Kaufsignal vom Börsenindikator.
Ein guter Bekannter hat einmal gesagt: Die langfristigen Aussichten eines Investments sind umso besser, je schlechter es sich im Moment des Kaufes anfühlt.
Voila. Here we are. Es fühlt sich tatsächlich sehr schlecht an, gerade in diesem Moment stärker in deutsche Aktien zu investieren. Der „kranke Mann Europas“ ist in der Rezession, der DAX tendiert seit Wochen nach unten und vor allem die Aktien kleinerer und mittelgroßer Unternehmen haben massiv an Wert verloren.
Trotzdem gibt der private-wealth-Börsenindikator ein erstes Kaufsignal.
Sie wissen: Ziel des Börsenindikators ist es nicht, Wendepunkte an den Börsen exakt zu identifizieren. Er soll vielmehr helfen, Phasen zu erkennen, an denen es langfristig überdurchschnittlich aussichtsreich ist, in Aktien zu investieren.
Konkret ist dies immer dann der Fall, wenn der Aktienmarkt im Vergleich zu seiner Historie günstig bewertet ist. Und wenn sich gleichzeitig die Konjunktur nach einer langen Durststrecke wieder verbessert.
Der Grundgedanke: In einem Wirtschaftsabschwung oder in einer Rezession gehen die Unternehmensergebnisse zurück. Entsprechend fallen die Aktienkurse. Gemessen an dem durchschnittlichen Ertragspotenzial über einen Konjunkturzyklus hinweg, sind Gewinne und Aktienkurse nun niedrig. Dies wird aber ignoriert, weil sich Anleger nur schwer vorstellen können, dass mittelfristig eine Rückkehr zu alter Ertragsstärke wahrscheinlich ist.
Kommt es dann zu einer Wende in der Konjunktur, stabilisieren sich zunächst die Meldungen aus den Chefetagen. Danach verbessern sich sukzessive die Perspektiven. Die Gewinnprognosen gehen wieder nach oben – und es beginnt ein neuer Aufschwung an den Börsen.
Deshalb orientiert sich der Vorschlag des private-wealth-Börsenindikators für den strategischen Korridor der Aktienquote sowohl an einem bewährten Konjunkturfrühindikator als auch an der Berechnung des fairen Wertes des deutschen Aktienmarktes.
Für den deutschen Aktienmarkt haben sich in der Vergangenheit die Umfragen des Münchner ifo-Instituts zu den Geschäftserwartungen in der Industrie als treffender Indikator erwiesen. Es gilt: Verbessern sich die Geschäftserwartungen nach einem anhaltenden Rückgang drei Mal hintereinander, schaltet die Konjunkturkomponente des private-wealth-Börsenindikators von „Rot“ auf „Grün“. Denn mit einem derartigen Ereignis begann in der Vergangenheit auf der ifo-Konjunkturuhr (Grafik unten) oft der lange Weg vom Krisen-Quadranten über den Aufschwungs- in den Boom-Quadranten. Für Aktienanleger war dies immer eine sehr lukrative Reise.
Die ifo-Umfrage zum Geschäftsklima im Monats Oktober macht deshalb Mut. „Die Unternehmen zeigten sich etwas zufriedener mit den laufenden Geschäften. Die Manager waren zudem weniger pessimistisch für die kommenden Monat“, schreiben die Münchner Konjunkturforscher und folgern: „Die deutsche Wirtschaft sieht einen Silberstreif am Horizont.“
Ist das schon die Trendwende? Wir haben uns die Zeitreihe zu den Geschäftserwartungen in der Industrie genauer angeschaut. Bei der monatlichen Umfrage des ifo-Instituts haben die Teilnehmer die Wahl zwischen drei Antwortmöglichkeiten: Sie erwarten, dass ihre Geschäfte auf Sicht von sechs Monaten entweder „günstiger“, „gleichbleibend“ oder „ungünstiger“ ausfallen werden. Der Saldowert der vom ifo-Institut publizierten Geschäftserwartungen ergibt sich aus der Differenz der Prozentanteile der Antworten „günstiger“ und „ungünstiger“.
Aktuell liegt dieser Index bei Minus 26,5. Die große Mehrzahl der Befragten erwartet also immer noch eine ungünstigere Entwicklung ihrer Geschäfte auf Sicht von sechs Monaten. Doch der Trend geht in die richtige Richtung. Mit den Daten für den Monat Oktober korrigierte das ifo-Institut auch die Ergebnisse der letzten Monate leicht. Die Datenreihe liest sich nun – revidiert – wie folgt: Kontinuierlicher Rückgang von April bis Juli 2023 auf ein Niveau von Minus 29,6. Im August verharrte der Index dann bei Minus 29,6 Punkten und stieg schließlich im September leicht auf 29,5 Punkte. Wir vermuteten an dieser Stelle schon vor einem Monat: „Es würde uns nicht überraschen, wenn die nächste Bewegung bei den Erwartungen aufwärtsgerichtet wäre“. Und wir folgerten: „Ein deutlicher Anstieg der Geschäftserwartungen im Oktober wäre aus unserer Sicht ein starkes, positives Signal und würde es unter Umständen rechtfertigen, die defensive Positionierung des private-wealth-Börsenindikators zumindest etwas zu lockern.“
Genau diese Entwicklung ist nun eingetreten. Die Geschäftserwartungen in der Industrie verbesserten sich im Oktober deutlich von Minus 29,5 auf Minus 26,5 Punkte.
