Emerging Markets reloaded.

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Threadneedle aufmacherSchwellenländer-Aktien. In den ersten acht Jahren der 2000er waren Schwellenländer – vor allem die legendären BRICs – Stars an den Kapitalmärkten. Danach folgte ein mühsamer struktureller Umbau – weg von Exporten und Rohstoffen, hin zu Binnenwirtschaft, Konsum und Technologie. „Nun ist dieser abgeschlossen. Anlegern eröffnen sich ganz neue Chancen“, meint Dara White, Columbia Threadneedle.

„Erinnern Sie sich noch, wie es in den aufstrebenden Volkswirtschaften vor zehn bis zwölf Jahren aussah?“, fragt Dara White, Leiter des Emerging-Markets-Teams bei Columbia Threadneedle. „Über 60 Prozent der Unternehmen kamen aus zyklischen Sektoren oder waren dem Rohstoffbereich zuzuordnen. Unternehmen wie Petrobras, Vale, Gazprom, Petrochina hießen die Schwergewichte in den jeweiligen Indizes. Wer dort investierte, setzte darauf, dass sich das weltweite Wirtschaftswachstum beschleunigen und der Welthandel weiter zunehmen würde.“

In der zweiten Dekade dieses Jahrhunderts folgte aber kein Aufschwung, sondern das, was später unter dem Begriff „säkulare Stagnation“ zusammengefasst wurde – schwache Konjunktur, niedrige Inflationsraten. Und damit wurde es auch für konjunktursensitive Firmen, gerade aus den Emerging Markets, immer schwieriger. Zwischen 2010 und 2016 stagnierten die Kurse per saldo.

„Doch mittlerweile hat sich die Wirtschaftsstruktur in den Schwellenländern komplett gewandelt. Die Zeit der verlängerten Werkbänke, der Zulieferer, der Rohstofflieferanten ist vorbei. Sie sind nicht mehr von den Industrienationen abhängig. Eher ist es umgekehrt. Wachstumstreiber sind nicht mehr Export und Weltwirtschaft, sondern die Binnenkonjunktur“, erklärt White.

Wer in dieser neuen Welt erfolgreich investieren wolle, müsse umdenken. „Es geht darum, Firmen und Geschäftsmodelle zu finden, die künftig im Inland Erfolg haben werden. Wichtige Schlüssel für diese Trends der Zukunft sind die immer größer werdende Mittelschicht und die Veränderungen in den Verhaltensmustern der Konsumenten.“

So hat das McKinsey Global Institute festgestellt, dass bereits 2018 fast die Hälfte der chinesischen Bevölkerung entweder zur Mittelschicht gehörte oder kurz vor dem Sprung in diese stand. Das Researchhaus Brookings geht davon aus, dass bis 2027 rund 1,2 Milliarden Chinesen zu dieser Gruppe zählen werden. Das entspräche dann etwa einem Viertel der globalen Mittelschicht.

Damit nimmt nicht nur die Kaufkraft im Reich der Mitte zu. Gleichzeitig verändert sich auch die Struktur der Nachfrage. „Es geht künftig nicht mehr vor allem um die Güter des täglichen Bedarfs, sondern zunehmend um Technologie, Dienstleistungen oder den Gesundheitsbereich“, erklärt Dara White.

Dieser Wandel vollzieht sich zwar derzeit in China und dem restlichen Asien besonders spektakulär. Ähnliches geschieht aber im Trend in allen aufstrebenden Nationen. Im Jahr 2030, so Brookings, werden die Schwellenländer insgesamt rund 58 Prozent der weltweiten Mittelschicht stellen. „Damit ist zum Beispiel fulminantes Wachstum beim E-Commerce programmiert. Noch hat aber der Onlinehandel in Osteuropa oder Lateinamerika nur einen geringen Marktanteil. Von dieser Basis aus wird das Wachstum in einigen Ländern über Jahre hinaus jenseits der 20 Prozent liegen. Firmen wie Mercado Libre, das Amazon Lateinamerikas, oder Yandex, die führende Internetsuchmaschine in Russland und einigen anderen Ländern Osteuropas, profitieren“, ist der Experte überzeugt.

