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Jetzt erst recht.

Hochzinsbonds. Lange waren hochverzinste Unternehmensanleihen die Lieblinge renditehungriger Investoren. Zuletzt fielen die Kurse allerdings deutlich. Zeit, die Reißleine zu ziehen? „Vernünftiger ist es, antizyklisch zu handeln“, widerspricht Alan van der Kamp, Client-Portfolio-Manager von Robeco. Denn fallende Kurse bedeuten höhere Renditen. Der Profi sieht Chancen in diesem Segment – zumindest für den, der genau selektiert.

„Ich habe mich schon immer gern an den Leitsatz des Bankiers Carl Meyer Rothschild gehalten“, schmunzelt Alan van der Kamp: „Kaufen, wenn die Kanonen donnern, verkaufen, wenn die Violinen spielen.“

Seit einigen Monaten ist am Markt für Hochzinsanleihen zumindest in der Ferne Kanonendonner zu vernehmen. „Und das hat“, erklärt der Experte, „eindeutig mit dem Fall des Ölpreises zu tun.“

Das Problem: Die amerikanische Frack­ing-Industrie hat sich massiv am Kapitalmarkt verschuldet, um ihre Bohrungen zu finanzieren. Mehr als zehn Prozent des globalen und etwa 15 Prozent des US-Hochzinsmarkts entfallen heute auf Schuldner aus diesem Bereich. „Nach dem Fall des Ölpreises um rund 50 US-Dollar sind aber einige der Unternehmen nicht mehr profitabel. Sie haben es nun schwer, ihre Verpflichtungen gegenüber den Anleihegläubigern zu erfüllen.“ Mit WHP Energy musste dann auch im Januar 2015 das erste Fracking-Unternehmen aus den USA Konkurs anmelden, weil es seine ausstehenden Anleihen nicht mehr bedienen konnte.

Dass deshalb die Renditen in allen Bereichen des High-Yield-Markts gestiegen sind, interpretiert Jürgen Mehrbrei von der Unikat Vermögensverwaltung in Mannheim als Chance: „Der Hochzinsmarkt befindet sich in einer interessanten Phase. Traditionelle Anleiheinvestments werfen nicht mehr genug Rendite ab, weshalb höher rentierliche Anleihen immer mehr Interesse bei Investoren wecken.“ Den jüngsten Rücksetzer sieht er als Gelegenheit.

High-Yield-Bonds unterscheiden sich von klassischen Unternehmensanleihen vor allem in der Bonität der Schuldner. Weil diese Firmen über eine geringere Bonität verfügen, werden Investoren für das höhere Risiko durch einen Renditeaufschlag im Vergleich zu Papieren erstklassiger Schuldner entschädigt. „Und genau darauf kommt es an“, erläutert Alan van der Kamp, „die Anlageklasse ist nicht per se interessant oder uninteressant. Entscheidend ist, ob die Anleger für die Übernahme des höheren Risikos angemessen bezahlt werden.“

Die Fakten: Im Schnitt liegt die Rendite amerikanischer High-Yield-Bonds derzeit bei 6,3 Prozent. Die Renditedifferenz im Vergleich zu fünfjährigen US-Staatstiteln liegt nun bei knapp fünf Prozentpunkten. Das entspricht ziemlich dem Durchschnitt der vergangenen 100 Jahre. „Da wir uns in einer außergewöhnlichen Niedrigzinsphase befinden, in der Anleger ein überdurchschnittlich hohes Interesse an Papieren mit auskömmlicher Rendite haben, ist das aber ein interessantes Niveau“, urteilt van der Kamp: „Schließlich sind auch die Ausfallraten – Spiegelbild des Risikos – heute viel niedriger als im historischen Durchschnitt.“ Im Sommer 2014 sei der Zinsabstand zu US-Staatsanleihen deshalb schon bis auf 3,25 Prozentpunkte zusammengeschnurrt, in Europa sogar auf fast 2,5 Prozentpunkte. „Dagegen sehen fünf Prozent Renditeabstand heute wieder ziemlich interessant aus.“

„Hochverzinsliche Unternehmensanleihen sind schon seit einigen Jahren wichtiger Bestandteil in unserer unternehmerisch geprägten Anlagestrategie“, bestätigt Michael Gollits, Vorstand der von der Heydt & Co AG. Der Bereich habe sich von einem unreifen Markt zu einer liquiden und etablierten Anlageklasse entwickelt: „Er bietet neben den attraktiven laufenden und stabilen Erträgen aus den regelmäßigen Zinszahlungen auch die Chance auf Kursgewinne.“

