"Das ist ein Kobalt-Hype."

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„Die Preise für Kobalt und Lithium sind derzeit deutlich überzogen. Viele Anbieter wollen mit der E-Auto-Story einen schnellen Euro machen“, warnt Christoph Eibl, Tiberius Asset Management: „Lassen Sie sich nicht verführen.“

Eines muss ich vorwegschicken. Ich bin davon überzeugt, dass wir bei strategischen Metallen, die wichtig für einen neuen Energiemix sind, langfristig höhere Preise sehen werden. Wenn Sie also fünf bis zehn Jahre Zeit haben, kaufen Sie ruhig Kobalt oder Lithium. Lieferung Rotterdam. Lagerschein ausstellen lassen. Fertig. Dann werden Sie bestimmt Gewinn machen. Irgendwann.

 Wollen Sie nicht so lange warten und sind Ihnen zwischenzeitliche massive Preiseinbrüche auch nicht egal, sollten Sie besser abwarten. Denn das, was wir heute bei Lithium und Kobalt sehen, ist ein klassischer Hype, wie er immer wieder im Rohstoffbereich vorkommt.

Ich habe schon so viel gesehen. Erinnern Sie sich noch an das Thema Katalysator und den Palladium-Boom des Jahres 2000? Chinas unstillbaren Kupfer-Hunger? Die Jagd nach den „letzten“ Seltenen Erden für die Hightech-Indus­trie? Und jetzt eben Kobalt, Lithium und das E-Auto.

Die Geschichte scheint so einfach. Doch wie immer, wenn etwas zu schön ist, um wahr zu sein, ist es nicht wahr.

Um einordnen zu können, in welcher Phase sich einzelne Rohstoffmärkte gerade befinden, nutze ich ein paar einfache Indikatoren. Ich zähle zum Beispiel die Junior-Explorationsgesellschaften. In den letzten zwölf Monaten sind mindestens 20 neue Kobalt- und Lithium-Explorationsgesellschaften auf den Markt gekommen. Andere haben ihren Fokus einfach von Gold und Kupfer auf Lithium und Kobalt verändert. Diese spekulativen Penny Stocks erwerben für 100000 Dollar ein kleines Lithium- oder Kobalt-Explorationsvorkommen am Ende der Welt. Das wird zwar nie entwickelt, aber plötzlich sind sie ein Lithium-Player. Sie können nun Kurven präsentieren, die von links unten nach rechts oben gehen, und damit Investoren anlocken. Wir nennen diese Firmen „Flights by Night“, weil sie so schnell wieder verschwinden, wie sie nachts am Himmel zu sehen sind. Sie tauchen immer gehäuft auf, wenn sich irgendwo eine Blase ausbildet.

Gleichzeitig gibt es dann meist ein paar neue Fonds, die Rohstoffe physisch kaufen und kurzfristig eine Knappheit organisieren. Auch dieses Phänomen sehen wir heute. Wurde nicht eben mit Cobalt 27 eine Firma gegründet, die zwei Prozent der Kobalt-Jahresproduktion erwarb?

Lassen Sie sich nicht täuschen. Im Endeffekt wird das Spiel von den großen Händlern wie Glencore und Co. beherrscht, die wirklich Minen besitzen. Wir sind selbst Minen-Betreiber und verstehen etwas von der Rohstoffproduktion. Es gibt viele überirdische Vorräte – die Frage ist nur, zu welchem Preis es sich lohnt, diese zu bearbeiten. Die großen Lithium- und Kobaltproduzenten haben heute sehr viele freie Kapazitäten. Sollten die Preise auf den aktuellen Niveaus bleiben, können sie ziemlich einfach ihre Produktion hochfahren. Schon steigt das Angebot signifikant. Und der Preis sinkt.

Auch beim Absatz habe ich ein paar Fragezeichen. Überlegen Sie doch einmal: Wie viele Elektroautos wird Daimler in den nächsten zwölf Monaten verkaufen? Wie schnell wird der Umstieg vom Verbrennungsmotor auf das Elektro-Auto gelingen? Wann wird die Batteriefabrik in China ihr Volumen vervierfacht haben? Und wann wird die reale Nachfrage nach Lithium und Kobalt tatsächlich in die Größenordnungen hineinwachsen, die der Preis für diese Rohstoffe heute schon vorwegnimmt?

Ich sage Ihnen: Das dauert. In einem Jahr oder zwei werden Investoren dann enttäuscht feststellen, dass die erhofften Riesenorders bei Lithium und Kobalt ausgeblieben sind. Und vielleicht wird ja sogar die Brennstoffzelle wieder ein Thema. Die Lithium-Ionen-Batterie bekäme dann Konkurrenz. Und die Preise könnten implodieren.

Im Rohstoffsektor geht es immer nur um Extrahierbarkeit und Verfügbarkeit bestimmter Metalle zu dem Zeitpunkt, an dem sie benötigt werden. Heute ist mehr als genug Kobalt und Lithium abbaubar, um die zu erwartende Nachfrage zu decken. Im Hype zu kaufen, war noch nie eine gute Idee. Bleiben Sie entspannt, warten Sie ab. Und wiederstehen Sie der Versuchung, in die „Flights by Night“ zu investieren. Ich bin ziemlich sicher, dass Lithium und Kobalt auch nochmals tiefere Preise sehen werden. ®