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  • Andreas Speer

„Lower for longer.“

(Geschätzte Lesezeit: 2 - 4 Minuten)

pw glas kupfer 112015Eine Trendwende am Rohstoffmarkt ist noch in weiter Ferne, meint Andreas Speer, Direktor im Bereich Energy & Commodity Solutions bei der Bayerischen Landesbank: „Erst müssen noch viele Firmen pleite gehen.“

Ich kenne diesen Spruch natürlich auch: Niedrige Preise kurieren niedrige Preise. Weil dadurch die Nachfrage steigt und das Angebot abnimmt. Und niedrig sind die Preise konjunktursensitiver Rohstoffe – Öl, Gas, Kohle, Buntmetalle – ja tatsächlich. Der Bloomberg Rohstoffindex hat mittlerweile ein 16-Jahres-Tief erreicht. Nur das mit der Kur funktioniert offensichtlich (noch) nicht.

Rohstoffe haben keinen fairen Wert. Bei der Preisentwick­lung entscheiden darum vor allem die Erwartungen an Angebot und Nachfrage. Erinnern Sie sich noch an den Superzyklus? Der 2001 begann und irgendwann zwischen 2011 und 2013 endete? In diesen zwölf Jahren war die scheinbar unendlich steigende Rohstoffnachfrage der Schwel­len­länder, vor allem Chinas, das dominierende Thema. Minen wurden eröffnet, die Schieferölproduktion forciert. Als deutlich wurde, dass die Nachfrage doch nicht so stark zunimmt, wurden die Projekte trotzdem nicht gestoppt. Das ist das Problem der „versenkten“ Kosten. Es wurde ja schon so viel investiert – in Infrastruktur, in Prozesse, in Belegschaft. Da soll die Mine, das Ölfeld, auch fördern.

Die Kur „niedriger Preis“ würde es jetzt erfordern, viele dieser Projekte sofort zu schließen. Genau das Gegenteil geschieht aber. Ein gutes Beispiel ist das Eisenerz. Dessen Preis ist schon seit 2013 stark gefallen. Und die großen Spieler – Rio Tinto und BHP – machten dennoch glasklar, sie würden trotzdem so viel Eisenerz fördern wie noch nie. Das scheint vielen unsinnig. Warum tun sie das?

Eine Mine zu schließen oder eine Ölfirma dichtzumachen, ist eben ein schwieriger Schritt. Die Verantwortlichen hoffen ja immer, dass es bald besser wird. Sie sparen Kosten, wo sie können, entlassen Arbeitskräfte und fördern weiter, solange sie zumindest die variablen Kosten verdienen. Sie kämpfen mit Zähnen und Klauen, um am Markt bleiben zu können.

Den großen, gut kapitalisierten Firmen gelingt dies am bes­ten. Sie führen deshalb nun zusätzlich eine Art ruinösen Wettbewerb, der die kleinen oder mittleren Wettbewerber aus dem Markt drängen soll. Am Ende, so der Plan, würden dann nur noch ein paar wenige starke Player übrigbleiben, die sich den Kuchen aufteilen.

Dazu kommt noch ein anderer Punkt. Viele Anbieter müssen dringend ihren Umsatz halten – zum Beispiel, um ihre Verpflichtungen gegenüber den Kreditgebern zu erfüllen. Schließlich wurden jede Menge neuer Projekte auf Pump gestartet. Umsatz ist aber Preis mal Menge. Fällt der Preis, muss mehr gefördert werden. Interessant ist, dass auch die Banken das Spiel weiterspielen. Würden sie den Geldhahn zudrehen, wären viele Rohstofffirmen längst pleite. Offensichtlich kann der Finanzsektor große Abschreibungen noch nicht wieder bilanziell verkraften. Also hoffen auch die Banken darauf, dass sich die Preise erholen. Und geben weiter Kredit. Damit die Firmen weiter fördern können.

All diese Punkte verstärken sich gegenseitig. Deshalb erfüllt sich die Hoffnung auf eine Reduktion des Überangebots trotz fallender Preise noch immer nicht.

Schlägt die Kur wenigstens bei der Nachfrage an? Zugegeben, die Nachfrage steigt ein bisschen. Aber sie ist eben relativ unelastisch. Oder fahren Sie mehr Auto, weil Benzin billiger ist? Um die Preise bei den konjunktursensitiven Rohstoffen nachhaltig ansteigen zu lassen, müsste zu dem überbordenden Angebot eine sehr robuste Nachfrage kommen – eine weltweite Wachstumsüberraschung. Doch die sehe ich nicht. Die Krise in den Schwellenländern schwelt weiter, die USA und Europa werden 2016 nicht schneller wachsen als in diesem Jahr. Das ist zu wenig. Der Gegenpol für das hohe Angebot ist somit nicht da. Die Lager laufen weiter voll. Damit kann der Preis nicht steigen.

Es wird Jahre dauern, das Angebot zurückzudrehen. So, wie es Jahre gedauert hat, die zusätzliche Produktion anzufahren. Der Rohstoffsektor ist wirklich in einer dramatischen, zerstörerischen Situation. Denn im ruinösen Wettbewerb verlieren zunächst alle Unternehmen. Rohstoffaktien – und nur die der großen Marktführer – würde ich erst wieder kaufen, wenn die Zeitungen voll sind von Nachrichten über Pleiten. Solange diese Zeichen der Kapitulation fehlen, halte ich mich strikt fern.      ®

 

 

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