Guter Riecher.

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Douglas

John Sharp Douglas hatte einen guten Riecher für feine Seifen. Den Durchbruch verdankt seine Idee jedoch Anna und Maria Carstens. Die Schwestern eröffneten in Hamburg die erste Douglas Parfümerie. Heinrich Eklöh und seine Nachfahren machten daraus eine erfolgreiche Kette.

Der Mond lässt die Backsteinbauten in der Hamburger Speicherstadt hell leuchten, die Elbe ist ruhig. An der Reling des Dreimasters steht der schottische Immigrant John Sharp Douglas. In seiner Tasche hat der 29-Jährige alles, was er besitzt: ein wenig Geld und ein Zertifikat als Seifensieder. In seinem Kopf trägt er einen Traum: die eigene kleine Fabrik. In Schottland haben ihm die Steuern einen Strich durch die Rechnung gemacht – zu teuer. Amerika wäre schön gewesen, aber die Überfahrt – zu teuer. In der „Freyen Hansestadt“ sieht es anders aus. Es ist das Jahr 1820. Also: Why not?

Die ersten Monate sind mühselig, aber das Timing ist gut. Prominente Mediziner wie Christoph Wilhelm Hufeland, zu dessen Patienten Goethe, Schiller und Herder zählen, werben für Körperhygiene und regelmäßiges Waschen mit Seife. Am 5. Januar 1821 gründet Douglas Hamburgs erste Seifenfabrik. Er schafft es, mit einer Mischung aus Kokosöl und Soda den Verseifungsprozess auf wenige Stunden zu verkürzen. So kann er seine hochwertig verpackten Seifen konkurrenzlos günstig verkaufen. Und er erfindet die tollsten Namen und Geschichten rund um seine „Egyptische Toilette Seife“ oder „Chinesische Himmelsseife“. Douglas wird zum erschwinglichen Luxusbegriff, die anspruchsvolle Hamburger High Society liebt die duftenden Stücke mit den abenteuerlichen Legenden.

Seine Söhne Thomas und Alexander lernen Seifensieder und Kaufmann. Nach dem Tod des Vaters 1847 übernehmen sie die Firma. Doch Douglas’ Söhne bleiben beide kinderlos, und so verkauft Alexander die Seifenfabrik 1878 an Gustav Adolph Hinrich Runge und Johann Adolph Kolbe.

Zehn Jahre später übernimmt Kolbes Sohn Gustav die Firma. Der Chemiker tüftelt, seine Frau Berta leitet die Geschäfte. Die Produktion läuft gut, nur der Fabrikladen in Hamburg floppt. Die Kundschaft will 1908 eben nicht mehr zwischen Rauch und Handwerkern einkaufen. Da kommt die Idee der Schwestern Anna und Maria Carstens aus Schleswig-Holstein gerade recht. Die Frauen klopfen ohne Termin an Kolbes Tür im Kontor der Seifenfabrik. Ihre „geschäftliche Proposition“: Wie wäre es, wenn sie Douglas-Seifen exklusiv verkaufen würden, in ihrer eigenen Parfümerie, aber unter dem Namen Douglas? Berta Kolbe ist von der Idee fasziniert. Das Risiko für die Seifenfabrik ist gering, denn die Schwestern können das Erbe ihres Vaters als Startkapital investieren. Am 24. Mai 1910 verpflichten sich die „Fräulein Carstens“, alle Produkte, die Douglas liefern kann, von der Firma zu beziehen und das Sortiment durch hochwertige andere Produkte zu ergänzen. Dafür dürfen sie mit dem Namen Douglas über ihrer Tür werben. Kurz darauf eröffnet die erste Parfümerie Douglas am feinen Hamburger Neuen Wall 5, Ecke Jungfernstieg. Die Lage ist perfekt: nicht allzu weit von der Seifenfabrik, mitten in der Innenstadt, nur einen Katzensprung zum Hotel Vier Jahreszeiten und anderen noblen Adressen an der Binnenalster entfernt. Die Parfümerie profitiert von dem Douglas’schen Generalvertreter- und Lieferantennetz, wodurch sie – im Gegensatz zur Konkurrenz – sofort Zugang zu den besten Produkten bekommt. Zur damaligen Zeit keine Selbstverständlichkeit. Berta Kolbe und die Carstens-Schwestern gehören nun zur ersten Riege der neuen erfolgreichen Frauen im Schönheitsbusiness: Sie werden später in einem Atemzug mit Elizabeth Arden, Coco Chanel und Helena Rubinstein genannt.

Die Parfümerie ist eine Goldgrube. 1969 werden die sechs Hamburger Douglas-Parfümerien vom Süßwarenhersteller Hussel aufgekauft. Nun beginnt die Phase der Expansion. Hussel gehört damals dem Gummersbacher Lebensmittelhändler Herbert Eklöh. Sein Enkel, Henning Kreke, leitet heute die börsennotierte Douglas Holding AG mit einem Marktwert von mehr als einer Milliarde Euro.

Doch damit ist die Douglas-Geschichte noch nicht zu Ende. Aktuell hält die Familie Kreke 12,61 Prozent der Anteile. Gemeinsam mit der befreundeten Familie Oetker und einigen Finanzinvestoren strebt Kreke Gerüchten zufolge nach der Mehrheit. Um langfristig die Firma wieder von der Börse zu nehmen? Vielleicht wird Douglas ja 200 Jahre nach der Gründung wieder ein lupenreines Familienunternehmen. 􏰀

Text: Jennifer Bligh