Wer zu früh kommt, ...

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046 048 Wasserglas pw Schwellenland 11 2018 final

Schwellenländeraktien gehörten zu den Verlierern 2018. Nach Ansicht von Paul Greer, Fidelity, werden sie auch in den kommenden Monaten mit Gegenwind zu kämpfen haben. Anleger sollten ihr Pulver trocken halten.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Grundsätzlich finde ich Investments in den Schwellenländern sehr interessant. Denn langfristig ist deren Wachstumstrend intakt. Für Anleger birgt dies natürlich auch Chancen. Derzeit leidet diese Anlageklasse aber unter verschiedenen, recht schwerwiegenden Belastungsfaktoren, die sich nicht so schnell in Luft auflösen werden. Deshalb kann ich nur davor warnen, zu früh dort zu investieren.

Mein wichtigstes Argument ist die Entwicklung in den USA. Weltweit gibt es derzeit kaum eine Volkswirtschaft, in der das Wachstum so dynamisch ausfällt wie in den Vereinigten Staaten. Die Wirtschaft wird in diesem Jahr mit einer realen Rate zwischen 3,5 und vier Prozent zulegen. Und alle Frühindikatoren signalisieren, dass auch im nächs­ten Jahr mit einer Fortsetzung des Aufschwungs zu rechnen ist.

Dafür gibt es mehrere Gründe. Erstens wirkt der positive Effekt der Steuersenkungen durch die Trump-Regierung zumindest noch im ersten Halbjahr weiter. Zweitens liegt die Arbeitslosenquote mit 3,8 Prozent auf historisch nied­rigem Niveau. Das sollte sich allmählich in höheren Lohnzuwächsen niederschlagen, was den Konsum dann weiter befeuert. Deshalb gehe ich auch davon aus, dass die US-Notenbank Fed an ihrem eingeschlagenen Zinserhöhungskurs festhalten wird. Tendenziell wird dies dann einen weiter steigenden Dollarkurs nach sich ziehen.

Alles zusammengenommen denke ich, dass es für internationale Investoren heute keinen besseren Ort gibt als den US-Dollar-Raum. Sie finden dort Wachstum, Sicherheit, Stabilität, eine sehr hohe Liquidität am Aktienmarkt und eine Rendite von drei Prozent bei Staatsanleihen.

Das hat Auswirkungen auf den Rest der Welt. Weil die Notenbanken die Liquidität nun sukzessive verknappen, die sie früher so großzügig zur Verfügung gestellt haben, muss es auch Verlierer bei der Neuallokation der Mittel geben. Und das sind – sorry – die Schwellenländer.

Dass die Schwachpunkte der Volkswirtschaften Argentiniens und der Türkei gerade jetzt glasklar zutage treten, ist ja kein Zufall. Sondern eine Folge der restriktiveren Finanzierungsbedingungen, die wir, ausgelöst durch die Zinserhöhungen der Fed, weltweit sehen. 

Dazu kommen weitere Belastungsfaktoren. Ein wichtiger Punkt ist zum Beispiel der schwelende Handelskonflikt zwischen den USA und China. Er hat im Reich der Mitte zuletzt schon zu einer Abschwächung des Wirtschaftswachstums geführt. Da China aber ein zentraler Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung aller anderen Emerging Markets ist, strahlt die Schwäche der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt auf diese aus. 

All das hat sich bereits in der zum Teil dramatischen Abwertung einiger Emerging-Market-Währungen gegenüber dem Dollar manifestiert. Langfristig mag eine solche Abwertung positiv für die Exportindustrie eines Landes sein. Kurzfristig ist sie aber eine Belastung. Einige Schwellenländer sind stark in Dollar verschuldet. Verliert die eigene Währung an Wert, wird die Rückzahlung dieser Kredite schwieriger. Firmenpleiten nehmen zu, eine Rezession droht. Ich fürchte, in den Schwellenländern muss es erst schlechter werden, bis es dann auch wieder besser wird. 

Natürlich lässt sich nicht leugnen, dass einige Währungen und Aktienmärkte in dieser Region inzwischen eine extrem attraktive Bewertung aufweisen. Solange wir aber einen Aufwärtstrend beim US-Dollar sehen, wird das Kapital weiter in die USA fließen und nicht in die heranwachsenden Volkswirtschaften. Die Emerging Markets und ihre Währungen werden weiter leiden. Was günstig ist, kann eben noch viel günstiger werden. Deshalb würde ich in diesen Märkten derzeit keine Risiken eingehen.

Die gute Nachricht für die Emerging Markets ist, dass dies nicht unendlich so weitergehen wird. Wir sind der Ansicht, dass die Dollar-Dominanz im Laufe des kommenden Jahres endet. Dann wird sich das US-Wachstum abschwächen und wir werden wieder einen schwächeren Greenback erleben. Das wäre der richtige Zeitpunkt für ein Investment in die Emerging Markets. Er ist, glauben Sie mir, aber noch mindestens drei bis sechs Monate entfernt. ®