Mittlerweile zeigt sich die Veränderung in der Wirtschaftsstruktur auch in den Aktienindizes. „Sie bestehen zu 60 Prozent aus strukturellen Wachstumsstorys – Alibaba, Tencent, Samsung oder der Halbleiterhersteller TMSC dominieren die Ranglisten. Und was noch schwerer wiegt: Seit 2008 ist die Zahl der börsennotierten Firmen in den Emerging Markets um fast 90 Prozent gewachsen. Darunter sind viele qualitativ hochwertige Wachstumsfirmen“, sagt White.

Für den Stockpicker ist das eine extrem spannende Konstellation. „Uns stehen heute rund 1500 Aktiengesellschaften zur Auswahl, deren Erfolg direkt mit den Wachstumsstorys in den Schwellenländern verknüpft sind.“

In einem disziplinierten, strukturierten Prozess filtern die Experten von Columbia Threadneedle daraus die interessantesten Anlagen. Im ersten Selektionsschritt werden die Unternehmen hinsichtlich Kennzahlen wie der Gewinnqualität, der Kapitalrendite oder der Bewertung untersucht. Ergänzt wird dieses quantitative Research durch qualitative Faktoren – die Güte des Managements, die langfristigen Wachstumsaussichten einer Firma, deren Wettbewerbsvorteil, die Situation in der jeweiligen Branche. „Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang, dass der Markt offenbar unterschätzt, wie lange und wie deutlich Firmen mit einem nachhaltigen Wettbewerbsvorteil und einer hohen Kapitalrendite ihre Erträge steigern können“, erklärt White.

Ein Beispiel sei die indische Privatbank HDFC. „Sie profitiert strukturell von der Privatisierung der Bankenlandschaft und ist so stark positioniert, dass es für neue Konkurrenten extrem schwer sein wird, in den Markt zu kommen.“ Ähnlich positiv beurteilt der Profi Mercado Libre, die Biotechfirma BeiGene oder Chinas Tencent. „All diese Firmen verdienen eine deutlich höhere Bewertung.“ Die 500 aussichtsreichsten Unternehmen werden nun einem tiefgreifenden Nachhaltigkeitsresearch unterzogen. In dessen Mittelpunkt steht die Frage, wie verantwortungsvoll ein Unternehmen mit dem ihm zur Verfügung gestellten Kapital umgeht. White spricht in diesem Zusammenhang von „Financial Stewardship“.

Dazu kommt die Analyse der einzelnen Firmen hinsichtlich der ESG-Faktoren – Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. „Wir haben festgestellt, dass Firmen, die dort gut abschneiden, am besten positioniert sind, um das Wachstumspotenzial in der Region zu heben.“ Um den ESG-Aspekt genauer zu analysieren, haben White und sein Team das Anlageuniversum in fünf Gruppen mit absteigendem ESG-Score unterteilt. „Das Resultat war verblüffend. Zwischen den besten und den schlechtesten 20 Prozent differierten die Anlageergebnisse von 2012 bis 2019 um 50 Prozentpunkte. Das ist wirklich eine Menge“, stellt Dara White fest.

Die besten 70 bis 90 Titel aus dem gesamten Selektionsprozess qualifizieren sich dann für das Portfolio. Heute ergibt sich so ein klares Übergewicht in Sektoren wie Technologie, Gebrauchsgüter, Gesundheit, Kommunikationsdienstleistung oder Finanzen. „Das spiegelt ja auch die Entwicklung in den Schwellenländern wider. Diese Branchen sind dort ganz einfach die Zukunft“, ist Dara White überzeugt und schließt: „Gut möglich, dass sie Inves­toren wieder ein goldenes Jahrzehnt bescheren werden.“ ®

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// China – Speerspitze der Emerging Markets.

Das Reich der Mitte wird in diesem Jahr die USA voraussichtlich als weltweite Wirtschaftsmacht Nummer eins ablösen und ist allein deshalb schon Dreh- und Angelpunkt eines Investments in Asien. Erst jüngst hat die politische Führung im Reich der Mitte zudem die Strategie der „dualen Kreisläufe“ ausgerufen. „Der interne Kreislauf spiegelt die Stimulierung der Inlandsnachfrage sowie die Förderung von Forschung und technologischer Entwicklung. Der externe Kreislauf unterstreicht die unterstützende Rolle des internationalen Handels und von Investitionen aus dem Ausland“, fasst Dara White zusammen. „Im Zusammenspiel sollen beide Chinas Position als ökonomische Weltmacht festigen.“

