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  • Klaus Meitinger

Weiterentwicklung des private-wealth Börsenindikators.

(Geschätzte Lesezeit: 3 - 6 Minuten)

ifo index Jan2021Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

laut ifo-Konjunkturuhr bewegt sich die deutsche Wirtschaft wieder Richtung Rezessionssektor (Grafik 1 unten). Da ifo-Geschäftsklima ist im Januar wieder gefallen, auch die Geschäftserwartungen in der Industrie gingen nach einer Erholung im Dezember wieder zurück. Die ifo Konjunkturampel sprang dadurch wieder auf „Rot“ (Grafik 2). Angesichts des neuerlichen Lockdowns ist dies allerdings auch keine Überraschung

Für den private-wealth-Börsenindikator ist das (noch) kein Beinbruch. Erst ein dreimaliger Rückgang wäre gleichbedeutend mit einem Verkaufsignal.

Wichtig ist: Eine anhaltend negative Entwicklung hätte derzeit niemand auf der Rechnung. Wir haben in den vergangenen beiden Wochen sehr viele Online-Konferenzen besucht, in denen die Banken ihren Jahresausblick 2021 präsentierten. Eine Zusammenfassung werden wir Ihnen in den kommenden Tagen präsentieren. Vorab: Selten schien uns der Konsens so eindeutig wie in diesem Jahr. Alle Strategen gehen fest von einem Konjunkturboom ab dem zweiten Quartal 2021, spätestens ab dem zweiten Halbjahr 2021 aus. Die Argumente dafür sind überzeugend: Die Impfungen vertreiben das Covid-Gespenst. Da in den vergangenen Monaten extrem viel gespart wurde, drängt dieses Geld in den Konsum, sobald sich die Infektionslage entspannt. Die Unterstützung durch die Fiskalpolitik bleibt gewaltig und schiebt das Wachstum weiter an. Zu guter Letzt springt dann auch der Investitionsmotor an.

Das Problem: Da offenbar alle Marktteilnehmer von diesem positiven Bild ausgehen, sorgen schon leichte Zweifel daran für Korrekturbedarf an den Kapitalmärken. Die massiven Schwankungen der letzten Tage unterstreichen dies nachdrücklich.

Wir verfolgen deshalb nicht nur, die Meldungen über Impfungen, Mutanten und Konjunkturerwartungen penibel. Sondern beobachten auch ganz genau die Entwicklung des Kapitalseismografen.

Wie Sie wissen, schätzt der Seismograf regelmäßig die Wahrscheinlichkeit dreier Marktzustände im kommenden Monat. Dabei bedeutet "grün", dass ein ruhiger Markt mit positivem Trend erwartet wird. Anleger können beruhigt investieren. "Gelb" weist auf einen turbulenten Markt mit positiver Erwartung hin – Investieren ist in Ordnung, aber man sollte sich auf volatile Zeiten einstellen. Und "Rot" signalisiert einen turbulenten Markt mit negativer Erwartung. Der Ratschlag lautet dann: Nicht Investieren.

ifo Ampel Jan2021Seit Ende April 2020 dominiert die Wahrscheinlichkeit für einen positiv turbulenten Markt (Gelb) ganz klar das Geschehen. Der Ansatz hatte daraus eine deutliche Empfehlung zur Übergewichtung von Aktien abgeleitet und hielt diese offensive Positionierung auch seither durch. Bis Anfang dieser Woche stieg nun die grüne Wahrscheinlichkeit für ruhige, steigende Märkte zu Lasten von „Gelb“ wieder über 30 Prozent an. Die Wahrscheinlichkeit für negative Turbulenzen war unbedeutend gering. „Die Empfehlung des Modells lautet deshalb aktuell: Deutliche Übergewichtung,“ informiert Oliver Schlick, der als Geschäftsführer der Secaro GmbH die Verknüpfung der Wahrscheinlichkeiten mit Investitionsempfehlungen vornimmt.  

Es wird nun interessant sein, zu sehen, wie der Seismograf auf die aktuellen Marktschwankungen reagiert. Wir werden voraussichtlich am Dienstag darüber berichten.

Fazit:

Da der Ifo-Konjunkturindikator noch nicht negativ ist, die Bewertung an den Aktienmärkten aber mittlerweile sehr ambitioniert ausfällt, liegt der Korridor der vom private-wealth-Börsenindikator angeratenen Aktienquote weiter zwischen 60 und 90 Prozent des für Aktienanlagen vorgesehenen Kapitals. Weil der Seismograf eine Übergewichtung ratsam erscheinen lässt, setzt der private-wealth-Börsenindikator die Aktienquote weiterhin auf 80 Prozent.

