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  • Gerd Hübner, Klaus Meitinger

Attraktive Alternativen.

(Geschätzte Lesezeit: 4 - 7 Minuten)

Lerbach AttraktiveZinsersatz. Die Strukturierung eines erfolgreichen Portfolios ist heute schwierig geworden. Erstens erhalten Zinspapiere mit guter Bonität bei steigender Inflation die Kaufkraft des Vermögens nicht mehr. Und zweitens sind im Risikoszenario – bei steigenden Zinsen – sowohl Aktien als auch Anleihen negativ betroffen. Die Lösung der Lerbacher Runde: Es müssen mehr alternative Investments ins Depot.

Früher hatten Bundesanleihen zwei Aufgaben im Depot. Sie brachten verlässlichen Ertrag und waren eine Art Versicherung im Fall eines Aktiencrashs. Doch das ist nun endgültig vorbei. Heute verlieren dort angelegte Gelder an Kaufkraft. Und das mit der Versicherung funktioniert wohl auch nicht mehr. Denn im Risikofall – das sind deutlich steigende Zinsen – würden wohl alle Anlageklassen massiv an Wert verlieren.

Konsequent hat die Lerbacher Runde den Anteil von Staatsanleihen im Depot in den vergangenen Jahren schon radikal abgebaut. Gerade noch acht Prozent des Depots werden damit im Schnitt bestückt. Bei fünf der 15 Teilnehmer steht sogar eine glatte „Null“ auf dem Zettel. „Es ist ja nicht nur so, dass sichere Staatsanleihen keine Rendite mehr bringen, sondern der Diversifikationseffekt hat abgenommen und als Versicherung sind sie inzwischen einfach sehr teuer“, macht Bernd Meyer, Berenberg, klar.

Das frei gewordene Kapital fließt in Unternehmens- oder Hochzinsanleihen, immer häufiger aber auch in alternative Investments. „Gerade Alternatives werden von unseren Kunden zunehmend stärker nachgefragt, weil sie im Niedrigzinsumfeld attraktive Renditen bieten können“, erklärt Thomas Neukirch, HQ Trust, den Charme. „Und richtig eingesetzt“, erklärt Carsten Mumm, Donner & Reuschel, „können sie zusätzlich mehr Stabilität ins Portfolio bringen.“

Dabei unterscheiden die Experten zwischen illiquiden Anlagen wie Private Real Estate, Private Equity oder Private Debt und liquiden Assetklassen wie Rohstoffen oder Gold. Zudem können auch Hedgefonds eine Rolle spielen. Was also können Anleger von den einzelnen Alternativen erwarten?  

// Welche illiquiden Investments bieten sich an?

Grundsätzlich geht es dabei um langfristige Anlagen mit Laufzeiten von zehn Jahren oder mehr. In der Regel investieren Anleger in Fondsvehikel, für die es keinen regelmäßigen Handel und keine täglichen Börsenkurse gibt. Das hat Vor- und Nachteile. „Für die Illiquidität werden Anleger mit höheren Renditen entschädigt. Aber sie schränkt eben auch ein. Wer auf Liquidität angewiesen ist, darf dort nicht zu viel investieren“, sagt Daniel Oyen, VPC Family Office. „Für manche Anleger, die mit den Schwankungen am Aktienmarkt schlecht umgehen können, ist es grundsätzlich aber ein Vorteil, dass es keine täglich schwankenden Kurse gibt“, meint Meyer. „Denn sie geraten dann nicht in Versuchung, in turbulenten Zeiten überstürzt zu agieren“, ergänzt Mumm.

Zu Anlagen an den Privatmärkten zählen Private Equity, die Beteiligung an nicht börsennotierten Unternehmen, Private Debt, das sind private Kredite an Unternehmen beispielsweise zur Wachstumsfinanzierung, sowie Infrastrukturinvestitionen oder Immobilienengagements – Private Real Estate. „Alle diese Anlageformen werden angesichts der niedrigen Zinsen und zunehmender Inflation zu immer wichtigeren Portfoliobestandteilen“, stellt Neukirch fest.