Gut zeigen lässt sich das am Beispiel des Gesundheitssektors. Chinas Bevölkerung wird älter, deshalb nimmt die Zahl vieler Krankheiten zu. Gleichzeitig werden die Menschen wohlhabender, die Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen steigt. „Im internen Kreislauf kurbelt die Regierung Forschung und Entwicklung an und stimuliert so die Nachfrage weiter. In den USA werden laut dem US-China Institute rund 17 Prozent des Sozialprodukts für Gesundheit ausgegeben, in China sind es gerade einmal fünf Prozent. Da ist noch viel Potenzial“, meint White. Der externe Kreislauf wurde durch die Mitgliedschaft Chinas in der Organisation ICH gestärkt – das ist so etwas wie die internationale Version der nationalen Zulassungsbehörden für Arzneimittel. „Seit 2017 haben chinesische medizinische Produkte so Zugang zum internationalen Markt.“

Gesundheit sei deshalb auch an der chinesischen Börse eines der großen Themen. In den Industrienationen macht der Gesundheitssektor aktuell zwölf bis 15 Prozent des gesamten Börsenwerts in den großen Indizes aus. Im Reich der Mitte sind es nur fünf Prozent. „Ich wäre nicht überrascht, wenn sich dieser Anteil dort in den kommenden Jahren verdoppelt. Und das bedeutet: mehr Firmen, interessante Anlageziele, höhere Kurse“, meint White.

Ein ähnliches Argument gilt für den gesamten chinesischen Aktienmarkt. „Chinas Fortschritt bei der Öffnung seiner Kapitalmärkte wird nun langsam honoriert“, erklärt White. Nach langen Verhandlungen wurde die wichtigste chinesische Aktiengruppe der A-Aktien – sie repräsentiert Firmen mit Sitz und Hauptanteil der Geschäftstätigkeit auf dem chinesischen Festland – in mehreren Schritten und in kleiner Dosierung in die Indizes MSCI Emerging Markets und MSCI World aufgenommen. Aktuell machen A-Aktien dort vier und 0,5 Prozent aus.

„Das ist perspektivisch angesichts der Bedeutung der chinesischen Wirtschaft unserer Meinung nach viel zu wenig. Bei einer vollständigen Aufnahme würden die Anteile chinesischer Aktien in den Indizes deutlich steigen. Investoren, die sich an den Index-Gewichten orientieren, müssten kaufen. Und dies könnte dem Markt einen zusätzlichen Schub verleihen“, folgert Dara White.

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// How to invest in Emerging Markets.

Nicht nur die strukturellen, auch die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen für Investitionen in den aufstrebenden Märkten haben sich zuletzt verbessert. „Sie profitieren von den Liquiditätsspritzen und der lockeren Geldpolitik in den Industrienationen. Denn diese sorgen für einen tendenziell schwächeren US-Dollar und stimulieren Kapitalzuflüsse“, erklärt Dara White. „Außerdem ist durch den Wahlsieg von Joe Biden auch das politische Risiko gesunken.“

DerThreadneedle (Lux) Global Emerging Market Equities (ISIN: LU0143863198) inves­tiert weltweit in allen Schwellenländern. Relativ zum Vergleichsindex MSCI Emerging Markets legt der Fonds derzeit weniger in China an – 32 anstatt 39 Prozent. Am stärks­ten übergewichtet ist der Fonds dagegen in Russland, Indonesien und vor allem in Brasilien. „In Brasilien steckt immer noch sehr viel Kapital in Zinsprodukten. Die in der Tendenz sinkenden Leitzinsen dürften dazu führen, dass die Nachfrage nach Aktien in den kommenden Jahren rasant steigt und brasilianische Titel weiter Rückenwind bekommen“, erläutert White.

Seinen Vergleichsindex MSCI Emerging Markets konnte der Fonds in der Vergangenheit in der Regel schlagen. Auf Sicht von zehn Jahren legte der Fonds in Dollar gerechnet 6,1 Prozent pro Jahr zu, der Index kam auf 4,1 Prozent. In den letzten fünf Jahren waren es 16,4 gegenüber 13,2 Prozent per annum. Und auch im schwierigen letzten Jahr hat sich der Investmentprozess bewährt: In den vergangenen zwölf Monaten legte der Fonds 36,4 Prozent zu und entwickelte sich damit etwa doppelt so stark wie seine Benchmark.

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Sonderveröffentlichung:

Columbia Threadneedle

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