Bildung lohnt sich.

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Bildung 177400275Fonds. Bildungsfonds finanzieren ambitionierte Studierende an privaten Universitäten, indem sie Studiengebühren und Lebenshaltungskosten übernehmen. Auch in der Corona-Zeit helfen sie so über Finanzierungsengpässe hinweg. Die Rückzahlung erfolgt, wenn die ehemaligen Studierenden Einkommen erwirtschaften. Ein Investment mit Mehrwert.

Alexander Volkov studiert International Management im fünften Semester an der WHU Otto Beisheim School of Management in Vallendar. „Ich bin gründungsorientiert“, sagt der 22-Jährige, und erklärt damit sowohl die Wahl der Uni als auch die Wahl der Finanzierung seines Studiums: „Die WHU hat einen tollen Ruf als Unternehmerschmiede, da wollte ich unbedingt hin. Und als Finanzierung fand ich eine Variante ideal, deren Rückzahlung sich flexibel an meine spätere Einkommenssituation anpasst.“

Seine Eltern wären zwar bereit gewesen, das Studium zu bezahlen – immerhin 40000 Euro kostet die WHU –, „aber ich möchte die volle Verantwortung für mich haben und trage die Finanzierung lieber selbst“, so der angehende Unternehmer. Ein Bankkredit kam ebenfalls nicht infrage: „Der wäre mit Abschluss des Studiums fällig geworden. Er nimmt keine Rücksicht auf meine Einkommenssituation. Das war mir zu starr, ich kann ja heute noch nicht absehen, wie mein Einstieg ins Berufsleben verläuft“, erklärt Volkov. Deshalb hat er sich für den Brain Capital Bildungsfonds als Geldgeber entschieden

Das Modell von Brain Capital ist einfach: Von privaten und institutionellen Anlegern wird Kapital eingeworben, in einer GmbH gebündelt und anschließend an ambitionierte Studierende vergeben. Finanziert werden die Studiengebühren der 33 Partneruniversitäten von Brain Capital, Lebenshaltungskosten und Auslandsaufenthalte im Rahmen des Studiums. Private Investoren erhalten für ihr Engagement Genussrechte, institutionelle einen Schuldschein. Erreichen die Studierenden in ihrem Arbeitsleben ein Mindesteinkommen von 30000 Euro brutto, wird ein bestimmter Prozentsatz davon zehn Jahre lang als Rückzahlung fällig.

Im Fall von Alexander Volkov werden es fünf Prozent sein. Die gesamte Rück­zahlung ist auf das Doppelte der finanzierten Summe begrenzt. „Wir wollen keine Renditemaximierung auf dem Rücken von besonders erfolgreichen Studenten, sondern eine Zielrendite – die liegt bei rund sechs Prozent“, erklärt René Maler, Geschäftsführer von Brain Capital, das Konzept.

Es sei „Win-win-win“ für alle Beteiligten: Die Hochschule habe sichere Einnahmen und neben den Kindern vermögender Eltern auch leistungsorientierte, engagierte junge Leute, die ganz unabhängig vom familiär-finanziellen Back­ground eine gute Ausbildung haben wollen. Die Studierenden profitieren, weil sie sich eine Ausbildung leisten können, die ihnen möglicherweise ohne Finanzierung verwehrt gewesen wäre und bei der sie flexibel in der Rückzahlung bleiben. Für die Geldgeber brächte es neben der Zielrendite auch Diversifikation, weil das Ergebnis unabhängig vom Trend an den Kapitalmärkten ausfällt. Dazu kommt noch der Mehrwert, dass sie Bildung in Deutschland finanzieren und so für Chancengleichheit sorgen. 

