Warnsignal vom ifo-Konjunkturindikator.

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Der Geschäftsklimaindex des Münchner ifo-Instituts ist im Mai überraschend deutlich zurückgegangen. Besonders stark war der Einbruch bei den Geschäftserwartungen in der Industrie, die eine entscheidende Rolle für den private-wealth-Börsenindikator spielen. Dieser Index fiel von Minus 2,3 Punkten im April auf nunmehr Minus 13,6 Punkte (Grafik oben).

Für uns sind die Geschäftserwartungen in der Industrie so wichtig, weil sie nicht nur als Indikator für die deutsche Konjunktur, sondern auch für den DAX gelten. Ein dreimaliger Rückgang des Index nach einem anhaltenden Anstieg zeigte in der Vergangenheit oft eine Trendwende nach unten an.

Auf den ersten Blick ist das Ergebnis vom Mai deshalb gar nicht so dramatisch. Schließlich handelt es sich ja nur um den ersten Rückgang nach einem kontinuierlichen, sechsmonatigen Anstieg. Für ein klassisches Verkaufssignal des ifo-Indikators müsste der Index auch im Juni und im Juli noch einmal zurückgehen.

Allerdings – und das irritiert uns dann doch – ist dieser Einbruch aus zwei Gründen ungewöhnlich.

In einem normalen Konjunkturverlauf bewegen sich die Geschäftserwartungen in der Industrie sukzessive aus dem Minus-Bereich in den zweistelligen Plusbereich. Die Zahl derer, die eine Verbesserung ihrer Geschäfte auf Sicht von sechs Monaten erwarten, ist dann deutlich größer als die Anzahl derer, die mit einer Verschlechterung rechnen. Der Aufschwung mündet dann meist in einen Boom, der dann langsam in den nächsten Abschwung übergeht.

Diesmal brach die Aufwärtsbewegung abrupt ab, obwohl sich der Index noch leicht im negativen Bereich befand. In den letzten 30 Jahren gab es Ähnliches nur einmal – im Jahr 2012 – als sich die Schuldenkrise Griechenlands und damit die Eurokrise verschärfte. Diese dramatische Kehrtwende wird sehr schön auf der ifo-Konjunkturuhr sichtbar.

2305 ifo Konjunkturuhr Grafik 2

Noch bemerkenswerter ist das Ausmaß des Rückgangs. In der Vergangenheit ging eine Trendwende bei der Konjunktur mit einem Rückgang des Erwartungsindex zwischen 4 und 17 Punkten einher – und zwar im Verlauf von drei Monaten. Aktuell wurde diese Größenordnung in nur einem Monat erreicht. Das ist besorgniserregend. Denn hinter der erhofften Erholung der Konjunktur nach der technischen Rezession in Deutschland – zwei Quartale mit negativer Entwicklung des Sozialproduktes – steht nun ein dickes Fragezeichen.

Unserer positive Grundeinschätzung der letzten Monate hat dadurch einen deutlichen Dämpfer erhalten. Auf die langfristig ausgerichtete Aktien-Allokation des private-wealth-Börsenindikators hat dies zwar noch keine negativen Auswirkungen. Es gilt nun aber, noch stärker auf der Hut zu sein.

Wir versprechen uns in diesem Zusammenhang viel vom Kapitalmarktseismografen. Sie wissen: Innerhalb des von Konjunktur und Aktienmarktbewertung definierten Korridors entscheiden die Ergebnisse des Kapitalmarktseismografen über die genaue Aktienquote des Börsenindikators.

Der Seismograf kombiniert dazu verschiedene ökonomische Variablen – Konjunkturfrühindikatoren, Zinsentwicklungen oder auch die Kursschwankungen an den Aktienmärkten. Daraus werden dann die Wahrscheinlichkeiten für drei Marktzuständen im nächsten Monat destilliert. Grün steht für die Erwartung eines ruhigen, positiven Marktes. Dominiert Grün, sollten Anleger in Aktien investieren. Gelb bezeichnet die Wahrscheinlichkeit für einen turbulent-positiven Markt – das bedeutet Investieren, aber mit Augenmaß. Und Rot zeigt die Wahrscheinlichkeit für einen turbulent-negativen Markt. In diesem Fall ist Abstinenz bei Aktienanlagen angesagt.

Seit Anfang Mai erreicht Gelb“ mit Abstand die höchsten Wahrscheinlichkeitswerte. Dieser Anstieg ging fast vollständig zu Lasten der Wahrscheinlichkeit für negative Turbulenzen (rot), was einer Entwarnung gleichkam. „Eine deutliche negative Entwicklung am Aktienmarkt ist nun aus Sicht des Seismografen nicht mehr zu erwarten“, informierte Oliver Schlick, Secaro, vor drei Wochen und folgerte damals: „Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung im günstigen Terrain angekommen. Dies rechtfertigt es, die Aktienquote auf das maximal zulässige Niveau anzuheben.“

Diese Einschätzung, so Schlick, gelte auch heute noch. Allerdings nimmt der Experte bei einzelnen Indikatoren nun eine leichte Verschlechterung in der Wahrscheinlichkeitslandschaft wahr. „Dies gilt es, sehr genau zu beobachten, um gegebenenfalls rechtzeitig wieder vom Gas zu gehen“, sagt Schlick

Das Fazit:

Die Konjunkturkomponente des private-wealth-Börsenindikator bleibt zwar positiv. Das Ausmaß des Rückgangs bei den Geschäftserwartungen mahnt aber zu erhöhter Aufmerksamkeit.

Weil der deutsche Aktienmarkt nicht mehr unterbewertet ist – der Dax notiert in der Nähe seines fairen Wertes – liegt der strategische Korridor der vom Modell vorgeschlagenen Aktienquote weiter zwischen 65 bis 95 Prozent des individuell vorgesehenen Aktienanteils

Innerhalb dieses Korridors definieren die Ergebnisse des Kapitalmarktseismografen die genaue Aktienquote. Da der Seismograf immer noch eine Maximalauslastung innerhalb dieses Spektrums vorschlägt, bleibt die Aktienquote des private-wealth-Börsenindikator bei 95 Prozent des individuell vorgesehenen Aktienanteils.

Dieser Hinweis auf den individuell vorgesehenen Aktienanteil ist uns wichtig. Modelle wie der private-wealth-Börsenindikator können sich immer nur an ökonomischen Daten orientieren. Wie hoch die individuelle Aktienquote in Zeiten des Krieges sein soll, muss jeder Anleger anhand der eigenen Risikoneigung und -tragfähigkeit entscheiden.

Herzlichst,

Ihr

Klaus Meitinger

Hinweis: Trotz sorgfältiger Auswahl der Quellen kann für die Richtigkeit des Inhalts keine Haftung übernommen werden. Die in private wealth gemachten Angaben dienen der Unterrichtung und sind keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren.

Für eine genauere Erläuterung des private-wealth-Börsenindikators lesen Sie bitte „Neues aus der Redaktion – strategisches Kaufsignal für deutsche Aktien“ vom 25. Januar 2023.