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  • Gerd Hübner

Der richtige Impuls.

(Geschätzte Lesezeit: 5 - 9 Minuten)

Anlage mit Wirkung. Sozialunternehmern fehlt häufig die Anschubfinanzierung, die nötig ist, um Wachstum zu generieren. Könnte dieses Hindernis überwunden werden, ergäben sich automatisch neue, interessante Investitionsmöglichkeiten im Bereich der Impact Investments. Die gemeinnützige Gesellschaft Phineo arbeitet an Lösungen.

Rose Volz-Schmidt hat eine gute Idee. „Wir wollen ein werbefreies Online-Forum für junge Eltern bieten. Auf ElternLeben.de sollen sie künftig zu unterschiedlichsten Problemen nicht nur Hilfe und Rat von Experten bekommen, sondern auch Zugang zu einem Netzwerk, das sie direkt vor Ort unterstützt“, erzählt die Unternehmerin. Und Rose Volz-Schmidt hat auch einen Business-Plan: „Langfristig lässt sich dies gut über Mitgliedsbeiträge finanzieren. Nach Abzug der Kosten bliebe dann sogar noch etwas übrig.“ Was ihr fehlt, ist Kapital: „Bis sich das Projekt selbst trägt, brauchen wir eine Anschubfinanzierung, idealerweise in Form eines zinslosen Darlehens, da wir ja zunächst keine Gewinne erwirtschaften werden.“ 

 Ähnliche Erfahrungen machen viele Sozialunternehmer in Deutschland. „Am Anfang kann sich ein Business im sozialen Bereich gut über Spenden finanzieren“, erklärt Stephanie Petrick, Leiterin des Impact-Investing-Teams bei Phineo, einem unabhängigen und gemeinnützigen Analyse- und Beratungshaus, das sich auf wirkungsvolles Engagement fokussiert hat. „Doch wenn es um das Thema Wachstum geht, wird es kompliziert.“

Dann muss Personal eingestellt, die Infrastruktur professionalisiert oder für die Qualitätssicherung Sorge getragen werden. Plötzlich ist viel mehr Kapital nötig. Und das unternehmerische Risiko steigt. „Aus einer kleinen Einheit soll ja etwas Größeres werden, das später auch Gewinne erzielt. Spender winken dann meistens ab. Und die Zinsen, die Darlehensgeber verlangen, sind so hoch, dass sich das junge Firmen nicht leisten können“, erklärt Petrick: „Das ist schade. Viele gute Ideen könnten sehr viel mehr Wirkung erzielen, wenn es diese Finanzierungslücke nicht gäbe.“

Mit am stärksten ist davon der Bereich des Impact Investing betroffen. Bei dieser Form der Kapitalanlage geht es darum, in ein Projekt, eine Organisation oder ein Unternehmen in Form von Private Equity oder eines Darlehens zu investieren. Dabei spielt nicht allein die finanzielle Rendite eine Rolle. Zugleich soll eine positive und insbesondere messbare soziale und unter Umständen ökologische Wirkung erzielt werden – ein echter Impact. Damit unterscheidet sich Impact Investing sowohl von klassischen, rein renditegetriebenen Anlagen als auch von einer Spende.

Seit private wealth im Jahr 2013 zum ersten Mal über diese faszinierende Anlageform berichtete, hat sich schon einiges getan. Laut der Bertelsmann Stiftung verdreifachte sich das mit „Impact“ investierte Kapital von Ende 2012 bis Ende 2015 von 24 auf fast 70 Millionen Euro. Weltweit wurden laut dem internationalen Impact-Netzwerk GIIN im Jahr 2015 rund 77 Milliarden Dollar an Impact-Kapital verwaltet. Im Jahr 2012 war es mit etwa 36 Milliarden Dollar weniger als die Hälfte.

Verglichen mit anderen Anlagearten ist die Impact-Bewegung damit allerdings immer noch sehr, sehr klein. „Aber inzwischen kommt von verschiedenen Seiten Bewegung in den Markt“, stellt Phineo-Vorstand Andreas Rickert fest. „So gibt es einerseits immer mehr Angebot – Menschen, die mit ihrer Geschäftsidee auf eine soziale Wirkung abzielen und entsprechende Investoren suchen.“ Andererseits nehme das Interesse der Anleger zu, sich in solchen Projekten zu engagieren. „Ich glaube, das hat auch etwas damit zu tun, dass gesellschaftliche Probleme wie Kinder- und Altersarmut, demografischer Wandel oder mangelnde Chancengleichheit immer offener zutage treten.“

Dass Impact Investment trotzdem in Deutschland nicht so richtig in Fahrt kommt, hat mit zwei Problemkreisen zu tun. Erstens ist es für Investoren wie Stiftungen oft schwierig, den sozialen Impact zu beurteilen. Und zweitens ist Impact Investment – genau wie Venture Capital – in sehr frühen Phasen ziemlich riskant. Scheitert der Sozialunternehmer, kann im schlimmsten Fall das investierte Kapital verloren sein. Eine solche Anlage ist aber für Stiftungen in der Regel nicht möglich. Ohne Frühphasenfinanzierung jedoch kommt es erst gar nicht zum Aufbau eines Unternehmens, das seinen Impact-Investoren dann verlässliche Renditen versprechen kann.