Rendite und Impact haben auch Hans Wilhelm Korfmacher überzeugt. Er ist institutioneller Investor der ersten Stunde, Vorsitzender der Geschäftsführung des Versorgungswerks der Wirtschaftsprüfer und der vereidigten Buchprüfer. „Wir sind überzeugt von der Professionalität, mit der die Studierendenfinanzierung organisiert wird.“

Der Investor ist froh, am Aufbau von Brain Capital mitgewirkt zu haben. „Der Berufsweg sollte nicht vom Geld der Eltern abhängen. Daher freue ich mich, dass sich über dieses Modell junge Menschen unabhängig von ihren Eltern den Berufsweg selbst finanzieren können. Die Studierenden­finanzierung über Brain Capital verbindet also für einen institutionellen Anleger in hervorragender Weise die Möglichkeit, unkorrelierte attraktive Renditen für das eingesetzte Kapital zu erhalten und zugleich einen Beitrag zur Chancengerechtigkeit zu leisten“, erklärt Hans Wilhelm Korfmacher. 

Brain Capital wurde 2005 an der WHU von ehemaligen Studierenden gegründet und ist heute in diesem Bereich mit einem Marktanteil von 75 Prozent der größte private Anbieter. Die wichtigsten Wettbewerber sind CareerConcept (verfügt derzeit über keine freie Liquidität, um neue Förderteilnehmer aufnehmen zu können) und die Deutsche Bildung AG.

Rund 7400 Studierende finanziert Brain Capital aktuell, knapp 4300 davon befinden sich in der Rückzahlungsphase. Dies ermöglicht es nun erstmals zu überprüfen, ob die Anlageidee hält, was sie zu Beginn versprach. „Wir kommen nahe ran an unsere Zielrendite von sechs Prozent“, ist Maler zuversichtlich. 2010 seien die Kandidaten des ersten Fonds mit dem Studium fertig gewesen „Doch nicht alle haben gleich angefangen zu arbeiten und das Mindesteinkommen erreicht. Es wird noch zwei bis drei Jahre dauern, bis die Rückzahlung komplett abgeschlossen ist.“ Da die Macher des Bildungsfonds damals mit einer höheren Inflation und einem entsprechend stärkeren Anstieg der Akademiker-Einkommen gerechnet haben, dürften es zwar nicht ganz sechs Prozent werden. „Aber viel fehlt nicht.“

Damit hat sich bestätigt, dass das Konzept grundsätzlich tragfähig ist. „Wir haben einen Businessplan für jeden einzelnen Topf, für jede GmbH und streuen die Studierenden über Studiengänge und Universitäten so, dass wir eine gute Risikodiversifikation erreichen“, erklärt Maler. Die dafür nötigen statistischen Daten stammen aus 15 Jahren Erfahrung – und aus den Lebensläufen der Alumni, die von der jeweiligen Hochschule zur Verfügung gestellt werden.  „So wissen wir genau, wie viel Prozent der Absolventen im Schnitt ein Gap Year machen, wie viele einen Master anhängen, wie viele gründen, welche Jobs sie bekommen. Und können eine durchschnittliche Einkommenserwartung pro Student und Studiengang errechnen. Der Einzelfall ist also gar nicht wichtig. Die Mischung muss unsere Zielrendite wahrscheinlich machen.“

Weil das Einkommenspotenzial der Studierenden letztlich über den Erfolg dieses Investments entscheidet, ist die Auswahl der Kandidaten ein Schlüsselfaktor. „Wer an einer unserer Partneruniversitäten studiert, hat bereits einen Qualifikationswettkampf um einen Studienplatz gewonnen. Bevor es aber eine Finanzierungszusage durch Brain Capital gibt, müssen die Studierenden nicht nur ihren Lebenslauf und eine Bewerbung bei uns einreichen, sondern auch ein persönliches Gespräch mit uns führen.“ Ziel des Gesprächs sei es herauszufinden, welche Ziele der Studierende mit seinem Studium verfolge. „Wir wollen verstehen, mit welcher Motivation der junge Mensch an der Uni ist“, erklärt Elisabeth Rudolf-Sipötz, ebenfalls Geschäftsführerin des Studienfinanzierers.

Alexander Volkov konnte seine Motivation gut darlegen. Nach dem Abi 2017 hatte er ein Praktikum bei einer Pharmafirma absolviert und einige Zeit in Australien verbracht. Künftige sieht er sich im Bereich Health Care, „aber da schau ich mal, was mir im Studium noch für Ideen kommen“.