Besonders interessant findet die Runde aktuell den Bereich Private Equity. „In der Vergangenheit brachte er deutlich höhere Renditen als die meisten anderen Anlageklassen. Laut dem US-Private-Equity-Index von Cambridge Associates waren es in den vergangenen 20 Jahren im Durchschnitt aller Anbieter knapp über zehn Prozent pro Jahr“, informiert Daniel Oyen.

Für Investoren ergeben sich zudem weitere positive Aspekte. „Sie können in die verschiedenen Entwicklungsstadien inves­tieren, die Firmen durchlaufen. Und sie können auf Branchen setzen, die am Aktienmarkt nicht so stark vertreten sind. Auf diese Weise lässt sich ein Portfolio noch besser diversifizieren“, erklärt Jan Viebig, Oddo BHF. „Wird dieser Bereich etwas weiter gefasst, passt dazu auch Venture Capital, also die Frühphasenfinanzierung, die zunehmend salonfähig wird“, ergänzt Daniel Oyen. „Mit dem Einstieg in Unternehmen in einer extrem frühen Phase erschließen sich Anleger eine Renditequelle, die sie über den Aktienmarkt nicht bekommen würden“, erklärt Carsten Mumm den Vorteil.

Ebenfalls zunehmenden Zuspruch erfährt Private Debt als Ersatz im Anleihebereich. „Das Investment hat in der Regel sehr lange Laufzeiten, schwankt nicht im Kurs und bringt im erst­rangig besicherten Bereich drei bis vier Prozent“, erklärt Meyer, „und je nach Risikotragfähigkeit sind auch höhere laufende Erträge möglich.“ „Allerdings können Anleger hier auch kürzere Laufzeiten wählen, was wir unter dem Begriff Shorter Term Lending zusammenfassen“, informiert Neukirch. „Dann liegen die Renditen immer noch deutlich über Geldmarkt­niveau, aber das Kapital ist nicht so lange gebunden.“

Ein weiterer Bereich, der für Investoren zunehmend besser zugänglich wird, sind Infrastrukturinvestments – dazu zählen Verkehrsinfrastruktur, Energie, Ver- und Entsorgung, Telekommunikation oder soziale Infrastruktur. „Damit lassen sich Ausschüttungen von vier bis fünf Prozent und etwa sieben Prozent an Gesamtrendite langfristig erwirtschaften“, erklärt Mumm. Seiner Ansicht nach eignen sich besonders Core Investments, also Kerninfrastruktur: „Wichtiges Auswahlkriterium ist, dass die Konditionen während der Laufzeit angepasst werden können. Nur dann schützt diese Anlage auch vor Inflation.“

Das aber zeigt schon: Investments im Bereich der Privatmärkte sind nicht einfach. „Investoren müssen vor allem verstehen, in was sie investieren, und sie sollten auf Kosten, Transparenz und die Expertise des Managers achten. Ein Warnsignal wäre es, wenn ein Anbieter seinen Anlagestil ändert“, zählt Viebig auf. „Entscheidend ist in der Tat das Know-how des Managers“, stimmt Neukirch zu. „Er braucht Zugang zu guten Investments, muss ein gutes Verständnis für Risikominimierung und Portfoliokonstruktion haben und speziell bei Private Debt genau wissen, wie Kredite verhandelt und besichert werden.“ „Ein Punkt ist mir besonders wichtig“, ergänzt Oyen. „Da ein solches Investment sehr lange läuft, möchte ich ein Commitment des Managers, dass er so lange dabeibleibt.“

// Welche liquiden Anlagen funktionieren als Diversifikatoren?