Auch die Stimmung in der deutschen Exportindustrie hat sich zuletzt leicht aufgehellt. Die vom ifo-Institut abgefragten Exporterwartungen sind ebenfalls nicht mehr ganz so negativ. Der relevante Index verbesserte sich im Oktober von Minus 10,8 auf Minus 6,9 Punkte. Das macht gleichfalls Hoffnung, dass das Schlimmste in der deutschen Industrie bald hinter uns liegen könnte.
Für ein lupenreines konjunkturelles Kaufsignal fehlt zwar ganz genau genommen noch der dritte Anstieg bei den Geschäftserwartungen. Bislang verzeichnen wir ja eine Seitwärtsbewegung und zwei Verbesserungen. Trotzdem ist es aus unserer Sicht gerechtfertigt, schon heute bei der Aktienanlage etwas offensiver zu werden. Denn auch das zweite Bein des Börsenindikators – die Relation zwischen der aktuellen Bewertung des Aktienmarktes und seinem mittelfristig „fairen Wert“ – hat sich zuletzt deutlich verbessert.
Nach den Kursverlusten der letzten Wochen notiert der DAX nur noch bei etwa 85 Prozent seines fairen Wertes. Besonders bemerkenswert ist die Entwicklung im Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen. Als der MDAX im August 2021 seinen Höchststand von mehr als 36000 Punkten erreichte, war das Börsenbarometer für mittelgroße Aktien relativ zu seinem fairen Wert um mehr als 50 Prozent zu teuer. Heute notiert der MDAX wieder unter seinem fairen Wert. Ja kleiner die Werte, desto ausgeprägter ist diese Entwicklung.
Das zweite Bein des private wealth-Börsenindikators – die Fair-Value-Betrachtung –rechtfertigt deshalb ebenfalls eine höhere Aktienquote. Sollte sich das fundamentale Kaufsignal der ifo-Geschäftserwartungen im kommenden Monat bestätigen, würde der strategische Korridor für den individuell vorgesehene Aktienanteil von aktuell 45 bis 75 auf 75 bis 115 Prozent erhöht.
Innerhalb dieser Bandbreite bestimmen die Ergebnisse des Kapitalmarktseismografen über die genaue Positionierung.
Zur Erinnerung: Der, von der TU München entwickelte Seismograf kombiniert verschiedene Variablen – Konjunkturfrühindikatoren, Zinsentwicklungen oder auch die Kursschwankungen an den Aktienmärkten.
Daraus werden die Wahrscheinlichkeiten für drei Marktzuständen im nächsten Monat destilliert. Grün steht für die Erwartung eines ruhigen, positiven Marktes. Dominiert Grün, sollten Anleger in Aktien investieren. Gelb bezeichnet die Wahrscheinlichkeit für einen turbulent-positiven Markt – Investieren, aber mit Augenmaß. Und Rot zeigt die Wahrscheinlichkeit für einen turbulent-negativen Markt. Dann ist Abstinenz bei Aktienanlagen angesagt.
Seit geraumer Zeit ist die Wahrscheinlichkeitslandschaft des Seismografen sehr positiv. Die Wahrscheinlichkeiten für einen positiven, ruhigen Markt und für einen positiv-turbulenten Markt halten sich in etwa die Waage und kommen insgesamt auf Werte deutlich oberhalb von 90 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit für negative Turbulenzen bleibt gering. Konsequent hält der Seismograf eine Vollinvestition für angezeigt.
Das Fazit:
Alle drei Bestandteile des private-wealth-Börsenindikators sehen nun vielversprechend aus. Die Konjunkturentwicklung in Deutschland und die aktuelle Marktbewertung des DAX relativ zu seinem fairen Wert haben sich im letzten Monat deutlich verbessert. Sollte sich das fundamentale Kaufsignal im nächsten Monat bestätigen, würde der strategische Korridor für den Aktienanteil Ende November von aktuell 45 bis 75 auf 75 bis 115 Prozent erhöht.
Aufgrund der positiven Entwicklung der Geschäftserwartungen halten wir es für angebracht, den strategischen Korridor für die Aktienquote zunächst in einem ersten Schritt auf Werte zwischen 60 und 100 Prozent nach oben zu verschieben.
Angesichts der vom Kapitalmarktseismografen vorgeschlagenen Vollinvestitionsquote erhöht sich die konkret vom Börsenindikator vorgeschlagene Aktienquote deshalb auf 100 Prozent des individuell vorgesehenen Aktienanteils.
Das bedeutet konkret: Wer aufgrund seiner individuellen Präferenzen in der Strategischen Aufteilung der Vermögenswerte eine Aktienquote von 50 Prozent als optimal erachtet, sollte diese Quote nun vollständig ausgeschöpft werden (100 Prozent von 50 Prozent).
Der private-wealth-Börsenindikator gibt damit die defensive Positionierung der letzten Monate auf und ist nun in Aktien neutral gewichtet. Die bisher vorgehaltene Cash-Position wird investiert. Dabei ist es besonders lohnenswert, sich intensiv mit Small-Cap-Aktien zu beschäftigen.
Sollte sich das fundamentale Kaufsignal der ifo-Geschäftserwartungen Ende November bestätigen und der Seismograf auch dann noch positive Werte liefern, stünde als nächster Schritt eine Übergewichtung von Aktien an.
Herzlichst,
Ihr
Klaus Meitinger
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