf 7000 gefallen, weil sich die Wirtschaft in einer Rezession befindet, kann er lange bei 7000 bleiben. Der größte Teil des Anstiegs bei der Volatilität ist auf Psychologie gegründet. Anleger haben Angst. Diese Angst legt sich schneller, als sich die Wirtschaft wieder erholt.“
Botnen testet verschiedene Hypothesen und sieht, dass sich mit Anlagen rund um den Verkauf von Volatilität ein außergewöhnliches Verhältnis zwischen Chance und Risiko realisieren lässt. „Es gibt in der Regel vier Szenarien. Der Volatilitäts-Index kann über seinem Mittelwert oder darunter liegen. Und die implizite Volatilität kann sich über der realisierten bewegen – oder darunter. Ich stellte fest, dass es in jedem der vier Regimes unterschiedliche Strategien, um Volatilität zu verkaufen, besonders erfolgreich. Ich setze deshalb nicht nur auf einen Ansatz, sondern variiere diesen mit Blick auf die aktuelle Situation.“
Seit dem Jahr 2013 ist der Norweger mit dem bayerischen Vermögensverwalter DonauCapital Investment GmbH verbunden. Zu diesem Netzwerk gehört auch der Münchner Vermögensberater Konstantin Rosopulo. Der erkennt eine interessante Gelegenheit und vermittelt Kunden die Möglichkeit, bei der DonauCapital zu investieren. Mittlerweile verwalten die beiden für die DonauCapital nach diesem Ansatz rund sieben Millionen Euro.
private wealth Herr Botnen, wie steuern Sie das Risiko?
Leiv Botnen Durch den Einsatz von Optionen. Wenn der Volatilitätsindex ansteigt, weiß ja niemand, ob bei 30, 50 oder 80 Schluss ist. Wenn ich eine Kaufoption mit Basiswert 80 kaufe, dann definiert ein Anstieg auf 80 meinen maximalen Verlust. Gleichzeitig ist mit den Kunden vereinbart, dass wir einen maximalen Verlust von acht Prozent pro Monat akzeptieren. Danach würden die Positionen automatisch geschlossen und mit den Kunden besprochen, ob wir weitermachen. Das ist aber noch nie eingetreten.
pw Investieren Sie selbst auch in diese Idee?
LB Ich habe selbst rund ein Drittel meines Vermögens mit exakt derselben Strategie angelegt. Deshalb bin ich sehr daran interessiert, das Risiko im Griff zu behalten.
pw Wie sieht die Gebührenstruktur aus?
LB Ich verlange keine Managementgebühr, sondern eine Gewinnbeteiligung. Diese wird immer bezogen auf den Höchststand berechnet (High Watermark). Nur wenn unsere Investoren verdienen, verdiene ich auch.
pw Wie können interessierte Anleger heute noch investieren?
LB Da ich keinen Fonds manage, gibt es nur die Möglichkeit, mit einer Mindestanlagesumme von 250000 Dollar einen eigenen Managed Account einzurichten. Es handelt sich hierbei um eine Vermögensverwaltung auf einem individuellen Kundenkonto. Mehr Informationen stellt Ihnen Herr Rosopulo zur Verfügung (Mail:
Wie Volatilitätsfonds Geld verdienen.
Die aktuelle Volatilität kann nicht direkt gehandelt werden. Alle Fondsmanager, die in diesem Bereich aktiv sind, müssen deshalb den Umweg über Optionen oder Futures nehmen. Grundsätzlich verfolgen sie dabei zwei Ansätze: Sie verkaufen entweder Verkaufsoptionen oder versuchen, den Unterschied zwischen historischer und implizier Volatilität zu nutzen.
// Auf den Unterschied zwischen impliziter und realisierter Volatilität setzen.
Hintergrund der Strategie ist die Beobachtung, dass in mehr als 80 Prozent der Fälle die implizite Volatilität – bezogen auf einen Zeitpunkt in der Zukunft – über der dann realisierten Volatilität liegt. „Etwas Teures zu verkaufen und das Gleiche billiger zurückzukaufen bedeutet, systematisch Geld zu verdienen“, erklärt Matthias van Randenborgh. Diese Strategien verlieren nur Geld, wenn nach Turbulenzen am Kapitalmarkt die realisierte Volatilität über der verkauften impliziten Volatilität liegt.
Wie sich eine solche Strategie im Ernstfall entwickeln kann, zeigt Randenborgh in einer Rückrechnung für die Volatilitäten des Euro Stoxx 50 in der Finanzkrise des Jahres 2008 (www.rpcrest.com/rp-crest-academy). „Im September 2008 ging Lehmann pleite. Eine Kapitalmarktversicherung musste da Geld verlieren. Die implizite Volatilität wäre per Ende September bei einem Niveau von 21,8 verkauft worden. Tatsächlich stieg die realisierte Volatilität bis Ende September aber auf 45,2. Die Strategie hätte 4,4 Prozent an Wert verloren.“
Anfang Oktober hätte die implizite Volatilität zu 41,8 Prozent verkauft werden können. „Doch der Crash ging weiter. Die realisierte Volatilität stieg bis Monatsende auf 80,3. Der Ansatz hätte weitere 5,3 Prozent verloren. Für November wäre ein Verkauf zu 61 möglich gewesen. Realisiert wurden 60,3 – Ergebnis: plus 0,7 Prozent.