In diesem Bereich hält die Runde aktuell vor allem Rohstoff-Investments als Beimischung für attraktiv. „Insbesondere Industriemetalle bieten nicht nur eine Absicherung gegen Inflation, sondern auch eine interessante Investmentstory“, erklärt Bernd Meyer, „denn Kupfer, Nickel und Co. werden zukünftig massiv für die Energiewende benötigt. In Elektrofahrzeugen wird zum Beispiel fünf- bis sechsmal mehr Kupfer verbaut als in einem Auto mit Verbrennungsmotor.“ 

Angesichts der Dringlichkeit des Kampfes gegen die Erderwärmung könne es sich auch lohnen, auf CO2-Zertifikate zu setzen. „Analystenberechnungen zufolge könnte der Preis Richtung 250 Euro je Zertifikat gehen, das wäre etwa eine Vervierfachung gegenüber dem heutigen Preis“, erläutert Oyen. „Unternehmen, die nicht genug Verschmutzungsrechte haben, müssen nicht nur eine erhebliche Strafe zahlen, sondern diese Zertifikate auch im Folgejahr nachkaufen. Weil die Anzahl der Zertifikate begrenzt ist, kann es da ziemlich eng werden“, ergänzt Meyer. Ein Selbstläufer sind diese Zertifikate dennoch nicht. „Das Risiko liegt in der Regulierung. Wird die Belas­tung der Wirtschaft durch höhere CO2-Preise zu groß, kann die Politik jederzeit die Regeln ändern und zum Beispiel die Zertifikate-Menge erhöhen“, erläutert Oyen.

Daniel Oyen hält auch den Bitcoin für eine Alternative. „Wir betrachten ihn als digitales Gold“, erklärt er. „Für mich ist hier perspektivisch vor allem die dahinterstehende Blockchain-Technologie spannend“, ergänzt Viebig und erklärt: „Die Blockchain ist eine fälschungssichere, transparente und dezentrale Datenbank. Darauf basierende Smart Contracts können für die Automatisierung von Geschäftsvorfällen ohne Intermediäre genutzt werden. Wir investieren zwar nicht in Kryptowährungen, als Qualitätsinvestoren suchen wir jedoch nach Investments, die von der Blockchain-Technologie profitieren.“ // Was können Hedgefonds für Anleger leisten?

Sie können als Diversifikatoren durchaus eine Überlegung wert sein, glaubt die Lerbacher Runde. Das wichtigste Argument: „Sie streben grundsätzlich unabhängig vom Marktumfeld eine positive Rendite an“, erläutert Mumm. Dabei unterscheiden sich die verschiedenen Strategien stark. „CTAs – also Trendfolgesysteme – laufen immer gut, wenn die Märkte stark fallen oder steigen. Sie bieten damit bei starken Kurseinbrüchen eine Absicherung, während sie in seitwärts laufenden Märkten Verluste bringen“, informiert Viebig: „Merger-Arbitrage-Strategien bieten stabile Renditen, wenn sich die Märkte seitwärts entwickeln, dafür aber im Fall eines Kurseinbruchs keine Absicherung. Makro-Strategien wiederum sind für Phasen mit starken Verwerfungen gut geeignet, Long-short-Equity soll in allen Phasen positive Erträge bringen. Oft laufen diese Fonds aber schlecht, wenn der Markt dreht.“

Das zeigt schon: Anleger sollten sich gut auskennen, wenn sie dort investieren wollen. „Im ersten Schritt muss sich ein Inves­tor im Klaren sein, was er von einer Anlage in Hedgefonds erwartet. Erst daraus ergibt sich, welche Mischung an Strategien infrage kommt“, fasst Neukirch zusammen. Im zweiten Schritt folgt die Auswahl. In kaum einem anderen Segment ist die Spreizung zwischen guten und schlech­ten Managern so groß. „Hier ist ein tiefgehendes Verständnis des Managers und seines Ansatzes zentral“, sagt Neukirch und fährt fort: „Idealerweise hat der Manager in signifikantem Maße eigenes Geld im Fonds investiert. Dann können Anleger zuversichtlich sein, dass er den Fonds langfristig managen wird. Ist ein wirklich guter Hedgefonds identifiziert, kommt es darauf an, Zugang zu diesem Fonds zu bekommen. Dabei hilft ein gutes Netzwerk.“        

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Autoren: Gerd Hübner, Klaus Meitinger

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