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  • Gerd Hübner

Neue Wege.

(Geschätzte Lesezeit: 3 - 6 Minuten)

Stiftungen in Not. Die Zinserträge reichen nicht mehr aus, um die laufenden Ausgaben einer Stiftung zu decken und ihren Zweck zu erfüllen. „Vergessen Sie, wie Stiftungen in der Vergangenheit angelegt haben“, raten Hermann Wonnebauer und Horst Dick vom private-wealth-Partner ZKB Österreich, „zukünftig muss eine Stiftung bei der Verwaltung des Vermögens die ganze Bandbreite ihrer vefügbaren Möglichkeiten nutzen.“

Ein bisschen fühlt sich Hermann Wonnebauer, Vorstandsmitglied der Zürcher Kantonalbank Österreich AG, an das Gedicht von den Heinzelmännchen zu Köln erinnert: „Wie war es für Stiftungen doch vordem mit Staatsanleihen so bequem.“

Bis Mitte 2008 brachten zehnjährige Bundesanleihen Kupons von mehr als vier Prozent. Stiftungen konnten den Großteil ihres Geldes risikolos dort halten. „Das reichte für die laufenden Ausgaben und die Erfüllung des Stiftungszweckes“, erklärt Horst Dick, Leiter des Private Banking Teams der Zürcher Kantonalbank Österreich AG: „Die Stiftungen wussten genau, wann welche Zinszahlungen anstehen, und so ließ sich errechnen, welchen Teil des Ertrags sie wann benötigten. Aufgrund der geringen Kurschwankungen von Bundesanleihen gingen sie damit praktisch keine Risiken ein.“ Blieb vom Ertrag etwas übrig, konnte dieses Kapital in renditeträchtigere und riskante Anlagen ge­steckt werden. Gelang es so, eine  Zusatzrendite zu erzielen, dann war das die „Butter auf dem Brot“, wie Wonnebauer sagt. Ging es schief, blieb immer noch genug, um die Verpflichtungen zu erfüllen und den Kapitalstock zu erhalten.

Mittlerweile werden immer mehr dieser wunderbaren Papiere fällig. Und eine Wiederanlage ist nur noch zu ein bis 1,5 Prozent pro Jahr möglich. „Nach Abzug der Inflationsrate reicht das gerade aus, um den realen Wert des Stiftungskapitals zu erhalten“, erläutert Dick, „für den Stiftungszweck bleibt nichts übrig. Immer mehr Stiftungen können heute nichts bewirken.“

Das, erklärt Wonnebauer, sei die schlechte Nachricht. Die Gute: „Stiftungsvorstände können wieder handlungsfähig werden, wenn sie komplett umdenken. Denn Stiftungen haben bei ihrer Geldanlage sehr viel mehr Möglichkeiten, als sie glauben.“

In der Regel sei in den Anlagerichtlinien lediglich der Wortlaut der Gesetzesvorgabe vermerkt. Und dieser besage, dass die Stiftung langfristig für den Erhalt ihres Vermögens Sorge zu tragen habe. „Dies sagt aber nichts darüber aus, ob damit der reale oder der nominale Kapitalerhalt gemeint ist, welche Anlageklassen dafür eingesetzt werden dürfen oder in welchem Zeitraum genau das Vermögen erhalten bleiben muss“, erklärt Dick. Anders formuliert: Wer die Anlagerichtlinien entsprechend adjustiert, hat sehr viel mehr Freiraum beim Management des Stiftungsvermögens.

„Im ersten Schritt sollte eine Stiftung deshalb ihre eigenen Anlagerichtlinien definieren und diese in der Stiftungssatzung verankern“, rät Wonnebauer. Dort können zum Beispiel alle Anlageklassen definiert werden, die bei der Kapitalanlage grundsätzlich infrage kommen sollen. Das könne, ohne dass es mit den gesetzlichen Vorgaben kollidiere, durchaus über den normalen Mix aus Anleihen, Aktien und Cash hinausgehen. „Sogar die Beimischung von Hedgefonds oder Zertifikaten ist möglich.

Gerade im aktuellen Umfeld ist es von Vorteil, wenn eine Stiftung die Möglichkeit hat, in vielen verschiedenen Anlageklassen Renditechancen wahrzunehmen und breit zu streuen, um die Risiken im Portfolio zu reduzieren“, erläutert der ZKB-Vorstand weiter.  

„Idealerweise werden in diesem Schritt auch Bandbreiten definiert, in denen sich die einzelnen Anlageklassen bewegen dürfen“, ergänzt Dick. Es diszipliniere einfach, wenn zum Beispiel die Aktienquote auf null bis 20 Prozent festgelegt würde. „Sie sind dann nicht mehr in der Gefahr, sich in guten Jahren von zu viel Euphorie wegtragen zu lassen“, erläutert Dick. Je nach Marktumfeld könne dann innerhalb der vorgegebenen Bandbreite im Portfolio über- oder untergewichtet werden.