Im Vergleich zu vielen seiner Kommilitonen ist er damit privilegiert. Heute sind Studenten, die sich ihre Ausbildung mit einem Nebenjob finanzieren, oft in Not. Die Corona-Pandemie hat ihnen ihre Einkommensquellen genommen. Denn viele 450-Euro-Jobs, wie sie Studierende in der Gastronomie und in Büros haben, fallen weg. „Und wer nun ins Arbeitsleben startet und einen Studienkredit zurückzahlen muss, erkennt vielleicht auch erst jetzt, wie starr so ein Kredit ist“, überlegt Maler.

Auf die Rückzahlungen der von Brain Capital finanzierten Studierenden habe Corona bislang kaum Auswirkungen. „Sie leisten überwiegend wie gewohnt. Der Grund ist wohl, dass wir sehr gut ausgebildete Fachkräfte haben, die Digital Natives, die ihren Job ins Home­office verlegen konnten und kaum von Kündigungen betroffen sind.“ Zahlungsreduzierungen gebe es vor allem in der Touristik und im Hotelgewerbe, „da sind einige wenige in Kurzarbeit“, sagt Maler. Sie zahlen zwar weniger, insgesamt liege das aber unter der ohnehin einkalkulierten jährlichen Ausfallquote, sodass die Renditekalkulation noch nicht betroffen sei. „Es zeigt sich nun, wie wichtig es ist, dass wir über verschiedene Universitäten Studienprogramme hinweg finanzieren und so eine Risikostreuung erreichen.“ 

Interessant sei, dass die Nachfrage nach Studienfinanzierungen nun deutlich steige. „Viele Studierende machen doch noch einen Master und fragen eine zusätzliche Finanzierung an“, erläutert Elisabeth Rudolf-Sipötz. Sie erkennen, dass der Berufseinstieg sich verzögere oder holprig sein könne, und schätzen den Wert einer einkommensabhängigen Rückzahlung.

„Wir können dann sehr flexibel auf Anfragen reagieren“, verdeutlicht Rudolf-Sipötz. So auch im Fall von Alexander Volkov, der im vergangenen Jahr ein Vollstipendium der WHU erhalten hat: „Ich habe sofort mit Brain Capital gesprochen und wir haben die Finanzierung getauscht. Nun sind es nicht mehr die Studiengebühren, sondern meine Lebenshaltungskosten in Höhe von 600 Euro monatlich und die Finanzierung eines Auslandskurses.“ ®

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How to invest – in einen Bildungsfonds.

Institutionelle Investoren erhalten einen Schuldschein, private Anleger können sich über Genussrechte an den fördernden GmbHs beteiligen. Diese werden im Vertrieb Fonds genannt und fassen jeweils einige 100 Kandidaten verschiedener Studiengänge und Universitäten zusammen.

Eine GmbH ist jeweils mit einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag ausgestattet. Institutionelle Anleger sind vor allem Pensionskassen, Versorgungskassen und Versicherungen. „Sie müssen zum Teil bei ihren Kunden Garantiezinszusagen von vier Prozent erfüllen. Da das im derzeitigen Zinsumfeld kaum möglich ist, schätzen sie unsere Investmentidee sehr“, so René Maler. Die Mindestanlagesumme für institutionelle und sehr vermögende Investoren liegt bei zehn Millionen Euro, maximal können 100 Millionen Euro investiert werden.

Derzeit legt Brain Capital einen neuen Fonds für diese Zielgruppe auf. Das Gros der Rück­zahlungen beginnt rund zwei Jahre, nachdem die ersten Masterabsolventen in den Job eingestiegen sind – also rund sieben Jahre nach dem Förderbeginn.

Privatinvestoren können sich mit Summen zwischen 10000 und 500000 Euro beteiligen. Mehr als 250 private Anleger haben dies bereits getan. Aktuell ist in diesem Bereich aber kein Angebot am Markt. „Wir sehen da immer mehr Nachfrage, die nächste GmbH für diese Investorengruppe kommt bald“, verspricht René Maler.

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Autorin: Yvonne Döbler

Fotos: iStock/hxdbzxy // iStock/alexsl