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  • Gerd Hübner

Ein Pakt mit dem Staat.

(Geschätzte Lesezeit: 3 - 6 Minuten)

Infrastruktur. Angesichts klammer Haushalte suchen Regierungen immer öfter nach privaten Investoren als Partner bei Infrastrukturprojekten. Richtig aufgesetzt, können diese Public Private Partnerships ein lohnendes Investment sein. Und ein Ausweg aus der Niedrigzinsfalle.

Zehn Milliarden Euro. Diese Summe will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble für die Sanierung maroder Brücken und Straßen bereitstellen. Die aus Investorensicht wirklich interessante Aussage machte er aber in einem Interview mit der „Frankfurter Rundschau“. Der Staat müsse dabei auch „in Europa nach neuen Mischformen zwischen staatlichen und privaten Geldern suchen“.

Public Private Partnership (PPP) kann eine Art Win-win-Situation sein. „Angesichts angespannter Staatshaushalte macht dieses Konzept viele Regierungen wieder handlungsfähig“, erläutert Matthias Unser, Geschäftsführer und Gründungspartner der Firma Yielco Investments, die auf die Beratung institutioneller Investoren im Bereich Infrastrukturanlagen spezialisiert ist: „Zugleich können Investoren langfristige Renditen im Bereich von acht bis zehn Prozent erzielen. Infrastruktur als Anlageklasse verstanden trägt zudem zur Diversifikation eines Portfolios bei, generiert laufende reale Erträge und bietet zudem einen gewissen Inflationsschutz. Das ist eine interessante Alternative für alle, die in der aktuellen Nullzinsphase nach laufenden Erträgen suchen.“

Ganz neu ist diese Idee allerdings nicht. Die ersten Formen der Kooperation zwischen öffentlichen Händen auf der einen und privaten Unternehmen oder Inves­toren auf der anderen Seite, um öffentliche Aufgaben wahrzunehmen und zu erfüllen, gab es bereits im 19. Jahrhundert. Salonfähig aber wurde diese Idee in den 1980er-Jahren mit dem Bau des Eurotunnels, der Frankreich und England verbinden sollte.

Heute erlebt diese Form der Zusammenarbeit eine Renaissance. Und diesmal geht es um richtig große Summen. Laut der OECD soll allein in den Industriestaaten der Bedarf an Infrastrukturin­ves­titionen bis zum Jahr 2030 bei 900 Milliarden Dollar pro Jahr liegen. Davon soll mit rund 37 Prozent der größte Teil auf den Bereich Wasser und Abwasser entfallen, 23 Prozent auf den Transportsektor. Auch für Deutschland sind die Herausforderungen gewaltig. Der Abschlussbericht einer Kommission von Bund und Ländern kam schon 2012 zu dem Ergebnis, dass Deutschland min­des­tens 7,2 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich in Straßen, Schienen und Wasserwege investieren müsste.

Der Trend, dabei private Investoren mit ins Boot zu holen, hat aber noch einen anderen Grund. „Es geht auch um die Frage, ob ein unabhängiger Manager oder ein Managementteam solche Projekte nicht effizienter umsetzen können als der Staat“, gibt Unser zu bedenken. In diesem Fall könnten auch die Kosten unter Umständen niedriger ausfallen. Beispiele, wo es der Staat allein versucht und das Projekt am Ende deutlich teurer wird, gebe es schließlich zuhauf: „Das  > aktuellste ist der Berliner Flughafen.“

Konkret funktionieren Public Private Partnerships so: Zunächst werden die Projekte vom Staat ausgeschrieben, worauf sich verschiedene Konsortien darum bewerben. „Wer den Zuschlag bekommt, hängt allerdings nicht nur vom Preis ab, sondern auch von anderen Kriterien wie Erfahrung und Know-how im Umgang mit solchen Projekten“, erläutert Unser. Der Gewinner ist dann für die komplette Ausführung des Baus, der Sanierung oder der Wartung und Instandhaltung des Objekts verantwortlich. Für die Durchführung beauftragt er in der Regel ein Bauunternehmen, das dann auch das entsprechende operative Risiko trägt.

„Die meisten PPPs gibt es üblicherweise in den Bereichen soziale Infrastruktur, also Krankenhäuser oder Schulen, sowie Transport und – kommunale – Energie“, informiert Uwe Fleischhauer, ebenfalls Geschäftsführer und Gründungspartner von Yielco Investments. Wie das aussehen kann, verdeutlichen zwei Beispiele. So plant die Gemeinde North Tyneside im Nordosten Englands insgesamt zehn Neubauten und 16 Sanierungen von Gebäuden mit dem Ziel, sozialverträgliche Wohnheime und altersgerechtes Wohnen für ältere Menschen zu entwickeln. Der Gesamtbedarf beträgt 75 Millionen Britische Pfund, der Investitionsbedarf der privaten Investoren wird bei rund elf Millionen Pfund liegen. Der Vertrag umfasst nicht nur den Bau und die Entwicklung, sondern auch das anschließende Management der Gebäude für eine Konzessionsdauer von 27 Jahren.

