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  • Sonderveröffentlichung: Jens Heinen, Bethmann Bank AG

Und wenn sie aber kommt …?

Zinswende. Anleger fürchten einen Anstieg der Leitzinsen in den USA. Wird es dann nicht gefährlich an den Kapitalmärkten? „Nicht unbedingt“, widerspricht Bernhard Ebert, Leiter der Anlagestrategie der Bethmann Bank, „ich wäre eher besorgt, wenn die Zinswende ausbliebe.“

„Irgendwie passt das doch nicht zusammen“, überlegt Bernhard Ebert, Leiter der Anlagestrategie bei der Bethmann Bank: „Wir erwarten, dass die US-Wirtschaft 2015 um 3,8 Prozent wachsen wird. Das ist ordentlich. Und die Inflationsrate erwarten wir 2015 bei 1,6 Prozent. Das ist auch im üblichen Rahmen. Nur dass die Leitzinsen dann noch immer bei null liegen sollen – das wäre nicht normal.“

Früher, vor der Finanzkrise, hätten die US-Leitzinsen in einem derartigen Konjunkturumfeld zwischen drei und vier Prozent gelegen. „Und dort“, meint Ebert, „sollten sie auch wieder hingehen. Denn die USA kehren nun langsam aus dem Krisenmodus in Richtung Normalität zurück. Die erste Zinserhöhung ist deshalb nur eine Frage der Zeit.“

Für die Anleger an den Kapitalmärkten, die ganz offensichtlich bis heute von der Geldflut aus den Notenbanken profitiert haben, ist das ein Grund zur Sorge. Was passiert, wenn diese Unterstützung wegfällt? Steigen dann die Anleiherenditen? Gehen die Kurs-Gewinn-Verhältnisse am Aktienmarkt zurück? Fallen also Anleihe- und Aktienkurse gemeinsam? „Die Ängste sind verständlich“, erklärt Ebert: „Sie sind aber unbegründet.“

Nach Eberts Verständnis beginnt die Zinswende, wenn die US-Notenbank FED zum ersten Mal ihre Leitzinsen erhöht. Im weiteren Verlauf würden dann noch sehr viele Schritte nach oben folgen. Wie dies konkret ablaufen könnte, zeigen die Erwartungen der Mitglieder des Federal Open Market Committee – des Entscheidungsgremiums der FED –, die nach jeder Sitzung veröffentlicht werden.

Aktuell rechnet die Mehrzahl der US-Notenbanker selbst bis Ende 2015 mit einem Zinsanstieg in den Bereich zwischen einem und zwei Prozent. 2016 soll der Korridor dann zwischen zwei und drei Prozent liegen, bevor sich die Zinssätze 2017 und 2018 in der Region um vier Prozent einpendeln. „Das wäre ein typischer Ablauf“, meint Ebert.

Noch gilt dieser Pfad vielen Investoren allerdings nicht als ausgemachte Sache. Sie setzen darauf, dass die US-Wirtschaft noch viel länger der Unterstützung durch die Notenbank bedarf.

„Sie irren sich“, meint Ebert, „der wichtigste Faktor bei der Einschätzung der US-Notenbankpolitik ist der Arbeitsmarkt. Mit einer aktuellen Arbeitslosenquote von 5,8 Prozent und wieder steigenden Erwerbsquote bewegt sich der amerikanische Arbeitsmarkt langsam in die Nähe dessen, was als Vollbeschäftigung bezeichnet werden könnte.“ Die FED habe trotzdem die Zinsen niedrig gehalten, weil die sogenannte Erwerbsquote derzeit viel niedriger liegt als in der Vergangenheit. „Viele US-Bürger melden sich offenbar nicht mehr arbeitslos, weil sie entmutigt sind.“ Die Notenbank habe lange darauf gewartet, dass diese Personen an den Arbeitsmarkt zurückkommen. Aber bislang sei das nicht passiert. „Ändert sich daran nichts, würden sich die Löhne weiter nur verhalten entwickeln. Dies könnte die FED zu weiterem Handeln bewegen.“

Mitte 2015, meint der Experte, sei es so weit. Allenfalls eine weitere, deutliche Aufwertung des US-Dollar würde den Startzeitpunkt nach hinten schieben. „Schließlich entspricht eine Aufwertung um zehn Prozent in ihrer ökonomischen Wirkung etwa einer Zinsanhebung um einen Prozentpunkt. In diesem Fall würde der stärkere Dollar zunächst einen Teil der Arbeit machen. Aber aufgeschoben wäre nicht aufgehoben.“

Die wichtigste Frage für Anleger mit Blick auf das Jahr 2015 laute deshalb: Was bedeutet die Zinswende konkret für die einzelnen Anlageklassen?

„Wir haben die vergangenen vier Zinswenden der letzten 25 Jahre genau unter die Lupe genommen“, informiert Ebert: „Das Ergebnis war verblüffend. Unter allen vier untersuchten Zeiträumen war keiner, in dem der Aktienmarkt per saldo im gesamten Zinsaufwärtstrend verloren hat. Meistens haben die Aktienkurse sogar deutlich zugelegt.“

Das sei, meint Ebert, eigentlich ja auch logisch. Schließlich bedeute eine Zinswende gleichzeitig: Die Wirtschaft verbessert sich, Umsätze und Gewinne von Unternehmen steigen. „Und das ist eindeutig positiv für Aktien.“

Die Anleihemärkte dagegen habe es in jeder dieser Phasen kalt erwischt. „Auch da gab es ein klares Muster. Die Anleihekurse fielen, die Renditen stiegen. Und zwar umso mehr, je länger die Laufzeiten der Papiere waren.“

Diesmal sei die Ausgangslage für Investoren am Bondmarkt sogar besonders prekär. In früheren Zyklen wiesen Zinspapiere schließlich noch hohe Kupons auf. Wer vier Prozent Zins bekam, konnte damit bis zu vier Prozent Kursverlust ausgleichen. Insgesamt blieb das Depot noch im positiven Bereich.