Ein Teufelskreis? „Phineo hat es sich zur Aufgabe gemacht, beide Probleme anzugehen“, macht Rickert klar: „Wir sehen uns ja als Denkfabrik, die Tools und Ins­trumente entwickelt, mit denen sich die soziale Wirkung von Non-Profit-Organisationen oder Firmen messen lässt.“ Das war auch die ursprüngliche Idee bei der Gründung von Phineo durch Brigitte Mohn, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung (private wealth 01/2010). Seither hat die Organisation 844 Projekte analysiert und ihr „Wirkt-Siegel“ an rund 240 Projekte vergeben. Den Impact einer Firma zu beurteilen, die zudem noch eine finanzielle Rendite erbringt, unterscheidet sich davon inhaltlich ja nicht.

Zuerst sammeln die Experten sämtliche Daten zu der jeweiligen Organisation und versuchen, sich ein genaues Bild über deren Arbeit zu machen. „Dazu kommt unser Besuch, mit dem wir die Wirkung live vor Ort überprüfen“, erklärt Rickert. „Neu ist, dass wir dies um Module zur Messung der potenziellen finanziellen Rendite ergänzen. So können wir alle Fragen von Investoren beantworten.“ 

Darüber hinaus will Phineo helfen, die bestehende Finanzierungslücke zu schließen. Dazu haben Rickert und Petrick eine besondere Idee entwickelt. „Wir möchten Investoren und Spender für hybride Finanzierungen zusammenbringen, was wir gemeinsam mit unserem Partner FASE, der Finanzierungsagentur für Social Entrepreneurship, umsetzen.“

Konkret soll das so funktionieren: Bietet eine Firma einen nachweisbaren sozialen Impact und die Chance auf eine finanzielle Rendite, will sich Phineo mit dem geplanten hybriden Spendenfonds daran beteiligen. Beispielsweise kann sich Petrick vorstellen, einen Bedarf von bis zu 500000 Euro zur Hälfte mit Spendengeldern zu decken. „Diese Spende würde dann aus dem hybriden Spendenfonds kommen und im Unternehmen oder der Organisation verbleiben“, so die Expertin weiter. „Die andere Hälfte würde dann von Impact-Investoren finanziert, die unser Partner FASE über dessen Netzwerk akquiriert.“ Der Charme: „Indem wir Spender mit dazu nehmen, senken wir die Finanzierungslast und das Risiko für Investoren. Wir werden deshalb auch eher Anleger finden, die bereit sind zu investieren.“ Geht das Geschäftsmodell auf, werden irgendwann Rückflüsse an die Investoren kommen.

Vor allem für Stiftungen ist ein solcher hybrider Spendenfonds ein faszinierender Gedanke. „Mit festverzinslichen Anlagen lässt sich ja kaum noch etwas verdienen“, erläutert Felix Oldenburg, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen. „Deshalb suchen Stifter nach neuen Wegen, das Stiftungskapital anzulegen. Wirkungsorientierte Investments sind da eine echte Alternative, auch wenn der Markt noch schwer zu greifen ist.“

Interessant ist, dass Stiftungen in beiden Bereichen eine Rolle spielen können – als Stifter und Spender wie auch als Investor. „Stiftungen sitzen ja an der Quelle. Sie müssen sich nur in ihrem Umfeld bei den von ihnen ohnehin bereits geförderten Projekten, Organisationen oder Firmen umschauen. Vielleicht gibt es bei dem einen oder anderen auch die Möglichkeit, sich zu beteiligen.“

Tatsächlich haben laut einer Umfrage des Bundesverbandes 20 Prozent der Stiftungen schon einmal wirkungsorientiert oder zumindest nachhaltig investiert. „Und zehn Prozent sind daran interessiert, diesen Bereich auszubauen“, ergänzt Oldenburg.

Um noch mehr Kapital zu mobilisieren, arbeiten die Phineo-Experten zusätzlich an einem zweiten Vehikel: einen von der EU geförderten Tech-Seed-Fonds, der mit Summen zwischen 50000 und 250000 Euro auf die Frühphasenfinanzierung junger Technologiefirmen mit sozialem Impact abzielt. „Das müssen Sie sich wie einen Venture-Capital-Fonds vorstellen, der sich auf soziale Technologiefirmen spezialisiert“, sagt Petrick. Der Gedanke dabei: Zwar gibt es viel Wagniskapital im Technologiebereich, viele auf soziale Bereiche ausgerichtete Firmen fallen aber durch das Raster klassischer Tech-Investoren, weil sie nicht die dort üblichen, sehr hohen Renditeerwartungen erfüllen können.

