Die Kunst als Multi-Channel-Geschäft.

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Im Kunsthandel sind Messen, Galeristen und Auktionshäuser eng verzahnt. „Jeder dieser Kanäle hat seine spezifische Herausforderung – und Sammler profitieren“, erklärt private-wealth-Kunstexperte Florian Mercker.

 Wo informieren Sie sich? Und wo kaufen Sie dann? Ich bin ziemlich sicher, dass Sie nun gedanklich die wichtigsten Kanäle des Kunsthandels aufgezählt haben – Messen, Galerien und Auktionshäuser. So mache ich es ja auch.

Dabei habe ich allerdings in den vergangenen Jahren signifikante Veränderungen wahrgenommen. Natürlich sind die Messen noch immer der wichtigste Treffpunkt, weil sich die weltläufige Sammlerschaft eben dort verdichtet einen Überblick über das aktuelle Kunstgeschehen verschaffen kann. Doch diese breite Aufstellung ist für die Messeunternehmen zunächst mit hohen Kosten der Etablierung vor Ort verbunden. Diese Kosten tragen zwar grundsätzlich die teilnehmenden Galerien über die zu zahlenden Standgebühren. Doch auch sie rechnen immer öfter mit spitzem Bleistift, ob dieses Investment sich lohnt.

Der ökonomische Druck führt dazu, dass die bekannten Messen, wie die Art Basel in der Schweiz, die TEFAF in Maastricht oder die Frieze in London, zunehmend versuchen, ihre Marke über den angestammten Platz hinaus in anderen Kontinenten, Ländern und Städten zu etablieren. Ihnen geht es darum, weitere Käuferschichten zu erschließen – vor allem also im US-amerikanischen, asiatischen und arabischen Raum. Die entscheidenden Sammler sollen so vor Ort an ihrem eigenen Lebensmittelpunkt erreicht werden, eben in New York, Dubai oder Hongkong.

Die Messen dort dienen auch dem Auf- und Ausbau des regionalen Kunstmarkts mit all seinen Facetten. Sie bieten die Infrastruktur für Galerien, stellen den Marktplatz und den Zugang zu Werken, Künstlern, Museen, Kuratoren sicher. Das wird sich künftig noch verstärken.

Das ist zwar grundsätzlich positiv. Ich sehe allerdings auch ein Problem. Verkäufe lassen sich in der Regel besser mit dem Mainstream oder etablierten Bluechips erzielen. Junge, sperrige Kunst, spannende Programme mit Werken unbekannter Künstler tragen dazu wenig bei. Hier öffnet sich ein neues Spielfeld. Immer öfter nutze ich sogenannte Nebenmessen wie die VOLTA oder die Supersimétrica Art Fair. Dort kann ich selbst noch Entdeckungen machen.

Auch die Galerie bekommt so wieder mehr Bedeutung. Grundsätzlich gilt ja: Der Kunsthandel verkauft die bestehenden Werke etablierter Künstler im Sekundärmarkt weiter. Die Galerie bestimmt mit ihrem Einsatz für einen oftmals weitgehend unbekannten Künstler den Primärmarkt. Sie entscheidet, ob ein Künstler überhaupt bekannt wird und später dann vielleicht eine breite Käuferbasis findet.

Die größte Herausforderung, gerade für junge Galerien, ist die Kontrolle der Kosten. Galerieräume zu Hause, Messegebühren, Reisekosten, Mitarbeiter – das kann rasch ausufern. Ich vermute, dass sich die Galerielandschaft deshalb aufspalten wird. Erfolg werden die kleinen und feinen Galerien mit lokalem Hauptgeschäft haben, wenn sie sich nur auf ausgesuchte Messeteilnahmen beschränken. Und die großen, die mehr als 50 Mitarbeiter haben und auf allen großen Messen präsent sind. Die Mitte fällt weg.

Zudem wird es immer weniger reine Primärmarktgalerien geben. Auch die Galerien werden künftig noch stärker gezwungen sein, die wachsenden Kosten als Kunsthändler durch die Verkäufe etablierter Werke und Künstler zu finanzieren. Und die Wege dorthin werden sich ändern – vor allem durch die Onlinekanäle.

Für die Auktionshäuser wird die Entwicklung zu Lifestyle-Unternehmen weitergehen, die dem Geldfluss folgen – nach China, Arabien, in die USA, vielleicht auch wieder nach Russland. Ihr Ziel ist es allein, Luxusgüter zum Höchstpreis an den Mann zu bringen. Das gelingt in der Regel nur mit modernen und zeitgenössischen Meisterwerken. Weil die Marketingkosten aber auch hierfür hoch sind, wird der Auktionshandel seine Produktpalette über Kunst hinaus weiter vergrößern müssen.

Für mich als Sammler ist dieser Wettbewerb fantastisch. Ich mache Networking auf den etablierten Messen, kaufe dann meist etwas günstiger am eigenen Standort der Galerie, lasse mich auf Nebenmessen inspirieren, entdecke mit „meinem“ Galeristen neue Künstler und bleibe online über alle Trends und Gelegenheiten auf dem Laufenden. So einfach war das Sammeln von Kunst noch nie. ®