Am wichtigsten sei aber die Antwort auf die Frage nach dem Zeitraum für den Kapitalerhalt. „Steht zum Beispiel ein Zeitraum von fünf Jahren in den Anlagerichtlinien, lässt das einer Stiftung bei der Verwaltung ihres Vermögens sehr viel mehr Freiraum, ohne dass dies der gesetzlichen Vorgabe wiederspricht. Das ist auch verständlich, schließlich hat eine Stiftung nur so ausreichend Zeit, um zwischenzeitliche Verluste wieder wettzumachen“, sagt Dick.

Grundsätzlich hat die genaue Dokumentation der Anlagestrategie in der Stiftungssatzung mehrere Vorteile. Zum einen bietet sie Sicherheit für den Stiftungsvorstand und zugleich Transparenz für den Begünstigten der Stiftung. Zum anderen können so renditeträchtigere, aber eben auch schwankungsanfälligere Anlageklassen beigemischt werden. Ziel muss es dann sein, den langfristigen Kapitalerhalt zu sichern und die zwischenzeitliche Volatilität in den Griff zu bekommen. Um dieses Ziel zu erreichen, arbeitet die ZKB beispielsweise mit einem besonderen Wertsicherungskonzept. „Wir messen bei jeder infrage kommenden Anlagekategorie, wie viel sie innerhalb eines Handelstages maximal verlieren kann, und mischen die einzelnen Asset-Klassen so, dass das Portfolio eine bestimmte Verlustgrenze nicht überschreitet.“ Bei Verlusten wird dann sukzessive in sichere Anlagen umgeschichtet.

Ähnliche Modelle sind schon länger am Markt bekannt, haben aber einen großen Nachteil. Ist die starre Verlustuntergrenze erreicht, sitzt die Stiftung in unrentablen sicheren Anlagen fest und hat keine Chance, eine mögliche Erholung am Aktienmarkt mitzumachen. „Deshalb vereinbaren wir mit unseren Kunden eine flexible Verlustuntergrenze“, erläutert Wonnebauer, „wir verfügen so über ein zusätzliches Risikobudget und können dies einsetzen, wenn der Aktienmarkt wieder nach oben dreht.“

Ein anderer Weg, extreme Kurseinbrüche am Aktienmarkt zu vermeiden, besteht in der genauen Beobachtung der Volatilität, also der Stärke der Kursschwankungen. Steigt die Volatilität jeweils am Ende einer Woche über ein bestimmtes Maß hinaus, reduzieren die Experten den Aktienanteil. Ein solches Signal lieferten zum Beispiel der deutsche und der europäische Aktienmarkt Ende Juli 2014. „Wir haben daraufhin die Positionen in diesen beiden Märkten spürbar reduziert.“

In der Folgewoche ging es für den DAX dann auch tatsächlich um rund 500 Indexpunkte nach unten. „Grundsätzlich wollen wir so vermeiden, die ganz großen Fehler zu machen. Die Kunst der Anlage ist es eben, nicht oder nur in geringem Maße investiert zu sein, wenn es am Aktienmarkt richtig runter geht“, erläutert Dick.
Dass sich damit trotzdem nicht in jedem Kalenderjahr unter dem Strich ein ga­rantierter positiver Ertrag erzielen lässt, ist auch den Experten klar. „Realistisch müssen Sie eine Anlagedauer von mindestens drei bis fünf Jahren ansetzen, um mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit das Kapital zu erhalten und gleichzeitig eine jährliche Rendite im Bereich zwischen drei und vier Prozent zu erzielen“, macht Dick klar: „Aber das genügt ja auch völlig, um den Anforderungen des Gesetzgebers an den langfristigen Wert­erhalt des Kapitals einer Stiftung zu entsprechen.“

Das also ist die neue Welt der Kapitalanlage für Stiftungen. Flexibilität, mehr Komplexität, mehr Risiko, mehr Aktien, dabei aber auch ein konsequenter Risikomanagementprozess. „Dann wird es auch künftig möglich sein, ausreichende Erträge zu erwirtschaften“, ist Dick sicher. Nur müssten das viele Investoren und Stiftungsvorstände eben erst noch verinnerlichen. Fast schon verzweifelt warten sie offenbar darauf, dass die Zinsen wieder steigen. „Darauf würde ich mich nicht verlassen“, meint Wonnebauer, „wissen Sie, wie das Gedicht ausgeht: ,Ach, dass es noch wie damals wär! Doch kommt die schöne Zeit nicht wieder her!‘“    ®

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