Heute, bei Kupons zwischen null und eins, gibt es diesen Puffer nicht mehr. Fallen nun die Kurse, rutschen die Anleihedepots sehr schnell ins Minus. „Nach so vielen guten Anleihejahren besteht 2015 die Gefahr von Kursverlusten in diesem Bereich“, meint Ebert.

Dies sei auch nicht auf die USA begrenzt. „Denn auch wenn der Impuls aus den USA kommt, dürfte sich Europa nicht völlig abkoppeln können.“ Was es genau bedeuten würde, sollten die Renditen von Bundesanleihen mit zehn Jahren Restlaufzeit nur von aktuell 0,9 auf 1,5 Prozent steigen, hat der Experte berechnet. „Dann fallen die Kurse um fast sechs Prozentpunkte. Die Verluste wären also schon erheblich.“

Eine derartige Bewegung, meint Ebert, könne unter Umständen auch schnell geschehen. „Heute spricht doch noch jeder von Abschwung und Deflation in Europa. In einem halben Jahr werden wir vielleicht sagen: Wow, wir haben ja tatsächlich auch in Europa die Kurve bei der Konjunktur bekommen und die    > Inflationsraten ziehen leicht an.“ Eberts Fazit: „Die Zeit, in der Zinspapiere gekauft und bis zur Fälligkeit liegen gelassen werden, ist definitiv vorbei.“

In der Vermögensverwaltung plant die Bethmann Bank deshalb heute schon, die Depots langsam auf die Zinswende vorzubereiten. „Neben der Grundidee, ein Depot aus Papieren mit unterschiedlichen Restlaufzeiten aufzubauen, sind dies viele kleine Schritte“, erläutert Ebert. Einer davon sei zum Beispiel die langsame Reduzierung von Restlaufzeiten (Durationssteuerung). Ein zweiter Schritt könnten Investitionen in sogenannte ‚Floater‘ sein, in Anleihen mit variabler Verzinsung, sein, die an einen Referenzzinssatz wie dem Euribor gekoppelt sind. Eine Zinserhöhung seitens der Zentralbank würde sich durch eine Änderung des Referenzzinssatzes auch auf diese Papiere positiv auswirken. Ein dritter Schritt sind Investitionen in inflationsgeschützte Anleihen.

Am wichtigsten sei es aber, den Depots insgesamt einen höheren Prozentsatz Aktien beizumischen. „Früher haben wir die Portfolios durch einen größeren Anteil von Anleihen robuster gemacht. Künftig werden es die Aktien sein, die ein Depot stabilisieren.“ Denn im Vergleich zu anderen Zinswendephasen hätte die FED auch gelernt. „1994 gab es zum Beispiel nur eine kurze Pressenotiz: ,Wir werden die Zinsen erhöhen.‘ Das hat dann zu erheblicher Unsicherheit an den Aktienmärkten geführt.“ 2004 dagegen sei die Politik schon viel besser kommuniziert worden. Entsprechend blieben Turbulenzen damals aus. „Sie sehen, wir haben keine Angst vor der Zinswende. Im Gegenteil: Die Maßnahmen der Notenbanken waren notwendig und haben das Finanzsystem stabilisiert. Aber diese Geldpolitik hat eben auch eine ganze Menge an Risiken und Nebenwirkungen. Es ist gut, wenn sich die Situation normalisiert.“

So habe der Zins zuletzt seine Funktion als Gradmesser der Risikoeinschätzung immer mehr verloren. Damit nehme die Gefahr von Fehlanreizen zu. „Bei einem Zins von null gehen die Marktteilnehmer generell zu viel Risiko ein. Es werden Projekte finanziert, die vielleicht dauerhaft nicht rentabel sind. Und es kommt zu nicht beabsichtigten Verteilungseffekten.“ So hat zum Beispiel die Bank von England analysiert, dass 40 Prozent des Vermögenszuwachses aufgrund der geldpolitischen Lockerung in Großbritannien den reichsten fünf Prozent des Landes zugute kamen.

Außerdem bedeuten derart niedrige Zinsen eine Umverteilung vom Kreditgeber zum Kreditnehmer. „Per saldo profitiert der Staat und die Bürger verlieren. Das ist besonders ärgerlich, weil die Politiker nun die nötigen Reformen verschieben können. Schon jetzt zeigt sich, dass die Verschuldung in Europa weiter steigt und die strukturellen Probleme kaum mehr adressiert werden.“

„Die Null-Zins-Politik“, folgert Bernhard Ebert, „ist nötig gewesen, um nach der Finanzkrise eine Weltwirtschaftskrise zu vermeiden. Das ist gelungen. Nun erwarten wir den ersten Zinsschritt der FED Mitte 2015. Er unterstreicht, dass die globale Wirtschaft wieder etwas gesünder ist. Für Anleger ist dies doch eine sehr gute Nachricht.“ ®

Sonderveröffentlichung:

Bethmann Bank AG

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Jens Heinen; T.: +49.(0)69.21 77 32 33

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