Ein anderes Beispiel sind Konstruktion, Betrieb und Wartung einer acht Kilometer langen Straße durch eine mittelgroße Stadt in England. Dadurch sollen sich die wirtschaftlichen Bedingungen verbessern und Arbeitsplätze geschaffen werden. Insgesamt geht es um rund 150 Millionen Pfund, 75 Prozent davon sollen durch private Investoren aufgebracht werden. Die Konzessionsperiode für dieses Projekt: 30 Jahre.

„Üblicherweise nimmt der Staat die vom Investor erbrachte Leistung ab und zahlt dann an ihn eine regelmäßige Gebühr für die Nutzung der Infrastruktureinrichtung“, erläutert Fleischhauer. Die Konzessionen laufen in der Regel über 25 bis 30 Jahre. Damit ergeben sich für den In­ves­tor gut planbare Zahlungsströme. Diese decken üblicherweise die Finanzierungskosten und bieten dem Kapitalgeber darüber hinaus eine Rendite. Oftmals wird auch ein Inflationsausgleich vereinbart. Am Ende der Laufzeit kann das Objekt dann wieder in das Eigentum des Staats übergehen.

Allerdings ist ein direktes Investment selbst für vermögende Privatkunden aufgrund der immens hohen Summen, um die es hier geht, schwierig. Sie müssen deshalb den indirekten Weg über das Modell der geschlossenen Fonds gehen, die zumindest PPPs ihrem Portfolio beimischen. „Wir sehen derzeit vermehrt solche Fonds auf den Markt kommen“, informiert Uwe Fleischhauer.

Dass es seit Mitte 2013 kaum neue Fonds in diesem Bereich gab, hat mit der europäischen Richtlinie AIFM zu tun. Aufgrund dieser Verordnung haben sich die Auflagen für die Initiatoren solcher Produkte massiv verschärft. „Die Haftungsrisiken und die Pflichten zur Dokumentation sind dadurch stark gestiegen“, so Unser. Zudem mussten sich die Emissionshäuser in Kapitalverwaltungsgesellschaften wandeln, die dann auch direkt von der Bundesfinanzaufsicht kontrolliert werden. „Inzwischen aber hat sich die Spreu vom Weizen getrennt. 2015 rechnen wieder mit neuen Produkten in diesem Bereich.“

Wer sich dafür interessiert, muss grundsätzlich, wie bei allen geschlossenen Beteiligungen, schwerpunktmäßig die Leis­tungsbilanz des Initiators, die Investmenterfahrung des Teams und dessen Strategie sowie die Kosten und Strukturen des Anbieters genau prüfen.

Zusätzlich gilt es, spezielle Risiken zu hinterfragen. So können zum Beispiel die  Kosten beim Bau oder für die Instandhaltung höher ausfallen als geplant. Dies würde sich dann negativ in der Rendite niederschlagen. Zielt ein PPP darauf ab, dem privaten Investor regelmäßige Einnahmen aus Mautgebühren zu liefern, dann stellt sich vor allem die Frage nach der Auslas­tung des Objekts.

Dass es hier zu Enttäuschungen kommen kann, zeigt das Beispiel des Lübecker Herrentunnels, der mit dem Geld privater Unternehmer finanziert wurde. Immerhin und 37000 Autofahrer, so der Plan laut Medienberichten, sollten den Tunnel täglich passieren und jeweils 1,10 Euro für dessen Nutzung zahlen. Tatsächlich aber waren es nur 20000. Sehr viele Fahrer nahmen eben einen fünf Kilometer langen Umweg über die nahegelegene Autobahn in Kauf. Und auch der Eurotunnel, der Frankreich und England verbindet, erwies sich für die privaten Finanzierer letztlich als Flop. Die tatsächliche Auslastung blieb weit hinter den Erwartungen zurück.

„Und zu guter Letzt sollten Anleger auch bedenken, dass PPP-Investments eine ausnehmend illiquide Anlageklasse sind“, ergänzt Uwe Fleischhauer. „Aufgrund der oftmals langen Laufzeiten ist das Kapital einfach sehr lange gebunden.“ Die Finanzminister, so das Fazit der Experten, hätten schließlich nichts zu verschenken: „Die Rendite gibt es immer nur als Ausgleich für die Übernahme echter Risiken.“   ®

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