China schafft die Wende.
„Chinas Führung geht die wirtschaftlichen Probleme an. Das zeigt sich inzwischen in den verbesserten Fundamentaldaten“, meint Yunpu Li von der Bethmann Bank. Chinesische Aktien bieten deshalb eine Chance.
Die mit China verknüpften Risiken sind weithin bekannt. Dazu zählen die hohe Verschuldung im Unternehmenssektor, die Blase an den Immobilienmärkten oder die immer wieder aufkeimende Sorge um die Stabilität der Wirtschaft. Bei einer genauen Analyse dieser Unsicherheitsfaktoren zeigt sich aber, dass sie entweder von der Regierung inzwischen adressiert werden oder für den Aktienmarkt gar keine so große Rolle spielen.
Lassen Sie mich mit der konjunkturellen Entwicklung beginnen. Zu Beginn dieses Jahres brach der Außenhandel massiv ein. Viele befürchteten einen regelrechten Absturz der chinesischen Wirtschaft. Doch davon ist nichts mehr zu sehen. Das Wachstum hat sich bei 6,7 Prozent stabilisiert und die Frühindikatoren signalisieren eine weitere Expansion der Wirtschaft.
Besonders interessant sind zwei Aspekte: Die Exporte sind in diesem Jahr tatsächlich zurückgegangen. Das Wachstum von 6,7 Prozent kommt also allein aus der Binnennachfrage. Für mich ist das ein klares Indiz dafür, dass der Umbau der chinesischen Wirtschaft langsam vorankommt.
Zum anderen sind die Erzeugerpreise im Oktober zum ersten Mal seit über vier Jahren gestiegen – und zwar um 1,2 Prozent. Das ist deshalb wichtig, weil vor allem in den Sektoren der Old Economy – Stahl, Bergbau, Zement – in den vergangenen Jahren Überkapazitäten vorhanden waren. Das hatte die Erzeugerpreise nach unten gedrückt. Seit Anfang 2015 aber ist die Regierung dabei, diese Überkapazitäten abzubauen. Nun stellen sich erste Erfolge ein.
Was ist mit der Verschuldung der Unternehmen? Auch die erscheint bei einer genauen Analyse nicht so gefährlich wie oft angenommen. Denn rund 80 bis 90 Prozent der Verschuldung betreffen allein die Sektoren der Old Economy. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Firmen aus der Pharmabranche, dem IT-Sektor oder dem Bereich der neuen Energien dieses Problem nicht haben.
Dazu kommt noch etwas: Gerade unter den Firmen der Old Economy befinden sich zahlreiche staatseigene Unternehmen. Dass die Regierung bestrebt ist, dort Überkapazitäten abzubauen, hilft diesen Konzernen jetzt. Sollte es trotzdem Schwierigkeiten geben, kommt es immer wieder – staatlich gelenkt – zu sogenannten Debt-Equity-Swaps, bei welchen Banken Kredite in Aktien dieser Unternehmen tauschen können. Das alles trägt zu einer Entspannung der Situation bei den SOEs bei.
Nicht leugnen kann ich allerdings, dass wir es im Immobiliensektor mit einer Blase zu tun haben. Die Regierung arbeitet mit verschiedenen Maßnahmen daran, die Luft langsam abzulassen. Bisher hat sie damit Erfolg: Seit Anfang Oktober ist das Handelsvolumen am Immobilienmarkt um 38 Prozent zurückgegangen. Wichtig ist dabei, dass dies den Aktienmarkt kaum trifft. Denn hier handelt es sich kaum um Neubautätigkeit, sondern um den Handel mit bereits erstellten Immobilien. Die Auswirkungen auf die Konjunktur halten sich in Grenzen.
Die wirtschaftlichen Risiken im Reich der Mitte sind also nicht so groß, wie viele meinen. Deshalb lohnt es sich, sich den Aktienmarkt des Landes genauer anzusehen. Nach zwei Jahren Rückgang beginnen die Firmengewinne wieder auf breiter Front zu steigen. Trotzdem hat sich zum Beispiel der Index Shanghai A Shares von der heftigen Kurskorrektur zu Jahresbeginn noch überhaupt nicht erholt. Derzeit ist er mit einem KGV von 13,6 und einer Dividendenrendite von rund zwei Prozent günstig bewertet.
Ein weiterer Pluspunkt: China öffnet seinen Kapitalmarkt immer weiter. Die Chancen stehen gut, dass der Indexanbieter MSCI im Frühjahr 2017 damit beginnen wird, Chinas Inlandsmarkt sukzessive zu berücksichtigen. Schritt für Schritt könnte dieser Markt dann in den MSCI Emerging Markets aufgenommen werden. Passive Fonds, die diesen Index abbilden, müssten dann kaufen.
Lassen Sie sich also von den Sorgen um die Verschuldung oder den Berichte um die Immobilienblase nicht auf die falsche Fährte locken. Das Wachstum in China hat heute eine höhere Qualität als früher, was es auch weniger anfällig gegen externe Einflüsse macht. Der günstig bewertete Aktienmarkt bietet aktuell mehr Chancen als Risiken.
Autorin: Yunpu Li, Bethmann Bank