Ein Beispiel für eine erfolgreiche, mittlerweile allerdings schon reifere soziale Technologiefirma ist VerbaVoice. Das Unternehmen bietet einen Online-Dolmetscher-Service für Gehörlose. „Das ist eine technologische Innovation, die gehörlosen Menschen unglaubliche Freiheitsgrade bietet, weil sie bei Bedarf dann nicht jedes Mal einen Gebärden-Dolmetscher bei ihrer Krankenkasse beantragen müssen“, erklärt Petrick. Gehörlose gewinnen an Lebensqualität, die Krankenkassen sparen Geld. „Damit bietet die Firma eine hohe positive soziale Wirkung und natürlich auch Ertrags­potenzial.“

Dagegen passt das Rendite-Risiko-Profil von sozialen Technologie-Start-ups oftmals nicht zu den Anforderungen eines klassischen Wagniskapitalgebers. So kann die Nutzerzahl limitiert sein oder die Kunden sind nicht in der Lage, hohe Preise für das Produkt oder die Dienstleistung zu zahlen. Deshalb steigen die Renditen nicht so schnell wie bei traditionellen Frühphasen-Investments, und die Renditeerwartungen traditioneller Venture-Capital-Investoren können so oft nicht erreicht werden. 

„Über einen Tech-Seed-Fonds könnten wir solch guten Ideen mit positiver gesellschaftlicher Wirkung eine wirkliche Chance geben“, erklärt Rickerts. Entwickeln sie sich dann erfolgreich und verdienen mit ihrem Projekt Geld, könnten Impact-Investoren die nächste Wachstumsphase finanzieren: „Das könnte die Impact-Idee in Deutschland auf eine neue Stufe heben.“

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How to invest in Impact-Fonds.

Die Experten der Impact-Investing-Denk­fabrik  Impact in Motion haben 14 Impact-Fonds identifiziert, die in Deutschland zum Vertrieb zugelassen sind.

Der Auswahl der Assetmanager liegen dabei folgende Kriterien zugrunde: Sie müssen ihren Sitz im deutschsprachigen Raum haben, mindestens fünf Millionen Euro verwalten und wenigstens seit drei Jahren am Markt sein. Ferner müssen sie in Form von privatem Eigen- oder Fremdkapital in ein breites Spektrum an Anlagemöglichkeiten investieren, mindestens den Kapitalerhalt anstreben, die soziale und/oder ökologische Wirkung fest in ihrer Strategie verankert haben und diesen Impact auch messen.

Die nachfolgende Auflistung soll ausdrück­lich nur einen Überblick in alphabetischer Reihenfolge über die am Markt erhältliche Impact-Fonds geben. Sie stellt weder eine Empfehlung noch ein Ranking dar.

// Absolut Portfolio Management GmbH

Anlageklassen: Fremdkapital, Aktien, Geldmarktanlagen

Regionaler Fokus: Schwellenländer

// AlphaMundi Group Ltd.

Fremdkapital, Private Equity

Fokus: Afrika, Zentral- und Südamerika

// Ananda Ventures GmbH

Private Equity und Alternative Investments

Regionaler Fokus: Westeuropa

// Bamboo Finance

Private Equity und Alternative Investments

Regionaler Fokus: Schwellenländer

// BlueOrchard Finance SA

Fremdkapital

Regionaler Fokus: Schwellenländer

// BonVenture Management GmbH

Private Equity und Alternative Investments

Regionaler Fokus: Westeuropa

// Finance in Motion GmbH

Cash und Geldmarktanlagen

Fokus: Westeuropa und Schwellenländer

// Impact Finance Management SA

Fremdkapital, Private Equity, Alternative

Investments

Regionaler Fokus: Weltweit

// Invest in Visions GmbH

Private Equity, Alternative Investments

Regionaler Fokus: Schwellenländer

// LGT Venture Philanthropy Foundation

Fremdkapital, Private Equity, Alternative Investments, Spenden, Kreditgarantien

Fokus: Westeuropa und Schwellenländer

// Obviam AG

Fremdkapital, Private Equity, Alternative

Investments

Regionaler Fokus: Schwellenländer

// Quadia SA

Fremdkapital, Private Equity

Fokus: Schwellenländer, Westeuropa

// responsAbility Investments AG

Fremdkapital, Private Equity, Alternative Investments

Regionaler Fokus: Schwellenländer

// Symbiotics SA

Private Equity, Alternative Anlagen, Cash- und Geldmarktanlagen, Aktien, Darlehen

Regionaler Fokus: Schwellenländer

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Autor: Gerd Hübner

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