Wir hatten an dieser Stelle vor einem Monat darauf hingewiesen, dass einer noch höheren Aktienquote derzeit nur die Bewertung der Märkte im Wege steht. Der faire Wert des DAX liegt unserer Schätzung nach bei rund 12500 Punkten. Der DAX ist danach zwar nur moderat überbewertet, die kleineren Aktiensegmente (MDAX, SDAX) sind allerdings deutlich überbewertet. In dieser Konstellation sieht das Modell maximal eine Aktienquote von 90 Prozent des für Aktienanlagen vorgesehenen Kapitals vor.

Für Sie als Investor ist dabei wichtig: Die Berechnung des fairen Wertes des DAX basiert auf Datenmaterial seit dem Jahr 1954 und unterstellt unter anderem eine mittelfristige Rückkehr der Wachstumsraten bei den Firmenerträgen und der Zinsen zu ihren langfristigen Durchschnittswerten.

Unter dieser Prämisse spielen Zinsänderungen bei der Berechnung des fairen Wertes kaum eine Rolle. Der Grund: In Zeiten niedrigen Wachstums sind die Zinsen zwar niedrig, die Wachstumsraten in der Wirtschaft und bei den Firmen im Schnitt aber auch. In Zeiten hohen Wachstums steigen zwar die Zinsen, gleichzeitig wachsen aber auch die Gewinne schneller. Das Verhältnis zwischen Gewinnwachstumsrate und Zins bleibt also in etwa gleich und am langfristigen fairen Wert des Aktienmarktes ändert sich wenig. 

Was, wenn diese Annahme künftig nicht mehr gilt?

Heute haben die Notenbanken die Marktkräfte im Zinsbereich weitgehend außer Kraft gesetzt. Angesichts der weltweit hohen und künftig weiter steigenden Staatsverschuldung gehen viele Experten davon aus, dass die „Null-Zins-Ära“ noch sehr lange anhalten muss – und zwar weitgehend unabhängig von Konjunktur und Preissteigerungsrate (lesen Sie dazu bitte die Berichterstattung über die Lerbacher Runde in der aktuellen Ausgabe).

Das wäre ein völlig neues Regime. Denn dann bestünde die Möglichkeit, dass im nächsten Jahrzehnt zwar die Firmengewinne wieder mit durchschnittlichen Raten steigen, die Leitzinsen aber trotzdem in der Nähe von Null bleiben.

In diesem Fall verändert sich das Verhältnis beider Faktoren und Aktienanlagen müssten völlig neu bewertet werden. Wäre zum Beispiel davon auszugehen, dass die „Null-Zins-Ära“ noch zehn Jahre anhält und die Erträge trotzdem im Trend der letzten Jahre steigen, würde sich der faire Wert des DAX in unserem Modell um 30 bis 40 Prozent erhöhen. Der deutsche Leitindex wäre dann deutlich unterbewertet, die kleineren Indices nur noch moderat überbewertet.

Per Saldo würde der private-wealth-Börsenindikator in diesem Fall zu einer Aktienquote im Korridor zwischen 90 und 120 Prozent des für Aktienanlagen vorgesehenen Kapitals raten. Und da der Seismograf eine Übergewichtung für sinnvoll erachtet, läge die Aktienquote des Börsenindikators bei 110 Prozent.

Wir wissen natürlich, dass der teuerste Satz am Kapitalmarkt lautet: Dieses Mal ist alles anders. Deshalb zögern wir auch, den private-wealth-Börsenindikator ausschließlich auf dieses neue Regime hin zu kalibrieren. Wir stellen aber fest, dass sich diese zinslose neue Welt immer stärker in den Köpfen der Marktteilnehmer zu etablieren scheint. Wir werden Ihnen deshalb ab diesem Monat zwei Allokationsvorschläge des Börsenindikators für unterschiedliche Regime präsentieren. 

Wer an die „alte“ Welt glaubt, bleibt weiter bei einer aktuellen Quote von 90 Prozent. Für alle, die davon überzeugt sind, dass die „Null-Zins-Ära“ der großen Notenbanken noch zehn Jahre anhält, legt das Modell eine Aktienquote von 110 Prozent nahe.

Ihr

Klaus Meitinger

Hinweis: Trotz sorgfältiger Auswahl der Quellen kann für die Richtigkeit des Inhalts keine Haftung übernommen werden. Die in private wealth gemachten Angaben dienen der Unterrichtung und sind keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren.

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