Dann begann die Beruhigungsphase. Die implizite Volatilität per Ende Dezember konnte zu 49,1 verkauft werden. Die realisierte betrug 44,5. Der Ansatz hätte 5,5 Prozent gebracht. Im Februar 2009 wären die Verluste aufgeholt worden.
In Wahrheit ist die Strategie natürlich komplexer, weil RP Crest an 20 Märkten gleichzeitig aktiv ist und versucht, Extremrisiken abzusichern. Doch die grundsätzliche Funktionsweise wird so sehr anschaulich erklärt.
// Verkaufsoptionen verkaufen.
Das klassische Versicherungsinstrument am Aktienmarkt ist die Verkaufsoption. Sie verbrieft das Recht, einen Vermögenswert – zum Beispiel einen Aktienindex – in einem bestimmten Zeitraum zu einem vorher definierten Preis zu verkaufen. Wer sich gegen einen Crash im DAX schützen möchte, kann eine Verkaufsoption mit dem Basispreis von 8000 Punkten und einem Jahr Laufzeit kaufen. Sie kostet Mitte Februar 83 Punkte. Fiele der DAX nun auf 5000 Punkte, würde der Optionsinhaber sein Recht nutzen und seinen DAX zu 8000 verkaufen. Sein Risiko wäre auf das Niveau von 7917 Punkte begrenzt.
Der Risikoversicherer verkauft diese Verkaufsoptionen. Er übernimmt das Risiko weiterer Kursverluste und kassiert dafür die Prämie in Höhe von 83 Euro. „Diese Modelle haben derzeit Hochkonjunktur. Sie sind im letzten Jahr besonders gut gelaufen, weil sich auch die Aktienmärkte positiv entwickelt haben und kein Versicherungsfall eingetreten ist. Das wird aber nicht immer so bleiben“, meint Tilo Marotz, Donner & Reuschel. Der Nachteil dieser Strategie: Die Kursentwicklung der Strategie verläuft ähnlich wie die des Aktienmarkts. Der Diversifikationsaspekt ist deshalb gering.
// Fondsauswahl.
Wer sich für Fonds interessiert, die Volatilität verkaufen, hat in Deutschland die Auswahl unter mehr als 20 Produkten. Tilo Marotz, Donner & Reuschel, erklärt, worauf zu achten ist:
// Zahlen-Check: „Der Vergleich von historischen Ergebnissen ist nur sinnvoll, wenn wirklich identische Strategien mit gleichem Risikoprofil analysiert werden. In der Realität sind die Strategien aber sehr unterschiedlich.“
// Strategie-Check: „Ist der Ansatz logisch und verständlich?“
// Risikomanagement-Check: „Der Fondsmanager muss erklären, wie er das Risiko im Griff behält: Was passiert konkret, falls die Volatilität in zwei Schritten auf 140 steigt? Ist dann noch genügend Kapital im Fonds vorhanden, um auf den erhöhten Niveaus agieren zu können? Nur wenn das gewährleistet ist, können die Verluste wieder aufgeholt werden. Und: Was passiert, wenn in der Verlustphase die Anleger in Massen ihre Anteile zurückgeben?“
// Check des Erholungspotenzials: „Wie stellt der Manager sicher, dass nach dem Kursverlust bei einem Volatilitäts-Anstieg die Erholung tatsächlich wie versprochen kommt?“
// System-Check: „Ist der Erfolg des Fonds systematisch wiederholbar? Nur wenn die Strategie genauen Regeln folgt, sind die Vergangenheitsdaten aussagekräftig, die häufig den Erfolg der Strategie dokumentieren sollen.“
// Kosten-Check: „Einige Fonds wurden früher als Offshore-Hedgefonds vertrieben und dann in einen UCITS-Mantel überführt. Der kostet. Sind diese Kosten in den vorgelegten Performanceausweisen enthalten? Was bekommt der Manager? Steht sein Anteil in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag des Kunden?“
// Diversifikations-Check: „Passt der Fonds ins Depot? Ist er eine echte Diversifikation?“
// Verlaufs-Check: „Investoren sollten in Abständen prüfen, ob der Fonds sich so entwickelt, wie es zu erwarten wäre. Springt die Volatilität nach oben, muss er zwingend Geld verlieren. Geht sie dann wieder zurück, muss er sich rasch erholen. Ist das nicht der Fall, wird die Strategie nicht konsequent umgesetzt. Das wäre ein Verkaufssignal.“
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Autor: Klaus Meitinger