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  • Dr. Florian Mercker

Trendwende oder Korrektur?

(Geschätzte Lesezeit: 2 - 4 Minuten)

Am Kunstmarkt kam es 2016 zu massiven Preisabschlägen. Ist die sechs Jahre dauernde Hausse damit beendet? Florian Mercker, private-wealth-Kunstexperte, wagt einen ersten Blick in das Kunstjahr 2017.

Jetzt hilft nur noch beten, hatte Roman Kräussl, Professor für Art Finance an der Universität Luxemburg, zum Jahresbeginn mit Blick auf den zeitgenössischen Kunstmarkt  im „Manager Magazin“ geschrieben. Seine Analysen deuteten auf das Risiko einer spekulativen Blase hin, insbesondere bei den „Younger than Jesus“-Künstlern, die also noch keine 34 Jahre alt sind. Tatsächlich gingen die Umsätze bei großen Auktionen im Mai dann im Vergleich zum Vorjahr um 30 bis 40 Prozent zurück. Nun rätseln die Experten. War dies der Anfang einer Trendwende nach sechs Jahren anhaltender Hausse am Kunstmarkt? Schließlich war der Art Top 500 Index von Roman Kräussl, der die 500 umsatzstärksten Künstler umfasst, zwischen 2010 und 2015 auf der Welle der superexpansiven Zinspolitik um 50 Prozent gestiegen.

 Ich warne vor zu viel Pessimismus. Der Rückschlag kam ja zumindest im Bereich der zeitgenössischen Kunst nicht ganz unerwartet. Wenn sich – wie bei Oscar Murillo – der Preis binnen weniger Jahren um das 50-Fache erhöht – von 10000 US-Dollar auf 500000 US-Dollar –, dann ist das nun einmal eine Übertreibung des Marktes. Zum Teil waren die Auktionshäuser auch selbst schuld am schlechten Ergebnis. Schließlich hatten sie Anfang 2016 ihre Auktionen mit 100 Werken von zweit- und drittklassiger Qualität großer Namen durchgeführt – und so ihr Publikum etwas ermüdet.

Inzwischen haben sie aber reagiert. Ab Juli wurden nur noch kleinere Auktionen mit knapp 30 Werken abgehalten – diese waren aber von ausgewählter Qualität großer Namen und größerer Marktfrische. Das hat den Markt gestützt, die Preise blieben auf hohem Niveau stabil. Es gab sogar wieder einige neue Rekorde. Das Mittelsegment der Zeitgenossen erholte sich allerdings bis heute nicht. Sie werden zurzeit überhaupt nicht mehr angeboten.

Was erwarten wir nun für 2017? Offen gestanden, nicht viel. Die Zeit der großen Preissprünge dürfte zunächst einmal vorbei sein. Laufen werden weiter die Top 50, die Warhols, Picassos und Rothkos. Dort dürfte sich das Preisniveau zumindest halten. Für mich ist bemerkenswert, dass selbst schwächere Werke großer Namen im niedrigeren Preisbereich höhere Werte erzielen als die qualitätsvollen Werke unbekannter Künstler – Marken laufen eben.

Der Mittelbau, vor allem die „Younger than Jesus“-Künstler, wird dagegen weiter schwächeln. Für Sammler könnte es deshalb interessant werden, sich genau dort nun näher umzusehen. Was vor einem Jahr noch im sechsstelligen Eurobereich taxiert wurde, liegt jetzt bei Einstiegspreisen weit unter 50000 Euro. Ob die Preise dann wieder die einstigen Höhen erreichen, ist vielleicht gar nicht so wichtig. Wer ohnehin nur das sammelt, was ihm tatsächlich gefällt, erhält nun die Gelegenheit dazu.

Eine andere interessante Strategie für das Jahr 2017 ist auch das, was ich den Fokus auf Qualität nenne. Es gibt viele Künstler außerhalb der gehypten zeitgenössischen Kunst, deren Werke eine deutlich höhere Qualität aufweisen. Nur sind sie eben vergessen, vernachlässigt oder lagen lange aus anderen Gründen außerhalb des Fokus des Marktes. Gerade in diesem Bereich, stellte Roman Kräussl in seinen Forschungen auch fest, sind spannende Investments möglich: die Moderne als Entdeckung. In unsicheren und volatilen Zeiten könnte es eine erfolgreiche Strategie sein, solche Werke mit bestechender Qualität zu sammeln, die derzeit noch für ein Hundertstel oder sogar Tausendstel des Preises der Bilder großer Namen zu erwerben sind.

Von einer Idee sollten sich Investoren aber verabschieden. Laut Roman Kräussls Kunstmarktindizes und seinen quantitativen Analysen ist die Anlage in Kunst zu den übrigen Assetklassen nicht unkorreliert. Sollten die Finanzmärkte also wieder einmal einbrechen, so wird sich dies auch am Kunstmarkt zeigen. Bestenfalls wird der Rückschlag dann geringer ausfallen. Kräussl nennt als Argument für eine Beimischung von Kunst im Depot dann auch die Begrenzung des Downside Risk. Für mich persönlich zählt dann die emotionale Rendite mehr – die Freude beim Blick auf Kunst, die ich wirklich gern sehe.   

Autor: Dr. Florian Mercker

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