Wer sich für ein Investment interessiere, müsse allerdings einige Dinge beachten: „Die Kurse sind in der Regel stärkeren Schwankungen ausgesetzt. Und wenn es schiefgeht, ist das investierte Kapital gefährdet“, erklärt van der Kamp: „Dieses Risiko lässt sich aber durch eine breite Streuung in verschiedene Papiere aus unterschiedlichen Ländern und Branchen reduzieren.“

„Dabei sollten Investoren sehr selektiv vorgehen“, ergänzt Jürgen Mehrbrei: „Einfach den Markt zu kaufen, kann wegen des hohen Anteils des Energiesektors an diesem Segment zu Enttäuschungen führen.“ Gerade im High-Yield-Sektor zeige sich, dass aktives Management mit einer fundierten Titelauswahl einen deutlichen Mehrwert erzielen könne. „Wir haben zum Beispiel herausgefunden, dass bestimmte Bonitätssegmente langfristig besser abschneiden als andere“, informiert van der Kamp: „Anleihen mit dem schlechtesten Rating zahlen zwar mehr Zins – aber in den seltensten Fällen hat es sich wirklich gelohnt, dieses Risiko einzugehen.“

Letzten Endes, so der Profi, müsse jedes einzelne Papier, jedes Unternehmen und jede Anleihebedingung genau unter die Lupe genommen werden. „Gerade in den vergangenen Jahren sind die Emittenten bei der Ausgestaltung der Anleihebedingungen sehr kreativ geworden. Da geht es um die Verwertung von Vermögenswerten im Insolvenzfall, um die Möglichkeit, Zinsen ausfallen zu lassen oder den Nominalwert der Anleihe herabzusetzen, falls die Firma Verluste macht. Manchmal ist auch das Recht, Anleihen im Stressfall in Aktien tauschen zu dürfen, fixiert. All das können nur Profis bewerten.“

Mittlerweile gibt es sehr viele interessante Bereiche, in denen Firmen High-Yield-Bonds emittiert haben. Michael Gollits hält zum Beispiel das Thema Infrastruktur für besonders interessant. „Die Sanierung und Erweiterung der notwendigen Grundlage für die erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung eines Landes ist durch die aktuelle Verschuldungssituation vieler Staaten erheblich begrenzt. Das ermöglicht privaten Geldgebern, sich direkt oder indirekt über Anleihen an attraktiven Investments zu beteiligen.“

Selbst im Energiesektor lassen sich interessante Anlagen finden. „Zwar birgt der Bereich nach wie vor hohe Risiken, vor allem wenn der Ölpreis noch längere Zeit auf dem derzeitigen Niveau verharrt. Aber es wurden auch Emittenten in Sippenhaft genommen, bei denen sich jetzt Einstiegschancen ergeben“, informiert van der Kamp. „Es gibt zum Beispiel interessante Anleihen von Unternehmen, die ein zwischen Gas und Öl gut ausbalanciertes Portfolio haben. Diese Firmen verfügen über starke Bilanzen, das Management ist konservativ, und wir erwarten keine aggressiven Übernahmeaktivitäten, die sich zukünftig negativ auf ihre Verschuldungssituation auswirken könnten.“

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Währungskomponente. 80 Prozent des weltweiten High-Yield-Universums liegen in den USA. Der Dollarkurs hat deshalb einen großen Einfluss auf die Wertentwicklung einer Anlage. „Investoren müssen sich daher überlegen, ob sie das Wechselkursrisiko absichern wollen – oder eben nicht.“

Ohnehin richtet sich der Fokus von Alan van der Kamp und seinen Kollegen momentan etwas stärker auf den europäischen Hochzinsmarkt. Schließlich wird derzeit darüber spekuliert, wann die US-Notenbank Fed die Zinsen erhöht. „Falls es zu einer aggressiven Erhöhung der Leitzinsen kommen sollte, hätte dies wahrscheinlich negative Auswirkungen auf den amerikanischen High-Yield-Markt“, überlegt der Experte. Dagegen dürften die von der Europäischen Zentralbank im Januar beschlossenen quantitativen Maßnahmen risikobehaftete Anlageklassen wie Aktien oder eben High-Yield-Bonds weiter anschieben.

„Für Euro-Anleger wird es deshalb wohl noch lange sehr schwierig bleiben, im Zinsbereich Rendite zu erwirtschaften“, folgert Alan van der Kamp: „Hochzinsanleihen können ein Teil der Lösung des Problems sein.“  ®

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